04023 § 21 MPG: Besondere Voraussetzungen zur klinischen Prüfung
Das MPG wurde mit dem Geltungsbeginn der MDR aufgehoben. Allerdings hat es noch so lange Bedeutung, wie die sogenannten Legacy Devices verkehrsfähig sind. Denn die Legacy Devices entsprechen noch den alten Richtlinien 90/385/EWG oder 93/42/EWG und das MPG beinhaltet die nationalen Regeln für die Umsetzung der Richtlinien (s. Kap. 02120, 2.13). Deshalb stellen wir Ihnen die Kommentierung des MPG auch weiterhin in diesem Werk zur Verfügung. [1]
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§ 21 Besondere Voraussetzungen zur klinischen Prüfung
Auf eine klinische Prüfung bei einer Person, die an einer Krankheit leidet, zu deren Behebung das zu prüfende Medizinprodukt angewendet werden soll, findet § 20 Abs. 1 bis 3 mit folgender Maßgabe Anwendung:
1. Die klinische Prüfung darf nur durchgeführt werden, wenn die Anwendung des zu prüfenden Medizinproduktes nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um das Leben des Kranken zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder sein Leiden zu erleichtern.
2. Die klinische Prüfung darf auch bei einer Person, die geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, durchgeführt werden. Sie bedarf der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Daneben bedarf es auch der Einwilligung des Vertretenen, wenn er in der Lage ist, Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung einzusehen und seinen Willen hiernach zu bestimmen.
3. Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters ist nur wirksam, wenn dieser durch einen Arzt, bei für die Zahnheilkunde bestimmten Medizinprodukten auch durch einen Zahnarzt, über Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung aufgeklärt worden ist. Auf den Widerruf findet § 20 Abs. 2 Satz 2 Anwendung. Der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bedarf es so lange nicht, als eine Behandlung ohne Aufschub erforderlich ist, um das Leben des Kranken zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder sein Leiden zu erleichtern, und eine Erklärung über die Einwilligung nicht herbeigeführt werden kann.
4. Die Einwilligung des Kranken oder des gesetzlichen Vertreters ist auch wirksam, wenn sie mündlich gegenüber dem behandelnden Arzt, bei für die Zahnheilkunde bestimmten Medizinprodukten auch gegenüber dem behandelnden Zahnarzt, in Gegenwart eines Zeugen abgegeben wird, der auch bei der Information der betroffenen Person einbezogen war. Der Zeuge darf keine bei der Prüfstelle beschäftigte Person und kein Mitglied der Prüfgruppe sein. Die mündlich erteilte Einwilligung ist schriftlich zu dokumentieren, zu datieren und von dem Zeugen zu unterschreiben.
5. (aufgehoben) |
1 Einleitung
Die Vorschriften von § 21 MPG ergänzen die allgemeinen Voraussetzungen von § 20 MPG im Hinblick auf die Durchführung von klinischen Prüfungen mit Medizinprodukten an kranken Menschen. Da insbesondere therapeutische Medizinprodukte und Implantate an Kranken geprüft werden, finden diese Vorschriften im Normalfall Anwendung. Prüfungen an Gesunden, wie sie nach dem Arzneimittelrecht durchgeführt werden, sind eher die Ausnahme (s. Kap. 04022, 8 „Klinische Prüfungen an gesunden Probanden”).
§ 21 MPG ist wie folgt strukturiert:
• | § 21 Nr. 1 MPG regelt die Voraussetzungen für die Anwendung eines Medizinprodukts zur klinischen Prüfung an Kranken. |
• | § 21 Nr. 2 MPG regelt die Voraussetzungen zur Durchführung klinischer Prüfungen bei geschäftsunfähigen Personen bzw. bei Personen, deren Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. |
• | § 21 Nr. 3 MPG regelt die Wirksamkeit der Einwilligung und der Aufklärung des gesetzlichen Vertreters des Kranken durch den behandelnden Arzt / Zahnarzt. |
• | § 21 Nr. 4 MPG legt die Voraussetzungen einer mündlichen Einwilligung durch den Kranken bzw. seinen gesetzlichen Vertreter fest. |
• | § 21 Nr. 5 ist aufgehoben |
2 Wesentliche Änderungen durch das Gesetz zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften vom 29. Juli 2009
Mit dem Gesetz zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften vom 29. Juli 2009 wird die Ausnahme zur Durchführung einer klinischen Prüfung ohne Aufklärung und Einwilligung des Kranken oder seines gesetzlichen Vertreters in besonders schweren Fällen ersatzlos gestrichen. Diese Ausnahmeregelung kam dann zur Anwendung, wenn durch die Aufklärung der Behandlungserfolg für den Kranken gefährdet würde und ein entgegenstehender Wille des Kranken zur Unterlassung einer Behandlung nicht erkennbar war. Nach Auffassung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestags wird durch die Aufhebung der bisherigen Ausnahmeregelung dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten Rechnung getragen.