-- WEBONDISK OK --

02211 Anhang XI MDR: Konformitätsbewertung auf der Grundlage einer Produktkonformitätsprüfung

Anhang XI MDR enthält zwei unterschiedliche Konformitätsbewertungsverfahren. Die Verfahren in diesem Anhang dienen der Sicherstellung der Konformität jedes einzelnen hergestellten Produkts. Hersteller können je nach Produktportfolio wählen, welchen Teil des Anhang XI MDR sie zusätzlich zur Baumusterprüfung nach Anhang X MDR nutzen wollen.
Das Verfahren nach Anhang XI Teil B ist eher für ein Produktportfolio mit geringeren Stückzahlen geeignet sowie für Produkte, bei denen ohnehin eine sehr umfangreiche Freigabeprüfung erfolgen muss. Besonders für Hersteller von Klasse-IIa-Produkten stellt sich die Frage, ob ein Verfahren nach Anhang XI Teil A MDR eine Alternative zum „Regelverfahren” nach Anhang IX MDR darstellen kann.
Der Beitrag kommentiert den gesamten Anhang XI MDR Schritt-für-Schritt und gibt viele hilfreiche Tipps zur Umsetzung der Anforderungen.
von:

1 Einführung

In der Kommentierung zu Artikel 52 MDR findet sich bereits eine Erläuterung zu den unterschiedlichen Zielgruppen für die verschiedenen Konformitätsbewertungsverfahren (s. Kap. 02052), weshalb an dieser Stelle darauf nicht erneut eingegangen wird. Dort findet sich auch eine Übersicht über die Anwendungsfälle hinsichtlich der Klassifizierung der Produkte. Da diese jedoch elementar für die Anwendung von Anhang XI MDR ist, möchte die Autorin sie hier dem Beitrag noch einmal voranstellen (Anhang IX MDR ist für alle hier genannten Klassen anwendbar und wird nicht erneut aufgeführt):
Tabelle 1: Übersicht Anwendungsfälle hinsichtlich der Klassifizierung
Risikoklasse(n)
Optionen
Is.m,w* (steril, mit Messfunktion oder wiederverwendbare chirurgische Instrumente)
Anhang XI Teil A, Beteiligung der BS ist begrenzt auf die Aspekte der Sterilität, Messfunktion bzw. Wiederaufbereitung
IIa
Anhang XI Teil A (18)oderAnhang XI Teil B (10)
IIb und III
Anhang X in Kombination mit Anhang XI Teil AoderAnhang X in Kombination mit Anhang XI Teil B
* w steht hier für wiederverwendbare chirurgische Instrumente, in der englischen Schreibweise findet sich hier ein „r” (für reusable surgical instruments).
Anhand dieser Optionen ist die Kombination aus dem zweistufigen Ansatz der europäischen Harmonisierungsvorschriften und eines risikobasierten Ansatzes zu erkennen, wie sich im Verlauf der folgenden apitel zeigen wird.
Zunächst einmal bilden die Verfahren beide Stufen einer Konformitätsbewertung ab:
A)
Entwurfsstadium: Das Produktdesign entspricht den Anforderungen der EU-Verordnung
B)
Produktionsphase: Es ist sichergestellt, dass die Herstellumgebung in der Serienfertigung das spezifizierte, verordnungskonforme Produkte hervorbringt.
Je nach Risikoklasse obliegt das Entwurfsstadium (also das Design) mehr oder weniger allein der Kontrolle des Herstellers.
Für Klasse-I-Produkte, die steril in den Verkehr gebracht werden, eine Messfunktion haben oder bei denen es sich um wiederaufbereitbare chirurgische Instrumente handelt, sieht die Vorschrift vor, dass die Übereinstimmung des Produktdesigns mit den Anforderungen der MDR vom Hersteller selbst erklärt werden kann, während sich die BS bei der Kontrolle der Herstellumgebung auf die Aspekte beschränkt, die der Sterilität, der Messfunktion sowie der Wiederaufbereitbarkeit zugeschrieben sind.
Für Klasse-IIa-Produkte sieht die Verordnung, analog zum Verfahren nach Anhang IX MDR eine stichprobenartige Prüfung des Designs vor, während sie eine Kontrolle der Herstellumgebung durch die Benannte Stelle vorsieht.
Für Klasse-IIb- und Klasse-III-Produkte wird folgerichtig Design- und Herstellkontrolle durch die Benannte Stelle erfolgen, weshalb hier die Kombination mit Anhang X MDR erfolgt.
Besonders für Hersteller von Klasse-IIa-Produkten stellt sich die Frage, ob ein Verfahren nach Anhang XI Teil A MDR eine Alternative zum „Regelverfahren” nach Anhang IX MDR darstellen kann. Die folgende Kommentierung wird deshalb im Hauptteil grundsätzlich das vollständige Verfahren betrachten, wie es für Klasse-IIb- und Klasse-III-Produkte angewandt wird. Die Anwendung der Verfahren für Klasse-IIa-Produkte wird im Anschluss gesondert genauer kommentiert.

2 Struktur Anhang XI MDR:

Anhang XI MDR enthält zwei unterschiedliche Konformitätsbewertungsverfahren und ist deshalb zweigeteilt nach der Einleitung. Der erste Teil enthält allgemeine Festlegungen, die für beide Verfahren gelten.
Danach fährt der Anhang mit Teil A: Produktionsqualitätssicherung fort, der sich wie folgt strukturiert:
Herstelleranwendung
Qualitätsmanagement
Überwachung
Chargenuntersuchungen
Verwaltungsbestimmungen
Anwendung auf Produkte der Klasse IIa
Im Anschluss fährt der Anhang mit Teil B: Produktprüfung fort, der wie folgt unterteilt wird:
Allgemeine Herstellerpflichten
Prüfung durch Untersuchung und Erprobung jedes einzelnen Produkts
Chargenuntersuchungen
Verwaltungsbestimmungen
Anwendung auf Produkte der Klasse IIa

3 Abschnitte 1-3: Einleitung Anhang XI

„1. Die Konformitätsbewertung auf der Grundlage einer Produktkonformitätsprüfung soll sicherstellen, dass Produkte mit dem Baumuster, für das eine EU-Baumusterprüfbescheinigung ausgestellt wurde, sowie den einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung übereinstimmen.
2. Wenn eine EU-Baumusterprüfbescheinigung in Übereinstimmung mit Anhang X ausgestellt wurde, kann der Hersteller entweder das in Teil A dieses Anhangs beschriebene Verfahren (Produktionsqualitätssicherung) oder das in Teil B dieses Anhangs beschriebene Verfahren (Produktprüfung) anwenden.
3. Abweichend von den vorstehenden Abschnitten 1 und 2 können die Verfahren in diesem Anhang in Verbindung mit der Erstellung einer technischen Dokumentation gemäß den Anhängen II und III auch von Herstellern von Produkten der Klasse IIa angewendet werden.”
Der Anhang XI MDR trägt die Überschrift „Konformitätsbewertung auf der Grundlage einer Produktkonformitätsprüfung”. Die Verfahren in diesem Anhang dienen also der Sicherstellung der Konformität jedes einzelnen hergestellten Produkts. Dafür gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten:
a)
Sicherstellen einer kontrollierten Herstellung, die in der Lage ist, die Produkte in der Serienfertigung reproduzierbar mit definierter Qualität herzustellen;
b)
Prüfung jedes einzelnen Produkts auf Konformität.
Da Anhang XI MDR in Kombination mit Anhang X MDR für Klasse-IIb- und Klasse-III-Produkte angewandt wird, bedeutet Konformität in diesen Fällen Übereinstimmung mit dem genehmigten Baumuster sowie weiteren Anforderungen aus der Verordnung. Durch die Baumusterprüfung ist bereits sichergestellt, dass das Baumuster den Vorgaben der Verordnung entspricht.
Hersteller können je nach Produktportfolio wählen, welchen Teil des Anhang XI MDR sie zusätzlich zur Baumusterprüfung nach Anhang X MDR nutzen wollen. Das Verfahren nach Anhang XI Teil B ist eher für ein Produktportfolio mit geringeren Stückzahlen geeignet sowie für Produkte, bei denen ohnehin eine sehr umfangreiche Freigabeprüfung erfolgen muss.
Grundsätzlich sind Verfahren nach Anhang X und XI MDR eher für Produkte geeignet, deren Design sehr stabil ist. Änderungsintensive Produkte finden sich in diesen Verfahren in der Regel nicht.

4 Teil A: Produktionsqualitätssicherung

4.1 Abschnitte 4-5: Einleitung Teil A

„4. Der Hersteller stellt die Anwendung des für die Herstellung der betreffenden Produkte genehmigten Qualitätsmanagementsystems sicher, führt nach Maßgabe des Abschnitts 6 die Endkontrolle durch und unterliegt der Überwachung gemäß Abschnitt 7.
5. Kommt der Hersteller den Verpflichtungen nach Abschnitt 4 nach, erstellt er für das dem Konformitätsbewertungsverfahren unterliegende Produkt in Übereinstimmung mit Artikel 19 und Anhang IV eine EU-Konformitätserklärung und bewahrt diese auf. Mit der Ausstellung einer EU-Konformitätserklärung gilt als vom Hersteller gewährleistet und erklärt, dass das betreffende Produkt mit dem in der EU-Baumusterprüfbescheinigung beschriebenen Baumuster übereinstimmt sowie die einschlägigen Anforderungen dieser Verordnung an das Produkt erfüllt.”
Mit der Konformitätserklärung erklärt der Hersteller:
a)
Dass er die Anforderungen an die Qualitätssicherung, wie sie in Abschnitt 6 beschrieben sind, erfüllt hat.
b)
Dass das Produkt mit dem genehmigten Baumuster übereinstimmt, wenn es unter den definierten Bedingungen produziert wird.
Die Konformitätserklärung muss die in Anhang IV enthaltenen Bestandteile umfassen. Siehe dazu auch die Kommentierung zu Anhang IX, Kapitel 3.1.4
Hersteller, die diese Konformitätsbewertungsroute wählen, unterliegen ebenfalls einer Überwachung durch die Benannte Stelle.

4.2 Abschnitt 6: Qualitätsmanagementsystem

4.2.1 Antragsstellung

„6.1. Der Hersteller beantragt bei einer Benannten Stelle die Bewertung seines Qualitätsmanagementsystems. Der Antrag enthält

Weiterlesen und „Praxis Medizinprodukterecht digital“ 4 Wochen gratis testen:

  • Praxisnahe Erläuterungen zur Umsetzung von MDR und MPBetreibV
  • Alle relevanten Rechtsgrundlagen in aktueller Version
  • Onlinezugriff – überall verfügbar


Sie haben schon ein Abonnement oder testen bereits? Hier anmelden

Ihre Anfrage wird bearbeitet.
AuthError LoginModal