05201 § 1 MPBetreibV: Anwendungsbereich
Dieser Beitrag kommentiert Paragraf 1 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV).
Es wird erläutert, dass die Verordnung nicht nur regelt, welche Produkte betroffen sind, sondern auch, welche Tätigkeiten es sind, die dazu führen, dass die MPBetreibV beachtet werden muss („Betreiben” und „Benutzen”). Außerdem wird definiert, welche Ausnahmeregelungen es gibt, bei denen die MPBetreibV nicht greift. Ein dritter Aspekt ist die Beachtung ergänzender Vorschriften wie Arbeitsschutz und Strahlenschutz.
Der Beitrag bietet einen verständlichen Überblick über alle relevanten Aspekte dieses Paragrafs. von: |
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Diese Rechtsverordnung gilt für das Betreiben und Benutzen von Produkten nach § 3 Nummer 1 des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes einschließlich der damit zusammenhängenden Tätigkeiten.
(2) Diese Verordnung gilt nicht für Produkte
(3) Die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes und die Rechtsvorschriften, die aufgrund des Arbeitsschutzgesetzes erlassen wurden, die Vorschriften des Strahlenschutzgesetzes und der auf dessen Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen sowie Unfallverhütungsvorschriften bleiben unberührt. |
1 Einleitung
§ 1 MPBetreibV regelt den sachlichen und den produktbezogenen Anwendungsbereich.
Aus § 1 MPBetreibV ergibt sich nicht der Zweck, den der Verordnungsgeber mit der Medizinprodukte-Betreiberverordnung verfolgt. Der Zweck ergibt sich indirekt aus § 11 MPDG („Betreiben und Anwenden von Produkten”) in Verbindung mit der Ermächtigung in § 88 Abs. 1 Nr. 6 MPDG („Verordnungsermächtigungen”).
• | Danach verfolgt das Bundesministerium für Gesundheit mit der Medizinprodukte-Betreiberverordnung das Ziel, dass die Gesundheit, der erforderliche Schutz von Patienten, Benutzern und Dritten gewährleistet bleibt durch das sichere Betreiben sowie das sichere Benutzen von Produkten. Dies betrifft insbesondere die Tätigkeiten des Errichtens, des Bereithalten, der Instandhaltung, der Aufbereitung, der sicherheits- und messtechnische Kontrollen sowie der IT-Sicherheitsüberprüfungen. |
• | Weiterhin soll beim Betreiben und Benutzen von In-vitro-Diagnostika die erforderliche Qualität, Sicherheit und Leistung gewahrt bleiben sowie die Zuverlässigkeit der mit den In-vitro-Diagnostika erzielten Messergebnisse erreicht werden. |
• | Bei Produkten mit Messfunktion soll die Messsicherheit gewährleistet bleiben. |
Mit anderen Worten
Mit den Vorschriften über das Betreiben und Benutzen von Medizinprodukten sollen die medizinische und technische Qualität der Produkte, die sie beim Inverkehrbringen vom Hersteller „mitbekommen” haben, während der gesamten Lebensdauer dieser Produkte (weitestgehend) erhalten bleiben. Möglicher Verschleiß, Alterung oder auch Defekte sollen z. B. durch sicherheitstechnische Kontrollen rechtzeitig erkannt werden, d. h., bevor sie sich am Patienten, am Benutzer oder an einem Dritten gefährlich auswirken können.
Mit den Vorschriften über das Betreiben und Benutzen von Medizinprodukten sollen die medizinische und technische Qualität der Produkte, die sie beim Inverkehrbringen vom Hersteller „mitbekommen” haben, während der gesamten Lebensdauer dieser Produkte (weitestgehend) erhalten bleiben. Möglicher Verschleiß, Alterung oder auch Defekte sollen z. B. durch sicherheitstechnische Kontrollen rechtzeitig erkannt werden, d. h., bevor sie sich am Patienten, am Benutzer oder an einem Dritten gefährlich auswirken können.
Im Einzelnen enthält § 1 MPBetreibV:
• | den sachlichen und produktbezogenen Anwendungsbereich (§ 1 Abs. 1 MPBetreibV); |
• | eine Ausnahmeregelung für Produkte zur klinischen Prüfung (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 MPBetreibV) |
• | eine Ausnahmeregelung für Produkte zur Leistungsstudie (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 MPBetreibV); |
• | eine Ausnahmeregelung für Produkte, die ausschließlich in eigener Verantwortung für persönliche Zwecke erworben und benutzt werden (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 MPBetreibV); |
• | die Festlegung, dass die Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften und die Vorschriften des Strahlenschutzgesetzes ergänzend beachtet werden müssen – Diese bleiben jeweils unberührt (§ 1 Abs. 3 MPBetreibV). |
Anmerkung
Die Vorschriften der Medizinprodukte-Betreiberverordnung unterliegen nicht dem europäischen Recht und sind reine nationale Regelungen. Die Vorschriften über das Errichten und Betreiben enthalten keine Beschaffenheitsanforderungen, die europäischen Regelungen für das Inverkehrbringen von Produkten entgegenstehen. Sie stellen damit kein Handelshemmnis dar.
Die Vorschriften der Medizinprodukte-Betreiberverordnung unterliegen nicht dem europäischen Recht und sind reine nationale Regelungen. Die Vorschriften über das Errichten und Betreiben enthalten keine Beschaffenheitsanforderungen, die europäischen Regelungen für das Inverkehrbringen von Produkten entgegenstehen. Sie stellen damit kein Handelshemmnis dar.
2 Sachlicher Anwendungsbereich
Bei dem sachlichen Anwendungsbereich beschränkt sich die Medizinprodukte-Betreiberverordnung – wie es sich auch aus dem Verordnungsnamen ableiten lässt – ausschließlich auf den Bereich des Betreibens und Benutzens.
2.1 Betreiben eines Produkts
In Verbindung mit § 2 Abs. 1 MPBetreibV umfasst das Betreiben eines Produkts:
• | das Errichten, |
• | das Bereithalten, |
• | das Instandhalten, |
• | die Aufbereitung, |
• | die sicherheits- und messtechnische Kontrolle sowie |
• | IT-Sicherheitsüberprüfungen. |
2.2 Benutzen eines Produkts
Das „Benutzen” umfasst die Benutzung eines Produkts entsprechend der Zweckbestimmung des Herstellers am Patienten durch den Benutzer, wie beispielsweise die Benutzung einer Infusionspumpe zur dosierten Verabreichung einer flüssigen Infusionslösung oder die Implantation eines Produkts.
3 Produktbezogener Anwendungsbereich
Der produktbezogene Anwendungsbereich der Medizinprodukte-Betreiberverordnung bezieht sich auf alle in § 3 Nr. 1 MPDG genannten Produkte.
Damit werden im Einzelnen folgende Produkte erfasst:
• | Medizinprodukte und ihr Zubehör im Sinne der Verordnung (EU) 2017/745 (Artikel 2 Nr. 1 MDR), |
• | In-vitro-Diagnostika und ihr Zubehör im Sinne der Verordnung (EU) 2017/746 (Artikel 2 Nr. 1 IVDR), |
• | die in Anhang XVI der Verordnung (EU) 2017/745 aufgeführten und unter den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallenden Produkte. |
Zum produktbezogenen Anwendungsbereich der Medizinprodukte-Betreiberverordnung werden darüber hinaus auch die folgenden Produkte zugeordnet:
• | Persönliche Schutzausrüstungen entsprechend der Verordnung (EU) 2016/425 unterliegen dann den Anforderungen der Medizinprodukte-Betreiberverordnung, wenn der Hersteller diese Produkte sowohl als persönliche Schutzausrüstung als auch als Medizinprodukt in den Verkehr bringt („dual use”-Produkte). |
• | Mit zum produktbezogenen Anwendungsbereich der Medizinprodukte-Betreiberverordnung gehören Systeme und Behandlungseinheiten. |
• | Die Vorschriften der Medizinprodukte-Betreiberverordnung finden auch Anwendung auf Medizinprodukte, die nach anderen Rechtsvorschriften erstmalig in den Verkehr gebracht wurden, so z. B. medizinisch-technische Geräte, die nach den Vorschriften der Medizingeräteverordnung in den Verkehr gebracht werden durften und in Betrieb genommen wurden (auch als „Altgeräte” oder „MedGV-Geräte” bezeichnet). |
• | Produkte, die nicht als Medizinprodukte in den Verkehr gebracht wurden, aber mit der Zweckbestimmung eines Medizinprodukts im Sinne der Anlagen 1 und 2 MPBetreibV angewendet, betrieben und instandgehalten werden, sind nach § 2 Abs. 2 MPDG Produkte im Sinne des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes. Somit werden auch diese Nicht-Medizinprodukte zum produktbezogenen Anwendungsbereich der Medizinprodukte-Betreiberverordnung hinzugerechnet. |
Nicht unter den produktbezogenen Anwendungsbereich der Medizinprodukte-Betreiberverordnung sind Ersatzteile von Produkten zu subsumieren, wenn durch den Einsatz dieser Teile oder Komponenten die Zweckbestimmung des Produkts nicht verändert wird. Diese Ersatzteile gelten nicht als „eigenständiges” Medizinprodukt und sind vom Hersteller als Teile oder Komponenten eines Medizinprodukts demselben Konformitätsbewertungsverfahren des entsprechenden Medizinprodukts zu unterziehen.
Anmerkung
Vom Instandhalter ist bei der Verwendung derartiger Ersatzteile im Rahmen von Instandsetzungsmaßnahmen unbedingt darauf zu achten, dass diese gemäß MDR zulässig sind und die technische und/oder die medizinische Leistung des Produkts unverändert bleibt.
Vom Instandhalter ist bei der Verwendung derartiger Ersatzteile im Rahmen von Instandsetzungsmaßnahmen unbedingt darauf zu achten, dass diese gemäß MDR zulässig sind und die technische und/oder die medizinische Leistung des Produkts unverändert bleibt.
4 Betroffener Personenkreis
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung richtet sich an alle natürlichen und juristischen Personen, die mindestens eine der im sachlichen Anwendungsbereich genannten Handlungen vornehmen bzw. vornehmen lassen.
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung gilt nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 MPBetreibV nicht, wenn die Produkte ausschließlich in eigener Verantwortung für persönliche Zwecke erworben und benutzt werden.
Wesentlich für diese Ausnahmeregelung ist, dass das Medizinprodukt
• | eigenverantwortlich erworben und |
• | ausschließlich für persönliche Zwecke benutzt wird. |
Hinweis
Es ist unbedingt zu beachten, dass nach § 1 Abs. 3 MPBetreibV die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes sowie die Rechtsvorschriften, die aufgrund der Arbeitsschutzgesetzes erlassen wurden, sowie die Unfallverhütungsvorschriften unberührt bleiben. Daraus ergibt sich zumindest für den häuslichen Bereich eine Verpflichtung, die zutreffenden Arbeitsschutz- und Unfallvorschriften zu beachten, wenn im Gefahrenbereich des Produkts Arbeitnehmer beschäftigt sind.
Es ist unbedingt zu beachten, dass nach § 1 Abs. 3 MPBetreibV die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes sowie die Rechtsvorschriften, die aufgrund der Arbeitsschutzgesetzes erlassen wurden, sowie die Unfallverhütungsvorschriften unberührt bleiben. Daraus ergibt sich zumindest für den häuslichen Bereich eine Verpflichtung, die zutreffenden Arbeitsschutz- und Unfallvorschriften zu beachten, wenn im Gefahrenbereich des Produkts Arbeitnehmer beschäftigt sind.
In diesem Fall steht insbesondere der Schutz der Arbeitnehmer vor Gefahren, die durch das Betreiben oder Benutzen des Medizinprodukts ausgelöst werden könnten, im Vordergrund.
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung richtet sich nicht an Hersteller oder Fachhändler, wenn diese ein Produkt ausschließlich herstellen bzw. in den Verkehr bringen. Dieses schließt nicht aus, dass die Medizinprodukte-Betreiberverordnung dem Hersteller bestimmte Aufgaben zur Durchführung überträgt. Der Normadressat bei diesen Anforderungen ist jedoch der Betreiber, der dafür Sorge zu tragen hat, dass diese Aufgaben z. B. dem Hersteller übertragen werden und von diesem auch durchgeführt werden (z. B. Funktionsprüfung und Einweisung der vom Betreiber beauftragten Person bei der Inbetriebnahme nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MPBetreibV).