02010 Artikel 10 MDR: Allgemeine Pflichten der Hersteller
Artikel 10 MDR stellt für Hersteller eine Art „Kurzgebrauchsanweisung” für die MDR dar. Er fasst in 16 Absätzen die allgemeinen Pflichten zusammen, die jeder Hersteller erfüllen muss. Über Verweise wird der Hersteller dann auf die detaillierten Regelungen der MDR gelenkt. Artikel 10 ist jedoch nicht abschließend, es gibt weitere Pflichten, die entweder nicht nur die Hersteller betreffen (z. B. Registrierungspflichten), oder solche, die spezielle Situationen betreffen (z. B. klinische Prüfungen).
Aufgrund des Umfangs und der verschiedenen Themen, die in Anhang I MDR behandelt werden, wird die Kommentierung nicht auf einmal, sondern sukzessive und durch verschiedene Autoren verfasst. Die einzelnen Autorinnen und Autoren haben jeweils folgende Abschnitte verfasst:
• Absatz 1-6: Nadine Benad, Hans-Joachim Lau, Sarah Haake-Schäfer• Absatz 7-8: Hans-Joachim Lau, Sarah Haake-Schäfer• Absatz 9: Alexander Geist• Absatz 10: Nadine Benad• Absatz 11: Hans-Joachim Lau von: |
Artikel 10 MDR:
Konsolidierte MDR-Version vom 08.07.2021 |
1 Einleitung
Harmonisierungsrechtsakt
Die Verordnung (EU) 2017/745 (Medical Device Regulation = MDR) wurde von der EU-Kommission entsprechend dem Beschluss Nr. 768/2008/EG (Ein gemeinsamer Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten in der EU [1] ) konzipiert und hat gemäß Anhang I dieses Beschlusses unter anderem die „Verpflichtungen der Wirtschafsakteure” (dort Kapitel R2) aufzunehmen. In diesem Beschluss finden sich neun generelle Herstellerpflichten, die für alle EU-Harmonisierungsrechtsakte verbindlich übernommen werden müssen. Entsprechend finden sich diese – in angepasster Form – auch in der MDR.
Die Verordnung (EU) 2017/745 (Medical Device Regulation = MDR) wurde von der EU-Kommission entsprechend dem Beschluss Nr. 768/2008/EG (Ein gemeinsamer Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten in der EU [1] ) konzipiert und hat gemäß Anhang I dieses Beschlusses unter anderem die „Verpflichtungen der Wirtschafsakteure” (dort Kapitel R2) aufzunehmen. In diesem Beschluss finden sich neun generelle Herstellerpflichten, die für alle EU-Harmonisierungsrechtsakte verbindlich übernommen werden müssen. Entsprechend finden sich diese – in angepasster Form – auch in der MDR.
Sieben weitere Pflichten
Artikel 10 MDR hat insgesamt sechzehn allgemeine Herstellerpflichten, d. h. sieben weitere Herstellerpflichten, die spezifisch für die mit der MDR geregelten Produkte gefordert werden, beispielsweise die Einführung eines Risiko- und eines Qualitätsmanagementsystems, die Erstellung einer klinischen Bewertung oder Haftungsregelungen bei fehlerhaften Produkten. Die einzelnen Absätze von Artikel 10 MDR können als Orientierung dienen, welche Pflichten ein Hersteller hat. Allerdings werden im Artikel selbst die Pflichten nur kurz angerissen; über die Verweise auf andere Artikel und Anhänge der MDR kann ein Hersteller Anforderungen an die Pflichten im Detail ableiten und die Umsetzung entsprechend vornehmen.
Artikel 10 MDR hat insgesamt sechzehn allgemeine Herstellerpflichten, d. h. sieben weitere Herstellerpflichten, die spezifisch für die mit der MDR geregelten Produkte gefordert werden, beispielsweise die Einführung eines Risiko- und eines Qualitätsmanagementsystems, die Erstellung einer klinischen Bewertung oder Haftungsregelungen bei fehlerhaften Produkten. Die einzelnen Absätze von Artikel 10 MDR können als Orientierung dienen, welche Pflichten ein Hersteller hat. Allerdings werden im Artikel selbst die Pflichten nur kurz angerissen; über die Verweise auf andere Artikel und Anhänge der MDR kann ein Hersteller Anforderungen an die Pflichten im Detail ableiten und die Umsetzung entsprechend vornehmen.
Darüber hinaus enthält die MDR weitere Pflichten für die Wirtschaftsakteure, die ebenfalls vom Hersteller erfüllt werden müssen: beispielsweise die Pflicht zur Benennung einer für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortlichen Person (PRRC = Person Responsible for Regulatory Compliance, Artikel 15 MDR, s. Kap. 02015), ggf. die Pflicht zur Erstellung eines Kurzberichts über die klinische Sicherheit und Leistung (SSCP = Summary on Safety and Clinical Performance, Artikel 32 MDR, s. Kap. 02032) und – sofern erforderlich – die Regelungen zur Durchführung klinischer Prüfungen (Artikel 62 ff.). Diese zusätzlichen Pflichten treffen entweder nicht nur Hersteller (auch Bevollmächtigte müssen eine „Verantwortliche Person” gemäß Artikel 15 benennen) oder sind nur bei Bedarf zu beachten, z. B. bei klinischen Prüfungen.
Definition „Hersteller”
Als Hersteller wird eine natürliche oder juristische Person bezeichnet, die ein Produkt herstellt oder als neu aufbereitet bzw. entwickeln, herstellen oder als neu aufbereiten lässt und dieses Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet (s. Kap. A0101, Artikel 2 Nr. 30 MDR). In der MDR gibt es diverse Konstellationen, unter denen eine natürliche oder juristische Person zum Hersteller wird; z. B. führt die Änderung der Zweckbestimmung eines Produkts oder Änderungen mit Auswirkungen auf die Konformität eines Produkts durch den Händler dazu, dass dieser die Verpflichtungen eines Herstellers nach Artikel 10 erfüllen muss (s. Kap. A0101, Artikel 16 Abs. 1 MDR). Auch durch die Aufbereitung von Einmalartikeln durch eine natürliche oder juristische Person, die nicht für eine Gesundheitseinrichtung aufbereitet, wird ein Aufbereiter zum Hersteller (s. Kap. A0101, Artikel 17 Abs. 2 MDR und s. Kap. 02017).
Als Hersteller wird eine natürliche oder juristische Person bezeichnet, die ein Produkt herstellt oder als neu aufbereitet bzw. entwickeln, herstellen oder als neu aufbereiten lässt und dieses Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet (s. Kap. A0101, Artikel 2 Nr. 30 MDR). In der MDR gibt es diverse Konstellationen, unter denen eine natürliche oder juristische Person zum Hersteller wird; z. B. führt die Änderung der Zweckbestimmung eines Produkts oder Änderungen mit Auswirkungen auf die Konformität eines Produkts durch den Händler dazu, dass dieser die Verpflichtungen eines Herstellers nach Artikel 10 erfüllen muss (s. Kap. A0101, Artikel 16 Abs. 1 MDR). Auch durch die Aufbereitung von Einmalartikeln durch eine natürliche oder juristische Person, die nicht für eine Gesundheitseinrichtung aufbereitet, wird ein Aufbereiter zum Hersteller (s. Kap. A0101, Artikel 17 Abs. 2 MDR und s. Kap. 02017).
Mehrere Rollen als Akteur
Die verschiedenen Rollen, die Medizinprodukteunternehmen im Markt wahrnehmen können, sind in der MDR eindeutig definiert: Mit Überarbeitung der Neuen Konzeption durch die Verordnung (EG) 765/2008 (Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten) [2] und den Beschluss 768/2008/EG [1] wurde das Konzept der Wirtschaftsakteure bestehend aus Hersteller, ggf. Bevollmächtigtem und Importeur, sowie Händler etabliert und in die MDR aufgenommen. Ein Unternehmen kann dabei mehrere Rollen als Wirtschaftsakteur einnehmen: Beispielsweise kann ein Tochterunternehmen eines Nicht-EU-Herstellers mit Sitz in der EU als Bevollmächtigter und/oder Importeur für das Mutterunternehmen tätig werden und kann selbst auch noch Händler für Produkte aus dem EU-Raum und ggf. Hersteller für ein Teilsortiment sein. Medizinprodukteunternehmen müssen daher ganz genau prüfen, welche Rolle(n) sie nach der MDR einnehmen und welche daraus resultierenden Pflichten für sie entstehen. Daraus ergeben sich ggf. auch weitere Verpflichtungen, die zusätzlich zu Artikel 10 der MDR gelten.
Die verschiedenen Rollen, die Medizinprodukteunternehmen im Markt wahrnehmen können, sind in der MDR eindeutig definiert: Mit Überarbeitung der Neuen Konzeption durch die Verordnung (EG) 765/2008 (Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten) [2] und den Beschluss 768/2008/EG [1] wurde das Konzept der Wirtschaftsakteure bestehend aus Hersteller, ggf. Bevollmächtigtem und Importeur, sowie Händler etabliert und in die MDR aufgenommen. Ein Unternehmen kann dabei mehrere Rollen als Wirtschaftsakteur einnehmen: Beispielsweise kann ein Tochterunternehmen eines Nicht-EU-Herstellers mit Sitz in der EU als Bevollmächtigter und/oder Importeur für das Mutterunternehmen tätig werden und kann selbst auch noch Händler für Produkte aus dem EU-Raum und ggf. Hersteller für ein Teilsortiment sein. Medizinprodukteunternehmen müssen daher ganz genau prüfen, welche Rolle(n) sie nach der MDR einnehmen und welche daraus resultierenden Pflichten für sie entstehen. Daraus ergeben sich ggf. auch weitere Verpflichtungen, die zusätzlich zu Artikel 10 der MDR gelten.
Der Hersteller kann seine Pflichten als Hersteller sowohl in als auch außerhalb der EU wahrnehmen. Wenn der Hersteller außerhalb der EU ansässig ist, dann benötigt er einen Bevollmächtigten gemäß Artikel 11 MDR, der innerhalb der EU Verantwortung für die Produkte übernimmt und dabei bestimmten Verpflichtungen des Herstellers im Sinne von Artikel 10 der MDR nachkommt.
Gliederung Artikel 10
Artikel 10 MDR gliedert sich in folgende Absätze und damit verbundene Anforderungen (in Stichworten):
Artikel 10 MDR gliedert sich in folgende Absätze und damit verbundene Anforderungen (in Stichworten):
Absatz 1: Auslegung und Herstellung der Produkte gemäß MDR
Absatz 2: Einführung eines Risikomanagementsystems gemäß Anhang I MDR
Absatz 3: Erstellung einer klinischen Bewertung sowie auch klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen (PMCF = Post Market Clinical Follow-up)
Absatz 4: Erstellung einer technischen Dokumentation nach den Anhängen II und III MDR (außer bei Sonderanfertigungen)
Absatz 5: Erstellung einer Dokumentation gemäß Anhang XIII Abschnitt 2 MDR für Sonderanfertigungen
Absatz 6: Ausstellung einer Konformitätserklärung und Kennzeichnung mit dem CE-Kennzeichen
Absatz 7: Umsetzung der Verpflichtungen gemäß UDI-System (UDI = Unique Device Identifier) sowie Pflichten zur Registrierung der Produkte und des Herstellers
Absatz 8: Aufbewahrungsdauer der technischen Dokumentation und Bereitstellung der technischen Dokumentation für die Behörden (auf Anforderung)
Absatz 9: Aufbau und Pflege eines Qualitätsmanagementsystems mit detaillierten Anforderungen
Absatz 10: Einrichtung eines Systems zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS = Post-Market Surveillance-System)
Absatz 11: Bereitstellung Produktinformationen/Kennzeichnung und Sprachenregelung
Absatz 12: Eigenverantwortliche korrektive Maßnahmen bei vermuteter Nichtkonformität der Produkte
Absatz 13: System für die Aufzeichnung und meldung von Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld (FSCA = Field Safety Corrective Actions)
Absatz 14: Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden, inkl. Probenahme
Absatz 15: Identifikation wesentlicher Unterauftragnehmer für Auslegung und Herstellung
Absatz 16: Haftungsregelungen
Im nachfolgenden Text werden die einzelnen Vorschriften des Artikels 10 MDR im Detail beschrieben und kommentiert.