02010 Artikel 10 MDR: Allgemeine Pflichten der Hersteller
Artikel 10 MDR stellt für Hersteller eine Art „Kurzgebrauchsanweisung” für die MDR dar. Er fasst in 16 Absätzen die allgemeinen Pflichten zusammen, die jeder Hersteller erfüllen muss. Über Verweise wird der Hersteller dann auf die detaillierten Regelungen der MDR gelenkt. Artikel 10 ist jedoch nicht abschließend, es gibt weitere Pflichten, die entweder nicht nur die Hersteller betreffen (z. B. Registrierungspflichten), oder solche, die spezielle Situationen betreffen (z. B. klinische Prüfungen). von: |
Artikel 10 MDR:
Konsolidierte MDR-Version vom 08.07.2021 |
1 Einleitung
Harmonisierungsrechtsakt
Die Verordnung (EU) 2017/745 (Medical Device Regulation = MDR) wurde von der EU-Kommission entsprechend dem Beschluss Nr. 768/2008/EG (Ein gemeinsamer Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten in der EU [1] ) konzipiert und hat gemäß Anhang I dieses Beschlusses unter anderem die „Verpflichtungen der Wirtschafsakteure” (dort Kapitel R2) aufzunehmen. In diesem Beschluss finden sich neun generelle Herstellerpflichten, die für alle EU-Harmonisierungsrechtsakte verbindlich übernommen werden müssen. Entsprechend finden sich diese – in angepasster Form – auch in der MDR.
Die Verordnung (EU) 2017/745 (Medical Device Regulation = MDR) wurde von der EU-Kommission entsprechend dem Beschluss Nr. 768/2008/EG (Ein gemeinsamer Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten in der EU [1] ) konzipiert und hat gemäß Anhang I dieses Beschlusses unter anderem die „Verpflichtungen der Wirtschafsakteure” (dort Kapitel R2) aufzunehmen. In diesem Beschluss finden sich neun generelle Herstellerpflichten, die für alle EU-Harmonisierungsrechtsakte verbindlich übernommen werden müssen. Entsprechend finden sich diese – in angepasster Form – auch in der MDR.
Sieben weitere Pflichten
Artikel 10 MDR hat insgesamt sechzehn allgemeine Herstellerpflichten, d. h. sieben weitere Herstellerpflichten, die spezifisch für die mit der MDR geregelten Produkte gefordert werden, beispielsweise die Einführung eines Risiko- und eines Qualitätsmanagementsystems, die Erstellung einer klinischen Bewertung oder Haftungsregelungen bei fehlerhaften Produkten. Die einzelnen Absätze von Artikel 10 MDR können als Orientierung dienen, welche Pflichten ein Hersteller hat. Allerdings werden im Artikel selbst die Pflichten nur kurz angerissen; über die Verweise auf andere Artikel und Anhänge der MDR kann ein Hersteller Anforderungen an die Pflichten im Detail ableiten und die Umsetzung entsprechend vornehmen.
Artikel 10 MDR hat insgesamt sechzehn allgemeine Herstellerpflichten, d. h. sieben weitere Herstellerpflichten, die spezifisch für die mit der MDR geregelten Produkte gefordert werden, beispielsweise die Einführung eines Risiko- und eines Qualitätsmanagementsystems, die Erstellung einer klinischen Bewertung oder Haftungsregelungen bei fehlerhaften Produkten. Die einzelnen Absätze von Artikel 10 MDR können als Orientierung dienen, welche Pflichten ein Hersteller hat. Allerdings werden im Artikel selbst die Pflichten nur kurz angerissen; über die Verweise auf andere Artikel und Anhänge der MDR kann ein Hersteller Anforderungen an die Pflichten im Detail ableiten und die Umsetzung entsprechend vornehmen.
Darüber hinaus enthält die MDR weitere Pflichten für die Wirtschaftsakteure, die ebenfalls vom Hersteller erfüllt werden müssen: beispielsweise die Pflicht zur Benennung einer für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortlichen Person (PRRC = Person Responsible for Regulatory Compliance, Artikel 15 MDR, s. Kap. 02015), ggf. die Pflicht zur Erstellung eines Kurzberichts über die klinische Sicherheit und Leistung (SSCP = Summary on Safety and Clinical Performance, Artikel 32 MDR, s. Kap. 02032) und – sofern erforderlich – die Regelungen zur Durchführung klinischer Prüfungen (Artikel 62 ff.). Diese zusätzlichen Pflichten treffen entweder nicht nur Hersteller (auch Bevollmächtigte müssen eine „Verantwortliche Person” gemäß Artikel 15 benennen) oder sind nur bei Bedarf zu beachten, z. B. bei klinischen Prüfungen.
Definition „Hersteller”
Als Hersteller wird eine natürliche oder juristische Person bezeichnet, die ein Produkt herstellt oder als neu aufbereitet bzw. entwickeln, herstellen oder als neu aufbereiten lässt und dieses Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet (s. Kap. A0101, Artikel 2 Nr. 30 MDR). In der MDR gibt es diverse Konstellationen, unter denen eine natürliche oder juristische Person zum Hersteller wird; z. B. führt die Änderung der Zweckbestimmung eines Produkts oder Änderungen mit Auswirkungen auf die Konformität eines Produkts durch den Händler dazu, dass dieser die Verpflichtungen eines Herstellers nach Artikel 10 erfüllen muss (s. Kap. A0101, Artikel 16 Abs. 1 MDR). Auch durch die Aufbereitung von Einmalartikeln durch eine natürliche oder juristische Person, die nicht für eine Gesundheitseinrichtung aufbereitet, wird ein Aufbereiter zum Hersteller (s. Kap. A0101, Artikel 17 Abs. 2 MDR und s. Kap. 02017).
Als Hersteller wird eine natürliche oder juristische Person bezeichnet, die ein Produkt herstellt oder als neu aufbereitet bzw. entwickeln, herstellen oder als neu aufbereiten lässt und dieses Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet (s. Kap. A0101, Artikel 2 Nr. 30 MDR). In der MDR gibt es diverse Konstellationen, unter denen eine natürliche oder juristische Person zum Hersteller wird; z. B. führt die Änderung der Zweckbestimmung eines Produkts oder Änderungen mit Auswirkungen auf die Konformität eines Produkts durch den Händler dazu, dass dieser die Verpflichtungen eines Herstellers nach Artikel 10 erfüllen muss (s. Kap. A0101, Artikel 16 Abs. 1 MDR). Auch durch die Aufbereitung von Einmalartikeln durch eine natürliche oder juristische Person, die nicht für eine Gesundheitseinrichtung aufbereitet, wird ein Aufbereiter zum Hersteller (s. Kap. A0101, Artikel 17 Abs. 2 MDR und s. Kap. 02017).
Mehrere Rollen als Akteur
Die verschiedenen Rollen, die Medizinprodukteunternehmen im Markt wahrnehmen können, sind in der MDR eindeutig definiert: Mit Überarbeitung der Neuen Konzeption durch die Verordnung (EG) 765/2008 (Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten) [2] und den Beschluss 768/2008/EG [1] wurde das Konzept der Wirtschaftsakteure bestehend aus Hersteller, ggf. Bevollmächtigtem und Importeur, sowie Händler etabliert und in die MDR aufgenommen. Ein Unternehmen kann dabei mehrere Rollen als Wirtschaftsakteur einnehmen: Beispielsweise kann ein Tochterunternehmen eines Nicht-EU-Herstellers mit Sitz in der EU als Bevollmächtigter und/oder Importeur für das Mutterunternehmen tätig werden und kann selbst auch noch Händler für Produkte aus dem EU-Raum und ggf. Hersteller für ein Teilsortiment sein. Medizinprodukteunternehmen müssen daher ganz genau prüfen, welche Rolle(n) sie nach der MDR einnehmen und welche daraus resultierenden Pflichten für sie entstehen. Daraus ergeben sich ggf. auch weitere Verpflichtungen, die zusätzlich zu Artikel 10 der MDR gelten.
Die verschiedenen Rollen, die Medizinprodukteunternehmen im Markt wahrnehmen können, sind in der MDR eindeutig definiert: Mit Überarbeitung der Neuen Konzeption durch die Verordnung (EG) 765/2008 (Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten) [2] und den Beschluss 768/2008/EG [1] wurde das Konzept der Wirtschaftsakteure bestehend aus Hersteller, ggf. Bevollmächtigtem und Importeur, sowie Händler etabliert und in die MDR aufgenommen. Ein Unternehmen kann dabei mehrere Rollen als Wirtschaftsakteur einnehmen: Beispielsweise kann ein Tochterunternehmen eines Nicht-EU-Herstellers mit Sitz in der EU als Bevollmächtigter und/oder Importeur für das Mutterunternehmen tätig werden und kann selbst auch noch Händler für Produkte aus dem EU-Raum und ggf. Hersteller für ein Teilsortiment sein. Medizinprodukteunternehmen müssen daher ganz genau prüfen, welche Rolle(n) sie nach der MDR einnehmen und welche daraus resultierenden Pflichten für sie entstehen. Daraus ergeben sich ggf. auch weitere Verpflichtungen, die zusätzlich zu Artikel 10 der MDR gelten.
Der Hersteller kann seine Pflichten als Hersteller sowohl in als auch außerhalb der EU wahrnehmen. Wenn der Hersteller außerhalb der EU ansässig ist, dann benötigt er einen Bevollmächtigten gemäß Artikel 11 MDR, der innerhalb der EU Verantwortung für die Produkte übernimmt und dabei bestimmten Verpflichtungen des Herstellers im Sinne von Artikel 10 der MDR nachkommt.
Gliederung Artikel 10
Artikel 10 MDR gliedert sich in folgende Absätze und damit verbundene Anforderungen (in Stichworten):
Artikel 10 MDR gliedert sich in folgende Absätze und damit verbundene Anforderungen (in Stichworten):
Absatz 1: Auslegung und Herstellung der Produkte gemäß MDR
Absatz 2: Einführung eines Risikomanagementsystems gemäß Anhang I MDR
Absatz 3: Erstellung einer klinischen Bewertung sowie auch klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen (PMCF = Post Market Clinical Follow-up)
Absatz 4: Erstellung einer technischen Dokumentation nach den Anhängen II und III MDR (außer bei Sonderanfertigungen)
Absatz 5: Erstellung einer Dokumentation gemäß Anhang XIII Abschnitt 2 MDR für Sonderanfertigungen
Absatz 6: Ausstellung einer Konformitätserklärung und Kennzeichnung mit dem CE-Kennzeichen
Absatz 7: Umsetzung der Verpflichtungen gemäß UDI-System (UDI = Unique Device Identifier) sowie Pflichten zur Registrierung der Produkte und des Herstellers
Absatz 8: Aufbewahrungsdauer der technischen Dokumentation und Bereitstellung der technischen Dokumentation für die Behörden (auf Anforderung)
Absatz 9: Aufbau und Pflege eines Qualitätsmanagementsystems mit detaillierten Anforderungen
Absatz 10: Einrichtung eines Systems zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS = Post-Market Surveillance-System)
Absatz 11: Bereitstellung Produktinformationen/Kennzeichnung und Sprachenregelung
Absatz 12: Eigenverantwortliche korrektive Maßnahmen bei vermuteter Nichtkonformität der Produkte
Absatz 13: System für die Aufzeichnung und meldung von Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld (FSCA = Field Safety Corrective Actions)
Absatz 14: Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden, inkl. Probenahme
Absatz 15: Identifikation wesentlicher Unterauftragnehmer für Auslegung und Herstellung
Absatz 16: Haftungsregelungen
Im nachfolgenden Text werden die einzelnen Vorschriften des Artikels 10 MDR im Detail beschrieben und kommentiert.
2.1 Absatz 1 − Inverkehrbringen und Inbetriebnahme
„(1) Die Hersteller gewährleisten bei Inverkehrbringen oder Inbetriebnahme ihrer Produkte, dass diese gemäß den Anforderungen dieser Verordnung ausgelegt und hergestellt wurden.”
Inverkehrbringen
Hersteller können seit Inkrafttreten der MDR unter ihr Produkte in Verkehr bringen (s. Kap. A0101, Artikel 120 Abs. 5 MDR). Die Begriffsdefinition für das Inverkehrbringen hat sich zwischen der MDR und der MDD etwas geändert. So wird unter der MDD gem. Artikel 1 Abs. 2 h) „Inverkehrbringen als erste entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung eines Produkts, das nicht für klinische Prüfungen bestimmt ist, im Hinblick auf seinen Vertrieb und/oder seine Verwendung innerhalb der Gemeinschaft, ungeachtet dessen, ob es sich um ein neues oder ein als neu aufbereitetes Produkt handelt” bezeichnet. In der MDR erfolgt die Definition des Inverkehrbringens in Artikel 2 Nr. 28 als „die erstmalige Bereitstellung eines Produkts, mit Ausnahme von Prüfprodukten, auf dem Unionsmarkt.” Das entspricht der Definition des Inverkehrbringens von Produkten im „Blue-Guide der EU” (Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU 2016) und erfordert eine rechtliche Übertragung eines Produkts an eine juristische oder natürliche Person (Blue Guide, Kapitel 2.2).
Hersteller können seit Inkrafttreten der MDR unter ihr Produkte in Verkehr bringen (s. Kap. A0101, Artikel 120 Abs. 5 MDR). Die Begriffsdefinition für das Inverkehrbringen hat sich zwischen der MDR und der MDD etwas geändert. So wird unter der MDD gem. Artikel 1 Abs. 2 h) „Inverkehrbringen als erste entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung eines Produkts, das nicht für klinische Prüfungen bestimmt ist, im Hinblick auf seinen Vertrieb und/oder seine Verwendung innerhalb der Gemeinschaft, ungeachtet dessen, ob es sich um ein neues oder ein als neu aufbereitetes Produkt handelt” bezeichnet. In der MDR erfolgt die Definition des Inverkehrbringens in Artikel 2 Nr. 28 als „die erstmalige Bereitstellung eines Produkts, mit Ausnahme von Prüfprodukten, auf dem Unionsmarkt.” Das entspricht der Definition des Inverkehrbringens von Produkten im „Blue-Guide der EU” (Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU 2016) und erfordert eine rechtliche Übertragung eines Produkts an eine juristische oder natürliche Person (Blue Guide, Kapitel 2.2).
Wichtig ist dabei der Unterschied zwischen der erstmaligen Bereitstellung, die als Inverkehrbringen gilt und der weiteren Bereitstellung, die nicht als Inverkehrbringen gilt. Die neue Definition ist insbesondere in Bezug auf die Anwendung der Übergangsfristen nach Artikel 120 Absatz 4 MDR relevant: Produkte, die vor dem 26.05.2021 gesetzeskonform in Verkehr gebracht wurden oder von bestimmten Ausnahmen nach Artikel 120 Absatz 3 MDR Gebrauch machen können, dürfen bis zum 26.05.2025 auf dem Markt bereitgestellt oder in Betrieb genommen werden.
Inbetriebnahme
Die Begriffsbestimmung der Inbetriebnahme zwischen MDD und MDR unterscheiden sich nur minimal. Gemäß Artikel 2 Nr. 29 MDR bezeichnet „Inbetriebnahme den Zeitpunkt, zu dem ein Produkt, mit Ausnahme von Prüfprodukten, dem Endanwender als ein Erzeugnis zur Verfügung gestellt wird, das erstmals als gebrauchsfertiges Produkt entsprechend seiner Zweckbestimmung auf dem Unionsmarkt verwendet werden kann”. Gegenüber der MDD-Definition wurde die Ausnahme von Prüfprodukten sowie der Begriff „als gebrauchsfertiges Produkt” explizit aufgenommen. Das könnte beispielsweise bedeuten, dass ein Medizinprodukt, das vor einer Anwendung in einer Gesundheitseinrichtung noch sterilisiert werden muss, bei Lieferung an die Gesundheitseinrichtung noch nicht in Betrieb genommen ist, sondern erst, wenn es nach der Sterilisation „gebrauchsfertig” für die Anwendung zur Verfügung gestellt wird.
Die Begriffsbestimmung der Inbetriebnahme zwischen MDD und MDR unterscheiden sich nur minimal. Gemäß Artikel 2 Nr. 29 MDR bezeichnet „Inbetriebnahme den Zeitpunkt, zu dem ein Produkt, mit Ausnahme von Prüfprodukten, dem Endanwender als ein Erzeugnis zur Verfügung gestellt wird, das erstmals als gebrauchsfertiges Produkt entsprechend seiner Zweckbestimmung auf dem Unionsmarkt verwendet werden kann”. Gegenüber der MDD-Definition wurde die Ausnahme von Prüfprodukten sowie der Begriff „als gebrauchsfertiges Produkt” explizit aufgenommen. Das könnte beispielsweise bedeuten, dass ein Medizinprodukt, das vor einer Anwendung in einer Gesundheitseinrichtung noch sterilisiert werden muss, bei Lieferung an die Gesundheitseinrichtung noch nicht in Betrieb genommen ist, sondern erst, wenn es nach der Sterilisation „gebrauchsfertig” für die Anwendung zur Verfügung gestellt wird.
Konkrete Regelungen für das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme finden sich in Artikel 5 MDR, betreffen aber nur Produkte, die erstmals unter der MDR in Verkehr gebracht werden. Artikel 5 MDR gilt aufgrund der Übergangsvorschriften von Artikel 120 Absatz 3 und 4 MDR nicht für Produkte, die zum Geltungsbeginn der MDR über noch gültige Bescheinigungen Benannter Stellen nach den Medizinprodukterichtlinien verfügen (s. Kap. 02120).
Für Produkte der Klasse I, die ohne Beteiligung einer Benannten Stelle in Verkehr gebracht werden sollen, gelten keine Übergangsvorschriften, d. h., diese Produkte müssen zum Geltungsbeginn der MDR die Anforderungen der MDR und damit auch die von Artikel 5 MDR vollständig erfüllen (s. MDCG 2020-2 rev.1, Arbeitshilfe anbei).[
MDCG_2020-2_rev1.pdf]

Hersteller von Produkten der Klasse I müssen zum Geltungsbeginn am 26.05.2021 nachweisen können, dass sie alle Herstellerpflichten aus Artikel 10 MDR erfüllen. Eine Hilfestellung, welche Anforderungen für das Inverkehrbringen im Detail erfüllt sein müssen, gibt das MDCG-Dokument MDCG 2019-15 rev.1 (Arbeitshilfe anbei).[
MDCG_2019-15_rev1.pdf]

Artikel 5 MDR
In Artikel 5 MDR werden die Rahmenparameter für das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme für Medizinprodukte beschrieben. So muss für ein Produkt, bevor es in Verkehr gebracht werden darf oder in Betrieb genommen werden kann, Folgendes sichergestellt sein:
In Artikel 5 MDR werden die Rahmenparameter für das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme für Medizinprodukte beschrieben. So muss für ein Produkt, bevor es in Verkehr gebracht werden darf oder in Betrieb genommen werden kann, Folgendes sichergestellt sein:
Gem. Art. 5 Abs. 1 MDR |
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Gem. Art. 5 Abs. 2 MDR |
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Gem. Art. 5 Abs. 3 MDR |
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Gem. Art. 5 Abs. 6 MDR |
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Konformitätsbewertungsverfahren
Das Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Artikel 52 MDR muss abgeschlossen und die CE-Kennzeichnung nach Artikel 20 angebracht worden sein, bevor Produkte in Verkehr gebracht werden dürfen. Somit muss für jedes Medizinprodukt gemäß seiner Risikoklassifizierung das jeweilige Konformitätsbewertungsverfahren nachgewiesen werden.
Das Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Artikel 52 MDR muss abgeschlossen und die CE-Kennzeichnung nach Artikel 20 angebracht worden sein, bevor Produkte in Verkehr gebracht werden dürfen. Somit muss für jedes Medizinprodukt gemäß seiner Risikoklassifizierung das jeweilige Konformitätsbewertungsverfahren nachgewiesen werden.
Gesundheitseinrichtungen erfüllen die Herstellerdefinition von Artikel 2 Nr. 30 MDR nicht. Anforderungen an Gesundheitseinrichtungen werden in Artikel 5 Absatz 4 und 5 MDR im Detail ausgeführt.
2.2 Absatz 2 − Risikomanagementsystem
„(2) Von den Herstellern wird ein Risikomanagementsystem wie in Anhang I Abschnitt 3 beschrieben eingerichtet, dokumentiert, angewandt und aufrechterhalten.”
Mit der MDR werden die Anforderungen an das Risikomanagement des Herstellers in beachtlichem Umfang erweitert und sie erhalten anstelle des bisherigen normativen Charakters jetzt eine rechtlich bindende Wirkung. Das betrifft sowohl die Präzisierung der Prozesse und die geforderten Dokumentationen als auch die regelmäßige systematische Aktualisierung, die sich aus der Betrachtung des Risikomanagements als Prozess über den gesamten Lebenszyklus des Produkts hinweg ergibt.
Nachweis der Sicherheit
Artikel 10 Absatz 2 MDR verlangt vom Hersteller, ein Risikomanagement nach Anhang I Abschnitt 3 der MDR einzurichten. Das entspricht der zentralen Forderung der MDR, ein hohes Gesundheitsschutzniveau für Patienten und Anwender sicherzustellen (Erwägungsgrund (1)), da die Sicherheit von Medizinprodukten nur auf der Basis eines funktionierenden Risikomanagementsystems nachgewiesen werden kann (s. auch Kap. I von Anh. I MDR). Die Forderung, ein Risikomanagementsystem einzuführen, ergibt sich direkt aus dem Erwägungsgrund (32) der MDR:
Artikel 10 Absatz 2 MDR verlangt vom Hersteller, ein Risikomanagement nach Anhang I Abschnitt 3 der MDR einzurichten. Das entspricht der zentralen Forderung der MDR, ein hohes Gesundheitsschutzniveau für Patienten und Anwender sicherzustellen (Erwägungsgrund (1)), da die Sicherheit von Medizinprodukten nur auf der Basis eines funktionierenden Risikomanagementsystems nachgewiesen werden kann (s. auch Kap. I von Anh. I MDR). Die Forderung, ein Risikomanagementsystem einzuführen, ergibt sich direkt aus dem Erwägungsgrund (32) der MDR:
Erwägungsgrund 32
„(32) Um sicherzustellen, dass serienmäßig hergestellte Produkte den Anforderungen dieser Verordnung jederzeit entsprechen und dass die Erfahrungen, die im Zuge der Verwendung der hergestellten Produkte gesammelt werden, in das Herstellungsverfahren einfließen, sollten alle Hersteller über ein Qualitätsmanagementsystem und ein System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen verfügen, das der Risikoklasse und der Art des betreffenden Produkts angepasst sein sollte. Zur Minimierung des Risikos bzw. um Vorkommnisse im Zusammenhang mit Produkten zu verhindern, sollten die Hersteller des Weiteren ein Risikomanagementsystem und ein System für die Meldung von Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld einrichten.”
„(32) Um sicherzustellen, dass serienmäßig hergestellte Produkte den Anforderungen dieser Verordnung jederzeit entsprechen und dass die Erfahrungen, die im Zuge der Verwendung der hergestellten Produkte gesammelt werden, in das Herstellungsverfahren einfließen, sollten alle Hersteller über ein Qualitätsmanagementsystem und ein System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen verfügen, das der Risikoklasse und der Art des betreffenden Produkts angepasst sein sollte. Zur Minimierung des Risikos bzw. um Vorkommnisse im Zusammenhang mit Produkten zu verhindern, sollten die Hersteller des Weiteren ein Risikomanagementsystem und ein System für die Meldung von Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld einrichten.”
Inhalte und Dokumentation
Hinsichtlich der Inhalte und der Dokumentation für das geforderte Risikomanagementsystem wird einerseits auf den entsprechenden Abschnitt in den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen verwiesen; diese werden im Anhang I Kapitel 1 Abschnitt 3 MDR präzisiert und geben Hinweise, wie die Anforderungen genau umzusetzen sind.
Hinsichtlich der Inhalte und der Dokumentation für das geforderte Risikomanagementsystem wird einerseits auf den entsprechenden Abschnitt in den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen verwiesen; diese werden im Anhang I Kapitel 1 Abschnitt 3 MDR präzisiert und geben Hinweise, wie die Anforderungen genau umzusetzen sind.
Andererseits verweisen Erwägungsgrund 22 und Artikel 8 MDR auf die Anwendung harmonisierter Normen, insbesondere der Normen für Qualitäts- und Risikomanagement, mit deren Anwendung der jeweils entsprechende Nachweis der Konformität der Produkte mit den Anforderungen der MDR erbracht werden kann:
Erwägungsgrund 22
„(22): Angesichts der wichtigen Rolle, die der Normung im Bereich der Medizinprodukte zukommt, sollten die Hersteller die Konformität mit den in dieser Verordnung festgelegten grundlegenden Sicherheits-, Leistungs- und sonstigen rechtlichen Anforderungen, beispielsweise an Qualitäts- und Risikomanagement, durch Einhaltung der harmonisierten Normen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) nachweisen können.”
„(22): Angesichts der wichtigen Rolle, die der Normung im Bereich der Medizinprodukte zukommt, sollten die Hersteller die Konformität mit den in dieser Verordnung festgelegten grundlegenden Sicherheits-, Leistungs- und sonstigen rechtlichen Anforderungen, beispielsweise an Qualitäts- und Risikomanagement, durch Einhaltung der harmonisierten Normen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) nachweisen können.”
Artikel 8 MDR
„(1) Bei Produkten, die harmonisierten Normen oder den betreffenden Teilen dieser Normen entsprechen, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, wird die Konformität mit den Anforderungen dieser Verordnung, die mit den betreffenden Normen oder Teilen davon übereinstimmen, angenommen. Unterabsatz 1 gilt auch für System- oder Prozessanforderungen, die gemäß dieser Verordnung von den Wirtschaftsakteuren oder Sponsoren einzuhalten sind, einschließlich der Anforderungen im Zusammenhang mit den Qualitätsmanagementsystemen, dem Risikomanagement, den Systemen zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen, den klinischen Prüfungen, der klinischen Bewertung oder der klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen.”
„(1) Bei Produkten, die harmonisierten Normen oder den betreffenden Teilen dieser Normen entsprechen, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, wird die Konformität mit den Anforderungen dieser Verordnung, die mit den betreffenden Normen oder Teilen davon übereinstimmen, angenommen. Unterabsatz 1 gilt auch für System- oder Prozessanforderungen, die gemäß dieser Verordnung von den Wirtschaftsakteuren oder Sponsoren einzuhalten sind, einschließlich der Anforderungen im Zusammenhang mit den Qualitätsmanagementsystemen, dem Risikomanagement, den Systemen zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen, den klinischen Prüfungen, der klinischen Bewertung oder der klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen.”
Beide Zitate verweisen explizit auch auf die harmonisierten Normen für das Risikomanagement. Auch wenn die aktuelle Harmonisierung von Normen im Amtsblatt der Europäischen Union weiterhin verspätet ist, so wurde doch das System der Harmonisierung mit dem Verweis auf die Anwendung harmonisierter Normen in Erwägungsgrund 22 der MDR bestätigt. Eine entsprechende Überarbeitung der DIN EN ISO 14971 „Medizinprodukte – Anwendung des Risikomanagements auf Medizinprodukte” [3] liegt seit Juli 2020 vor. Einige Kapitel der MDR lassen sich mit der Einhaltung dieser Norm belegen.
DIN EN ISO 14971MDR | ISO 14971:2020 |
Anhang I Kapitel 1 Abschnitt 1 | Kapitel 5.2; Kapitel 7.4 |
Anhang I Kapitel 1 Abschnitt 3 | Kapitel 4a) Kapitel 4.4b) Kapitel 5c) Kapitel 5.2 + Kapitel 6d) Kapitel 7e) Kapitel 7.4, Kapitel 8, Kapitel 9, Kapitel 10 |
Anhang I Kapitel 1 Abschnitt 4 | Kapitel 7, Kapitel 8 |
Anhang I Kapitel 1 Abschnitt 8 | Kapitel 5.2−5.4 |
Anhang II Kapitel 5 Absatz a + b | a) Kapitel 5.2−5.4 + Kapitel 7.4b) siehe 2. |
Anhang III Kapitel 1.1 Absatz b | Kapitel 10 + PMSP gem. MDCG 2020-7 |
In der Überarbeitung der ISO 14971 sind die Begriffe „Nutzen”, „vorhersehbare Fehlanwendung” und „Stand der Technik” hinzugekommen. Des Weiteren wird der Fokus auf den Nutzen eines Medizinprodukts und die Nutzen-Risiko-Bewertung (Anpassung an aktuelle Regularien) gelegt. Im Risikomanagementprozess wird nun ebenfalls festgelegt, dass der Prozess für „Daten” und „Systemsicherheit” anwendbar ist. Die Methode für die Bewertung der Gesamtrestrisiken und der Akzeptanzkriterien müssen mit dieser Ausgabe im Risikomanagementplan definiert werden. Außerdem muss der Risikomanagementplan auf Einhaltung überprüft werden und die Ergebnisse dieser Überprüfung müssen im Risikomanagementbericht festgehalten werden.
Es erfolgt die Festlegung, dass das Sammeln und die Überprüfung von Daten und Literatur über das Medizinprodukt, über ähnliche Medizinprodukte und über ähnliche andere Produkte auf dem Markt erfolgen soll. Außerdem erfolgt eine Klarstellung zu den Kriterien für die Akzeptanz des Gesamtrestrisikos, indem nun explizit darauf hingewiesen wird, dass sich diese Kriterien zu der Akzeptanz von Einzelrisiken unterscheiden können. Die Anforderungen zur Offenlegung von Restrisiken wurden an eine andere Stelle in der Norm verschoben und in einer Anforderung zusammengefasst, nachdem das Gesamtrestrisiko bewertet und als akzeptabel beurteilt wurde.
Die Anforderungen an die Produktion und der Produktion nachgelagerten Phase wurden neu strukturiert. Es wird näher erläutert, welche Informationen zu sammeln und welche Maßnahmen zu ergreifen sind und wann die gesammelten Informationen überprüft und als sicherheitsrelevant eingestuft werden. Diverse informative Anhänge wurden in den ISO/TR 27491 verschoben, der ebenfalls überarbeitet wurde. Eine Übersicht über alle Änderungen ist in Anhang A der ISO 14971 enthalten. Die Entsprechung zwischen den Abschnitten der zweiten Auflage und denen dieser dritten Auflage ist in Anhang B aufgeführt. |
Der Aufbau des Risikomanagementsystems anhand der Norm DIN EN ISO 14971 [3] wird empfohlen, nichtsdestotrotz müssen alle Anforderungen, die direkt oder indirekt ans Risikomanagement aus der MDR gestellt werden zusätzlich erfüllt werden. Das Risikomanagement muss dabei den gesamten Lebenszyklus des Produkts abdecken, von der Ideenfindung und Entwicklungsphase des Produkts bis zur Abkündigung vom Markt und dem Ende der Post-Market-Phase.
Gemeinsame Spezifikationen
Für Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung gemäß Anhang XVI MDR wird in Erwägungsgrund 12 und in Artikel 1 Abschnitt 2 MDR gefordert, dass die Kommission für diese Produkte gemeinsame Spezifikationen (entsprechend Artikel 9 MDR) „mindestens für das Risikomanagement und erforderlichenfalls [für] die klinische Bewertung [zur Belegung] der Sicherheit” erstellen sollte.
Für Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung gemäß Anhang XVI MDR wird in Erwägungsgrund 12 und in Artikel 1 Abschnitt 2 MDR gefordert, dass die Kommission für diese Produkte gemeinsame Spezifikationen (entsprechend Artikel 9 MDR) „mindestens für das Risikomanagement und erforderlichenfalls [für] die klinische Bewertung [zur Belegung] der Sicherheit” erstellen sollte.
Risikomanagement
Abschließend werden die zusätzlichen Anforderungen generell an das Risikomanagement und die Nutzen-Risiko-Bewertung dargestellt. Auf die Darstellung spezifischer Anforderungen, die sich ggf. aus der Ableitung der Anforderungen aus Anhang I ergeben, wird explizit verzichtet. Ein Beispiel für so eine Anforderung leitet sich aus Anhang I Kapitel II Abschnitt 17.2 für das Risikomanagement ab („Bei Produkten, zu deren Bestandteilen Software gehört, oder bei Produkten in Form einer Software wird die Software entsprechend dem Stand der Technik entwickelt und hergestellt, wobei die Grundsätze des Software-Lebenszyklus, des Risikomanagements einschließlich der Informationssicherheit, der Verifizierung und der Validierung zu berücksichtigen sind.”)
Abschließend werden die zusätzlichen Anforderungen generell an das Risikomanagement und die Nutzen-Risiko-Bewertung dargestellt. Auf die Darstellung spezifischer Anforderungen, die sich ggf. aus der Ableitung der Anforderungen aus Anhang I ergeben, wird explizit verzichtet. Ein Beispiel für so eine Anforderung leitet sich aus Anhang I Kapitel II Abschnitt 17.2 für das Risikomanagement ab („Bei Produkten, zu deren Bestandteilen Software gehört, oder bei Produkten in Form einer Software wird die Software entsprechend dem Stand der Technik entwickelt und hergestellt, wobei die Grundsätze des Software-Lebenszyklus, des Risikomanagements einschließlich der Informationssicherheit, der Verifizierung und der Validierung zu berücksichtigen sind.”)
2.2.1 Weitere Anforderungen an das Risikomanagement
Hier die Übersicht und Fundstellen der weiteren Anforderungen an das Risikomanagement des Herstellers:
Artikel 17
In Artikel 17 Absatz 3 geht es um die Verpflichtung der Gesundheitseinrichtung (Eigenhersteller), bei der Aufbereitung von Einmalprodukten eine Risikoanalyse durchzuführen (insofern ein Mitgliedsstaat die Aufbereitung von Einmalprodukten erlaubt). Die Risikoanalyse muss im Rahmen der Nachweisgenerierung der durch die EU-Kommission erlassenen Gemeinsamen Spezifikation zum Nachweis der sicheren Aufbereitung erbracht werden.
In Artikel 17 Absatz 3 geht es um die Verpflichtung der Gesundheitseinrichtung (Eigenhersteller), bei der Aufbereitung von Einmalprodukten eine Risikoanalyse durchzuführen (insofern ein Mitgliedsstaat die Aufbereitung von Einmalprodukten erlaubt). Die Risikoanalyse muss im Rahmen der Nachweisgenerierung der durch die EU-Kommission erlassenen Gemeinsamen Spezifikation zum Nachweis der sicheren Aufbereitung erbracht werden.
Erwägungsgrund 33
In Erwägungsgrund 33 heißt es, „Das Risikomanagementsystem sollte sorgfältig mit der klinischen Bewertung des Produkts abgestimmt und darin berücksichtigt werden, was auch für die klinischen Risiken gilt, denen im Rahmen der klinischen Prüfungen, der klinischen Bewertung und der klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen nachzugehen ist. Das Risikomanagement und die Verfahren der klinischen Bewertung sollten miteinander verknüpft sein und regelmäßig aktualisiert werden.”
In Erwägungsgrund 33 heißt es, „Das Risikomanagementsystem sollte sorgfältig mit der klinischen Bewertung des Produkts abgestimmt und darin berücksichtigt werden, was auch für die klinischen Risiken gilt, denen im Rahmen der klinischen Prüfungen, der klinischen Bewertung und der klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen nachzugehen ist. Das Risikomanagement und die Verfahren der klinischen Bewertung sollten miteinander verknüpft sein und regelmäßig aktualisiert werden.”
Artikel 61
Artikel 61 definiert die Anforderungen zur Erstellung einer klinischen Bewertung. Im Besonderen in Absatz 10 wird auf das Risikomanagement hingewiesen und auf die Ausnahme, wenn der „Nachweis der Übereinstimmung mit grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen auf der Grundlage klinischer Daten für ungeeignet erachtet” wird. Bei einer solchen Ausnahme muss der Hersteller, so heißt es weiter, „unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Zusammenspiels zwischen dem Produkt und dem menschlichen Körper, der bezweckten klinischen Leistung und der Angaben des Herstellers […] gebührend begründen, warum er den Nachweis der Übereinstimmung mit grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen allein auf der Grundlage der Ergebnisse nichtklinischer Testmethoden, einschließlich Leistungsbewertung, technischer Prüfung („bench testing") und vorklinischer Bewertung, für geeignet hält”. Eine solche Begründung ist auf der Grundlage des Risikomanagements zu erstellen.
Artikel 61 definiert die Anforderungen zur Erstellung einer klinischen Bewertung. Im Besonderen in Absatz 10 wird auf das Risikomanagement hingewiesen und auf die Ausnahme, wenn der „Nachweis der Übereinstimmung mit grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen auf der Grundlage klinischer Daten für ungeeignet erachtet” wird. Bei einer solchen Ausnahme muss der Hersteller, so heißt es weiter, „unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Zusammenspiels zwischen dem Produkt und dem menschlichen Körper, der bezweckten klinischen Leistung und der Angaben des Herstellers […] gebührend begründen, warum er den Nachweis der Übereinstimmung mit grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen allein auf der Grundlage der Ergebnisse nichtklinischer Testmethoden, einschließlich Leistungsbewertung, technischer Prüfung („bench testing") und vorklinischer Bewertung, für geeignet hält”. Eine solche Begründung ist auf der Grundlage des Risikomanagements zu erstellen.
Artikel 83
Artikel 83 MDR fordert vom Hersteller die Erstellung eines Systems, das für die Überwachung nach dem Inverkehrbringen Informationen sammelt. Die gesammelten Daten müssen dann in die Aktualisierung der einzelnen Nachweisdokumente eingebunden werden. In Artikel 83 Absatz 3 MDR findet sich eine Übersicht, welche Aufzeichnungen davon betroffen sind, die alle auch einen Bezug zum Risikomanagement haben:
Artikel 83 MDR fordert vom Hersteller die Erstellung eines Systems, das für die Überwachung nach dem Inverkehrbringen Informationen sammelt. Die gesammelten Daten müssen dann in die Aktualisierung der einzelnen Nachweisdokumente eingebunden werden. In Artikel 83 Absatz 3 MDR findet sich eine Übersicht, welche Aufzeichnungen davon betroffen sind, die alle auch einen Bezug zum Risikomanagement haben:
a) | Aktualisierung der Nutzen-Risiko-Abwägung und Verbesserung des Risikomanagements gemäß Anhang I Kapitel I; |
b) | Aktualisierung der Auslegung und der Informationen zur Herstellung, der Gebrauchsanweisung und der Kennzeichnung; |
c) | Aktualisierung der klinischen Bewertung; |
d) | Aktualisierung des Kurzberichts über Sicherheit und klinische Leistung gemäß Artikel 32; |
e) | Ermittlung des Bedarfs an Präventiv-, Korrektur- oder Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld; |
f) | Ermittlung von Möglichkeiten zur Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit, der Leistung und der Sicherheit des Produkts; |
g) | gegebenenfalls als Beitrag zur Überwachung anderer Produkte nach dem Inverkehrbringen und |
h) | Erkennung und Meldung von Trends gemäß Artikel 88. |
Artikel 89
Der gesamte Artikel 89 beschäftigt sich mit den Anforderungen an die Analyse schwerwiegender Vorkommnisse und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld. Bei jeder Bewertung eines schwerwiegenden Vorkommnisses muss auch eine Risikobewertung sowie die Aktualisierung der entsprechenden Dokumentation aus dem Risikomanagement gemäß Anhang I Kapitel 1 Abs. 3 MDR erfolgen.
Der gesamte Artikel 89 beschäftigt sich mit den Anforderungen an die Analyse schwerwiegender Vorkommnisse und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld. Bei jeder Bewertung eines schwerwiegenden Vorkommnisses muss auch eine Risikobewertung sowie die Aktualisierung der entsprechenden Dokumentation aus dem Risikomanagement gemäß Anhang I Kapitel 1 Abs. 3 MDR erfolgen.
Artikel 93
Im Rahmen der Marktüberwachung sind die zuständigen Behörden angehalten, insbesondere die Risikobewertung und das Risikomanagement des Herstellers (oder auch seines Bevollmächtigten) zu überprüfen. Indirekt können sich dabei auch Informationen ergeben, die der Hersteller dann in sein Risikomanagementsystem aufnehmen muss.
Im Rahmen der Marktüberwachung sind die zuständigen Behörden angehalten, insbesondere die Risikobewertung und das Risikomanagement des Herstellers (oder auch seines Bevollmächtigten) zu überprüfen. Indirekt können sich dabei auch Informationen ergeben, die der Hersteller dann in sein Risikomanagementsystem aufnehmen muss.
2.2.2 Nutzen-Risiko-Verhältnis
Eine besondere Bedeutung stellt das Nutzen-Risiko-Verhältnis dar, das sich aufgrund einer Nutzen-Risiko-Abwägung ergibt. Artikel 2 Nr. 24 MDR definiert die Nutzen-Risiko-Abwägung als „Analyse aller Bewertungen des Nutzens und der Risiken, die für die bestimmungsgemäße Verwendung eines Produkts entsprechend der vom Hersteller angegebenen Zweckbestimmung von möglicher Relevanz sind”. Die Nutzen-Risiko-Abwägung stellt die Schnittstelle zwischen der klinischen Bewertung − die den klinischen Nutzen darstellt − und dem Risikomanagement dar, das sowohl die Produkt- und Prozess- als auch die klinischen Risiken beschreibt.
Risikobewertungsmatrix
Zur Ermittlung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses hat sich die Erstellung einer (gesetzlich nicht geforderten) Risikobewertungsmatrix durch den Hersteller etabliert und bewährt. Risiken werden dabei in einer Matrix mit einer Achse zum Schweregrad des Schadens sowie einer Achse mit der Wahrscheinlichkeit des Schadens dargestellt und anhand klar definierter und quantitativ oder semi-quantitativ hinterlegter Akzeptanzkriterien als vertretbar oder nicht vertretbar im Hinblick auf den Nutzen bewertet.
Zur Ermittlung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses hat sich die Erstellung einer (gesetzlich nicht geforderten) Risikobewertungsmatrix durch den Hersteller etabliert und bewährt. Risiken werden dabei in einer Matrix mit einer Achse zum Schweregrad des Schadens sowie einer Achse mit der Wahrscheinlichkeit des Schadens dargestellt und anhand klar definierter und quantitativ oder semi-quantitativ hinterlegter Akzeptanzkriterien als vertretbar oder nicht vertretbar im Hinblick auf den Nutzen bewertet.
Eine Übersicht, an welcher Stelle die Nutzen-Risiko-Analyse in der MDR explizit gefordert wird, ist nachfolgend dargestellt:
Artikel 2 Nr. 24 | Definition der Nutzen-Risiko-Abwägung |
Artikel 61 | Bei der Erstellung der klinischen Bewertung muss die Vertretbarkeit des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dargelegt werden. |
Artikel 83 | Beim System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen werden Daten gesammelt, die ggf. eine Aktualisierung der Nutzen-Risiko-Abwägung und Verbesserung des Risikomanagements gemäß Anhang I Kapitel I nach sich ziehen. |
Artikel 86 | Der PSUR (regelmäßig aktualisierter Bericht über die Sicherheit) beinhaltet die Schlussfolgerungen aus der Nutzen-Risiko-Abwägung. |
Artikel 88 | Klarstellung, dass ein signifikanter Anstieg der Häufigkeit oder des Schweregrads nicht schwerwiegender Vorkommnisse oder erwarteter unerwünschter Nebenwirkungen einen Einfluss auf die Nutzen-Risiko-Analyse haben kann und ggf. eine Aktualisierung dieser und weiterer Dokumente, wie z. B. der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen (Anhang I) nach sich zieht. |
Anhang II Kapitel 5 | Der Hersteller muss eine Dokumentation mit Informationen über die Nutzen-Risiko-Analyse gem. Anhang I Kap. 1 Abschn. 1 und 8 vorlegen. |
Anhang III Kapitel 1.1b) | Der Hersteller muss einen Plan zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen verfassen, in dem er „geeignete Indikatoren und Schwellenwerte, die im Rahmen der kontinuierlichen Neubewertung der Nutzen-Risiko-Analyse und des Risikomanagements im Sinne von Anhang I Abschnitt 3 verwendet”. |
Anhang XIV Teil A Kap. 1 a) | Bei dem Plan zur Erstellung der klinischen Bewertung müssen folgende Aspekte des Nutzen-Risiko-Verhältnisses berücksichtigt werden: Der Hersteller muss unter anderem eine „nichterschöpfende Liste und Spezifizierung der Parameter zur auf dem neuesten medizinischen Kenntnisstand beruhenden Bestimmung der Vertretbarkeit des Nutzen-Risiko-Verhältnisses für die verschiedenen Indikationen und die Zweckbestimmung bzw. Zweckbestimmungen des Produkts” erstellen und macht insbesondere auch eine „Angabe, wie Fragen hinsichtlich des Nutzen-Risiko-Verhältnisses für bestimmte Komponenten wie die Verwendung pharmazeutischer, nicht lebensfähiger tierischer oder menschlicher Gewebe zu klären sind”. |
Anhang XIV Teil A Kap. 1 a) | Der Hersteller erstellt einen PMCF-Plan für die klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen gemäß MDCG 2020-7 und beschreibt darin die Methoden und Verfahren für das proaktive Sammeln und Bewerten klinischer Daten, die unter anderem „die fortwährende Vertretbarkeit des Nutzen-Risiko-Verhältnisses gemäß Anhang I Abschnitte 1 und 9” [Anmerkung müsste eigentlich 8 sein; Fehler in der MDR] gewährleisten müssen. |
Die Benannte Stelle prüft die Nutzen-Risiko-Abwägung des Herstellers auf der Basis der Risikomanagementakte und der klinischen Bewertung (siehe Anhang IX Kapitel II Abschnitte 4.3 und 4.4 MDR und Anhang IX Kapitel II Abschnitte 5.1−5.4 MDR).
2.3 Absatz 3 − Klinische Bewertung
„(3) Die Hersteller führen eine klinische Bewertung nach Maßgabe der in Artikel 61 und in Anhang XIV festgelegten Anforderungen durch, die auch eine klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen umfasst.”
Der Hersteller muss für seine Produkte eine klinische Bewertung nach Artikel 61 und Anhang XIV MDR vorliegen haben, die Bestandteil der Technischen Dokumentation gemäß Anhang II Abschnitt 6.1 Buchstabe c) MDR ist. Die klinische Bewertung umfasst dabei die Pre-Market-Phase, Market-Phase und Post-Market-Phase.
Generell lässt sich festhalten, dass die Anforderungen an die Erstellung und Pflege der klinischen Bewertung für Hersteller eine der größten Veränderungen und Herausforderungen bedeuten. Details zur Erstellung klinischer Bewertungen finden sich im Kommentar zu Artikel 61 MDR.
Im Artikel 61 und Anhang XIV definiert die MDR genauer, wie die klinische Bewertung ausgestaltet werden muss. Zusätzlich sollte bei der Erstellung der klinischen Bewertung auch das Guidance-Dokument MEDDEV 2.7/1 REV. 4 hinzugezogen werden, das im Juni 2016 die letzte Revision erfahren hat (s. Arbeitshilfe anbei). Auch wenn dieses Dokument für die Medizinprodukterichtlinien und nicht für die MDR geschrieben wurde, ist es dennoch „State of the Art” für die Erstellung klinischer Bewertungen.[
MEDDEV_2_7-1_rev4.pdf]

Aus dem MDCG 2020-13 für den „Clinical Evaluation Assessment Report (CEAR)” werden die Anforderungen an die klinische Bewertung noch deutlicher (s. Arbeitshilfe anbei).[
MDCG_2020-13.pdf]

Für die Äquivalenzbewertung sollte das Dokument MDCG 2020-5 „Clinical Evaluation – Equivalence – A guide for manufacturers and notified bodies” herangezogen werden (s. Arbeitshilfe anbei).[
MDCG_2020-5.pdf]

Ob klinische Daten für das bestehende Portfolio ausreichend sind oder ob die Erhebung klinischer Daten durch klinische Prüfung notwendig werden könnten, sollte ausreichend evaluiert werden, dazu gibt es die MDCG 2020-6-Leitlinie („Regulation (EU) 2017/745: Clinical evidence needed for medical devices previously CE marked under directives 93/42/EEC or 90/385/EEC – A guide for manufacturers and notified bodies”, die hier einen entsprechenden Rahmen definiert (s. Arbeitshilfe anbei).[
MDCG_2020-6.pdf]

Durch den jeweiligen Untertitel der o. g. Leitlinien „A guide for manufacturers and notified bodies” kann angenommen werden, dass die Forderungen der MEDDEV- bzw. MDCG-Leitlinien zum Bestandteil des Prüfumfangs der Benannten Stellen geworden sind und diese Leitlinien damit einen quasi rechtsverbindlichen Charakter erhalten. Hersteller sind also gut beraten, ihre klinischen Bewertungen entsprechend dieser Leitlinien zu verfassen.
Klinische Prüfungen
Sollten klinische Prüfungen im Rahmen der klinischen Bewertung nötig werden, müssen diese gemäß Artikel 62 ff. und Anhang XV MDR durchgeführt werden. Allerdings ist das Verfahren bei den Ethikkommissionen sowie für „Sonstige klinische Prüfungen” gemäß Artikel 82 MDR nur im jeweiligen nationalen Recht beschrieben. In Deutschland finden sich die Regelungen im Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG), das zum 26. Mai 2021 in Kraft getreten ist.
Sollten klinische Prüfungen im Rahmen der klinischen Bewertung nötig werden, müssen diese gemäß Artikel 62 ff. und Anhang XV MDR durchgeführt werden. Allerdings ist das Verfahren bei den Ethikkommissionen sowie für „Sonstige klinische Prüfungen” gemäß Artikel 82 MDR nur im jeweiligen nationalen Recht beschrieben. In Deutschland finden sich die Regelungen im Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG), das zum 26. Mai 2021 in Kraft getreten ist.
Müssen im Rahmen der klinischen Prüfung Meldepflichten wahrgenommen werden, wurden dazu ebenfalls schon entsprechende Vorlagen für das Reporting in einer MDCG-Leitlinie 2020-10/1 + 10/2 definiert (s. Arbeitshilfen anbei). Es soll an dieser Stelle nur kurz darauf hingewiesen werden, dass auch hier das nationale Recht oder die Anforderungen der Behörden abweichen können, sodass diese Leitlinien nur einen Rahmen beschreiben.[
MDCG_2020-10-1.pdf][
MDCG_2020-10-2.xlsx]


Für Hersteller von medizinischer Software gelten besondere Anforderungen an die klinische Bewertung gemäß der MDCG-Leitlinie 2019-11 (s. Arbeitshilfe anbei).[
MDCG_2019-11.pdf]

2.4 Absatz 4 − Technische Dokumentation
In Absatz (4) von Artikel 10 MDR wird der Hersteller eines (Medizin-)Produkts verpflichtet, eine technische Dokumentation zu erstellen und über den gesamten Lebenszyklus des Produkts auf dem aktuellen Stand zu halten, sofern es sich bei dem Produkt nicht um eine Sonderanfertigung handelt. Diese Anforderung gilt daher für das gesamte Spektrum von Medizinprodukten, also sowohl für serienmäßig hergestellte Massenprodukte (z. B. Verbandmaterial, Pflaster) wie auch für einzelne Investitionsgüter (beispielsweise ein PET-CT).
Wichtigste Voraussetzung für Konformitätsbewertung
Unter der technischen Dokumentation ist die Zusammenstellung aller Dokumente zu verstehen, die vom Hersteller eines Medizinprodukts benötigt werden, um die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen (u. a. der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gemäß Anhang I MDR) nachzuweisen. Das Vorhandensein einer technischen Dokumentation (kurz auch TD oder englisch: Technical File genannt) ist damit die wichtigste Voraussetzung für die Konformitätsbewertung eines Medizinprodukts. Die technische Dokumentation muss – soweit das Verfahren der Konformitätsbewertung die Einbindung einer Benannten Stelle erfordert – bei dieser eingereicht werden. Sie ist auch Bestandteil bei den Audits des Qualitätsmanagementsystems des Herstellers (nach Artikel 10 Abs. 9 MDR und ISO 13485) durch die Benannten Stellen.
Unter der technischen Dokumentation ist die Zusammenstellung aller Dokumente zu verstehen, die vom Hersteller eines Medizinprodukts benötigt werden, um die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen (u. a. der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gemäß Anhang I MDR) nachzuweisen. Das Vorhandensein einer technischen Dokumentation (kurz auch TD oder englisch: Technical File genannt) ist damit die wichtigste Voraussetzung für die Konformitätsbewertung eines Medizinprodukts. Die technische Dokumentation muss – soweit das Verfahren der Konformitätsbewertung die Einbindung einer Benannten Stelle erfordert – bei dieser eingereicht werden. Sie ist auch Bestandteil bei den Audits des Qualitätsmanagementsystems des Herstellers (nach Artikel 10 Abs. 9 MDR und ISO 13485) durch die Benannten Stellen.
2.4.1 Anforderungen
Zu den formalen Anforderungen an die vom Hersteller zu erstellende technische Dokumentation gehört gemäß Anhang II Satz 1 MDR, dass die technische Dokumentation − und ggf. eine notwendige Zusammenfassung – in klarer, organisierter, leicht durchsuchbarer und eindeutiger Form präsentiert werden soll. Details zur Umsetzung dieser Anforderungen finden sich in den Durchführungshilfen zu Anhang II MDR (s. Kap. 02202).
In den Anhängen II und III MDR findet sich eine Grobstruktur mit Beschreibungen, welche grundlegenden Informationen in der technischen Dokumentation enthalten sein sollen. Diese sind nachfolgend zusammenfassend aufgeführt:
Gemäß Anhang II
TD nach Anhang II | |||||
1. | Produktbeschreibung und Spezifikation, einschließlich der Varianten und Zubehörteile | ||||
2. | Vom Hersteller zu liefernde Informationen | ||||
3. | Informationen zu Auslegung und Herstellung | ||||
4. | Grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen | ||||
5. | Nutzen-Risiko-Analyse und Risikomanagement | ||||
6. | Verifizierung und Validierung des Produkts
|
Gemäß Anhang III
TD nach Anhang III | |
1. | Plan zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen gemäß Artikel 84 |
2. | Sicherheitsbericht gemäß Artikel 86 oder Bericht über die Überwachung nach dem Inverkehrbringen gemäß Artikel 85 |
STED
Für Hersteller, deren Produkte auch außerhalb der Europäischen Union zertifiziert oder zugelassen werden sollen, hat das IMDRF (International Medical Device Regulators Forum) eine Art STED (Summary Technical Documentation)-Format entwickelt, das sowohl die gesetzlichen Anforderungen der MDR als auch die der übrigen IMDRF-Mitgliedsstaaten abbildet [4] . Eine Hilfestellung zur Erstellung solch einer STED bietet das IMDRF/RPS WG/27 Final:2019 [5] . In den einzelnen Kapiteln werden mögliche Nachweisdokumente entsprechend angeführt.
Für Hersteller, deren Produkte auch außerhalb der Europäischen Union zertifiziert oder zugelassen werden sollen, hat das IMDRF (International Medical Device Regulators Forum) eine Art STED (Summary Technical Documentation)-Format entwickelt, das sowohl die gesetzlichen Anforderungen der MDR als auch die der übrigen IMDRF-Mitgliedsstaaten abbildet [4] . Eine Hilfestellung zur Erstellung solch einer STED bietet das IMDRF/RPS WG/27 Final:2019 [5] . In den einzelnen Kapiteln werden mögliche Nachweisdokumente entsprechend angeführt.
Die technische Dokumentation muss – soweit das Verfahren der Konformitätsbewertung die Einbindung einer Benannten Stelle erfordert – bei dieser eingereicht werden. Neben den Anforderungen der beiden Anhänge II und III können sich aus dem anzuwendenden Konformitätsbewertungsverfahren gemäß der Anhänge IX, X, XI oder XVI noch zusätzliche anzuwendende Anforderungen ergeben.
Keine einheitliche Vorgabe
Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Kommentars gibt es für die Hersteller in der EU keine einheitliche Vorgabe für eine detaillierte und von den Benannten Stellen akzeptierte Struktur der technischen Dokumentation nach der MDR, sodass jeder Hersteller die technische Dokumentation in einer eigenen Form erstellen kann: Es existiert kein einheitliches Inhaltsverzeichnis mit der Folge, dass die Reihenfolge der Kapitel unterschiedlicher Hersteller beliebig ist und sich von anderen unterscheidet. Dies führt bei Überprüfungen der technischen Dokumentation durch die Benannten Stellen mitunter zu Unklarheiten zwischen Hersteller und Benannter Stelle.
Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Kommentars gibt es für die Hersteller in der EU keine einheitliche Vorgabe für eine detaillierte und von den Benannten Stellen akzeptierte Struktur der technischen Dokumentation nach der MDR, sodass jeder Hersteller die technische Dokumentation in einer eigenen Form erstellen kann: Es existiert kein einheitliches Inhaltsverzeichnis mit der Folge, dass die Reihenfolge der Kapitel unterschiedlicher Hersteller beliebig ist und sich von anderen unterscheidet. Dies führt bei Überprüfungen der technischen Dokumentation durch die Benannten Stellen mitunter zu Unklarheiten zwischen Hersteller und Benannter Stelle.
Auf EU-Ebene gibt es daher Bestrebungen, diese Problemlage aufzulösen und die Struktur der technischen Dokumentation nach der MDR festzulegen. Allerdings soll das nicht durch ein MDCG-Dokument, sondern durch eine Checkliste der Benannten Stellen in der EU (The European Association for Medical Devices of Notified Bodies − Team-NB) vorgegeben werden.
Bis diese verfügbar ist findet sich eine Empfehlung für die Inhalte einer technischen Dokumentation, die auch Anforderungen mehrerer Benannter Stellen enthält, in der Arbeitshilfe inhalt_td.pdf („Inhalt und Struktur Technische Dokumentation”; s. auch Kap. 02209).[
Inhalt_td.pdf]

Da mit der technischen Dokumentation der Nachweis der Konformität des Produkts mit den MDR-Anforderungen belegt werden soll, muss es zu jeder dieser Anforderungen ein entsprechendes Belegdokument geben. Daher kann es empfehlenswert sein, bei der Verwendung einer Checkliste zur Erfüllung der Grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen (siehe Arbeitshilfe gsla_mdr_dt.docx; s. auch Kap. 02201) dort nicht nur das Belegdokument, sondern auch Verweise innerhalb des Belegdokuments anzugeben (z. B. Name des Belegdokuments, dort Abschnitt XX).[
gsla_mdr_dt.docx]

Um die technische Dokumentation systematisch immer wieder für neue Produkte/Produktgruppen zu erstellen, empfiehlt es sich, einen QM-Prozess zu beschreiben, über den die technische Dokumentation und ein entsprechendes Vorgabedokument für die Gliederung der technischen Dokumentation gemäß Anhang II und III erstellt und regelmäßig aktualisiert wird.
Aktualisierung
Eine wesentliche zusätzliche Forderung von Artikel 10 Absatz 4 MDR an den Hersteller ist, die technische Dokumentation „auf dem aktuellen Stand” zu halten”. Das umfasst beispielsweise
Eine wesentliche zusätzliche Forderung von Artikel 10 Absatz 4 MDR an den Hersteller ist, die technische Dokumentation „auf dem aktuellen Stand” zu halten”. Das umfasst beispielsweise
1. | die Einbindung zusätzlicher Dokumente aufgrund der Produktweiterentwicklung und/oder Produktpflege (inkl. Produktänderungen), |
2. | Dokumente, die sich aus den Anforderungen neuer oder geänderter Rechtstexte, Normen, gemeinsamer Spezifikationen oder Leitlinien ergeben, wie beispielsweise neue Produktanforderungen, aber auch Prozessanforderungen. Die entsprechenden regulatorischen Anforderungen müssen analysiert, Lücken identifiziert werden (GAP-Analyse) und ggf. zusätzliche Tests oder Dokumentenänderungen erfolgen, um die resultierende Lücken in der technischen Dokumentation zu schließen. |
3. | die Überwachung nach dem Inverkehrbringen („PMS-System” gemäß Artikel 10 Abs. 10 MDR, Artikel 83 ff. i. V. m. Anhang III), deren Ergebnisse primär in Anhang III der technischen Dokumentation einfließen. Allerdings können Erkenntnisse aus dem PMS-System auch dazu führen, dass die technische Dokumentation nach Anhang II MDR überarbeitet werden muss, beispielsweise, wenn eine Fehlerbeschreibung aus dem Rückruf eines Mitbewerbers auch die eigenen Produkte betreffen könnte und entsprechende Änderungen (mit entsprechender Dokumentation) erforderlich werden. |
4. | Prozessübersichten, inkl. deren Änderungen, die für die Erstellung der technischen Dokumentation erforderlich sind. |
Damit wird deutlich, dass die Aktualisierung der technischen Dokumentation ein kontinuierlicher Prozess ist.
Wichtige Hinweise
Da für die CE-Zertifizierung, insbesondere für die Antragstellung bei der Benannten Stelle, nicht nur die technische Dokumentation gemäß den Anforderungen aus den Anhängen II+III erforderlich ist, kann es für Hersteller sinnvoll sein, frühzeitig die nachfolgenden Hinweise umzusetzen:
Da für die CE-Zertifizierung, insbesondere für die Antragstellung bei der Benannten Stelle, nicht nur die technische Dokumentation gemäß den Anforderungen aus den Anhängen II+III erforderlich ist, kann es für Hersteller sinnvoll sein, frühzeitig die nachfolgenden Hinweise umzusetzen:
• | Beantragung eines EUDAMED-Zugangs, und
| ||||||
• | Wahl einer UDI-Zuteilungsstelle zur Vergabe von Nummern zur Unique Device Identification (Basic-UDI-DI, UDI-DI sowie UDI-PI) | ||||||
• | Zuweisung eines Produktcodes nach einem oder mehreren der nachfolgenden anerkannten Kodierungssysteme:
| ||||||
• | Zuweisung eines MDA/MDN/MDS/MDT-Codes gemäß EU-Durchführungsverordnung (EU) 2017/2185 (s. Kap. A0106). Mit diesen Codes werden Produktarten identifiziert, für die Benannte Stellen benannt werden können. Für die Antragstellung bei einer Benannten Stelle empfiehlt es sich, für alle eigenen Produkte diese Codes zuzuweisen und danach eine oder mehrere Benannte Stellen zu identifizieren, die das eigene Produktportfolio zertifizieren dürfen. | ||||||
• | Außer bei reinen Klasse-I-Produkten: Antrag bei der Benannten Stelle zur Prüfung der Technischen Dokumentation | ||||||
• | Erstellung einer Liste der angewandten regulatorischen Texte wie z. B. Verordnungen, Gesetze, Guidelines und Normen | ||||||
• | Integration der Marketing-Unterlagen und des Internetauftritts (soweit vorhanden) | ||||||
• | Erstellung einer Übersicht der Prozesse und deren Wechselwirkungen, die für die Entwicklung (z. B. Designauslegung, Gebrauchstauglichkeit, Risikomanagement, klinisches Management, Materialbewertung etc.), die Produktion und die geplante Marktbeobachtung angewendet wurden bzw. werden. |
Im zweiten UnterAbsatz von Artikel 10 MDR wird der EU-Kommission die Befugnis erteilt, die Anhänge II und III der MDR aufgrund des technischen Fortschritts zu ändern. Aufgrund der von TEAM-NB erwarteten Checkliste für die Benannten Stellen zur technischen Dokumentation ist zu hoffen, dass sich nicht erneut widersprüchliche Anforderungen ergeben, sondern dass die Kommission dann die von TEAM-NB vorgeschlagene Struktur zumindest weitgehend übernimmt.
2.5 Absatz 5 − Dokumentation für Sonderanfertigungen
Artikel Absatz (5) 10 MDR stellt die Anforderungen an eine „technische Dokumentation” für die Hersteller von Sonderanfertigungen als Medizinprodukt dar, wobei hier nicht der Begriff technische Dokumentation verwendet wird, sondern nur Dokumentation. Die Anforderungen an diese Dokumentation finden sich dann auch in einem anderen Anhang der MDR, nämlich Anhang XIII MDR.
Sonderanfertigung
Nach Artikel 2 Nr. 3 MDR ist eine Sonderanfertigung definiert als „...ein Produkt, das speziell gemäß einer schriftlichen Verordnung einer aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation nach den nationalen Rechtsvorschriften zur Ausstellung von Verordnungen berechtigten Person angefertigt wird, die eigenverantwortlich die genaue Auslegung und die Merkmale des Produkts festlegt, das nur für einen einzigen Patienten bestimmt ist, um ausschließlich dessen individuellen Zustand und dessen individuellen Bedürfnissen zu entsprechen.”
Nach Artikel 2 Nr. 3 MDR ist eine Sonderanfertigung definiert als „...ein Produkt, das speziell gemäß einer schriftlichen Verordnung einer aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation nach den nationalen Rechtsvorschriften zur Ausstellung von Verordnungen berechtigten Person angefertigt wird, die eigenverantwortlich die genaue Auslegung und die Merkmale des Produkts festlegt, das nur für einen einzigen Patienten bestimmt ist, um ausschließlich dessen individuellen Zustand und dessen individuellen Bedürfnissen zu entsprechen.”
Angepasste Produkte
Nicht als Sonderanfertigung gelten Serienprodukte und „Serienmäßig hergestellte Produkte, die angepasst werden müssen, um den spezifischen Anforderungen eines berufsmäßigen Anwenders zu entsprechen, und Produkte, die gemäß den schriftlichen Verordnungen einer dazu berechtigten Person serienmäßig in industriellen Verfahren hergestellt werden...” (vgl. zweiter Unterabsatz von Artikel 2 Nr. 3 MDR) (Hervorhebung d. Autoren)
Nicht als Sonderanfertigung gelten Serienprodukte und „Serienmäßig hergestellte Produkte, die angepasst werden müssen, um den spezifischen Anforderungen eines berufsmäßigen Anwenders zu entsprechen, und Produkte, die gemäß den schriftlichen Verordnungen einer dazu berechtigten Person serienmäßig in industriellen Verfahren hergestellt werden...” (vgl. zweiter Unterabsatz von Artikel 2 Nr. 3 MDR) (Hervorhebung d. Autoren)
Es soll kurz auf den Unterschied zwischen Sonderanfertigungen und angepassten Produkten hingewiesen werden:
• | Eine Sonderanfertigung wird immer für einen einzelnen Patienten aufgrund einer schriftlichen Verordnung („Rezept”) hergestellt, wobei solche Verordnungen in der Regel von Ärzten ausgestellt werden. Beispiele sind individuell angefertigte Prothesen (sowohl im Hilfsmittelbereich als auch Endoprothesen oder Gefäßprothesen, Zahnkronen, ...). Das Besondere daran ist, dass es jeweils individuell hergestellte Einzelstücke sind, für die der Hersteller die in der MDR vorgegebene Dokumentation zu erstellen hat. | ||||
Angepasste Produkte | |||||
• | Ein angepasstes Produkt hingegen ist ein Serienprodukt, dass entweder
|
In der MDR werden „angepasste Produkte” in der Definition von Artikel 2 Nr. 3 MD gegenüber den Sonderanfertigungen abgegrenzt. In Artikel 16 Absatz 1 UnterAbsatz 2 MDR wird klargestellt, dass Personen, die „ein bereits in Verkehr gebrachtes Produkt ohne Änderung seiner Zweckbestimmung für einen bestimmten Patienten montieren oder anpassen” keine (Quasi-)Hersteller im Sinne von Artikel 16 Abs. 1 MDR sind und auch keine Hersteller im Sinne von Artikel 2 Nr. 3 MDR.
Die MDR regelt angepasste Produkte nicht weiter, aber das deutsche MPDG in § 5 Absatz 5 tut es: Hier ist geregelt, dass auch „Anpasser” der behördlichen Überwachung unterliegen und welche Dokumentation vom Anpasser erstellt werden muss.
Pflichten bei Sonderanfertigungen
Bei Sonderanfertigungen – außer bei Implantaten der Klasse III − gibt es formal kein Konformitätsbewertungsverfahren, sondern alle Anforderungen an den Hersteller einer Sonderanfertigung stehen in Anhang XIII MDR, der folgende Pflichten umfasst:
Bei Sonderanfertigungen – außer bei Implantaten der Klasse III − gibt es formal kein Konformitätsbewertungsverfahren, sondern alle Anforderungen an den Hersteller einer Sonderanfertigung stehen in Anhang XIII MDR, der folgende Pflichten umfasst:
• | Ausstellen einer Erklärung über die Sonderanfertigung, zu der auch eine Erklärung über die Einhaltung der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gehört (siebter Spiegelstrich von Anhang XIII Nr. 1 MDR), |
• | Bereithaltung der Dokumentation zur Sonderanfertigung über Auslegung, Herstellung und Leistung des Produkts für die Überwachungsbehörden, |
• | Maßnahmen treffen, damit die Übereinstimmung der hergestellten Produkte mit der o. g. Dokumentation sichergestellt werden kann, |
• | Archivierungsfristen für diese Dokumentation von 10 Jahren, bei Implantaten von 15 Jahren, |
• | Aufbau eines PMS-Systems zur klinischen Marktbeobachtung (gemäß Anhang XIV Teil B) und eines Vigilanzsystems zur Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen. |
Angaben in der Dokumentation
Betrachtet man die einzelnen Anforderungen von Anhang XIII MDR mit Blick auf die zu erstellende Dokumentation, so sollte diese folgende Angaben enthalten:
Betrachtet man die einzelnen Anforderungen von Anhang XIII MDR mit Blick auf die zu erstellende Dokumentation, so sollte diese folgende Angaben enthalten:
• | Angaben zum Hersteller |
• | Angaben über die Fertigungsstätte/n |
• | Angaben zur Auslegung des Produkts |
• | Angaben zur Herstellung des Produkts |
• | Angaben zur Leistung des Produkts |
• | Angaben der vorgesehenen Leistung |
• | Schriftliche Verordnung von einer zur Ausstellung von Verordnungen berechtigten Person |
• | Nachweis der Einhaltung der „grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen” gemäß Anhang I der MDR |
• | Nachweis zur Kennzeichnung auf der Sonderanfertigung mit der Aufschrift „Sonderanfertigung” gemäß Anhang I Kapitel 3 Unterkapitel 23.2 Abs. p) MDR |
• | Nachweis zur Kennzeichnung auf der Sterilverpackung gemäß Anhang I Kapitel 3 Unterkapitel 23.3 Abs. g) MDR |
• | Klinische Bewertung, abgeleitet aus Anhang XIV Teil B und Anhang I MDR |
• | Nachweise aus dem Risikomanagement gemäß Anhang I MDR |
• | Nachweis der Einhaltung der Anforderungen von ggf. weiteren Durchführungsrechtsakten gemäß Artikel 91MDR |
• | Angaben über Bestandteile aus Arzneimitteln, Derivaten aus menschlichem Blut oder Plasma oder Geweben oder Zellen menschlichen oder tierischen Ursprungs gemäß Verordnung (EU) Nr. 722/2012 |
• | Nachweis, an wen die Produkte abgegeben wurden gemäß Artikel 21 Abs. 2 MDR |
• | Angaben aus dem Prozess der klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen gemäß Anhang XIV Teil B MDR |
• | PSUR − Regelmäßiger Bericht über die Sicherheit gemäß Artikel 86 MDR gilt nur für Produkte der Klassen IIa, IIb und III |
• | Nachweis eines Trendreports, falls anwendbar |
• | Nachweise zu Vigilanz-Meldungen |
Verantwortliche Person
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Hersteller von Sonderanfertigungen, genauso wie Hersteller von Medizinprodukten, gemäß Artikel 15 MDR über mindestens eine für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person verfügen müssen, die über das erforderliche Fachwissen entsprechend Artikel 15 Abs. 1 MDR verfügt (s. Kap. 02015). Als Besonderheit können die Hersteller von Sonderanfertigungen das in Unterabsatz 1 von Artikel 15 genannte erforderliche Fachwissen allein „durch zwei Jahre Berufserfahrung in einem entsprechenden Fabrikationsbereich nachweisen”. Die verantwortliche Person ist u. a. für das Erstellen und Aktualisieren der Dokumentation der Sonderanfertigungen verantwortlich. Bei Klein- und Kleinstunternehmen kann diese Person auch extern angesiedelt sein.
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Hersteller von Sonderanfertigungen, genauso wie Hersteller von Medizinprodukten, gemäß Artikel 15 MDR über mindestens eine für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person verfügen müssen, die über das erforderliche Fachwissen entsprechend Artikel 15 Abs. 1 MDR verfügt (s. Kap. 02015). Als Besonderheit können die Hersteller von Sonderanfertigungen das in Unterabsatz 1 von Artikel 15 genannte erforderliche Fachwissen allein „durch zwei Jahre Berufserfahrung in einem entsprechenden Fabrikationsbereich nachweisen”. Die verantwortliche Person ist u. a. für das Erstellen und Aktualisieren der Dokumentation der Sonderanfertigungen verantwortlich. Bei Klein- und Kleinstunternehmen kann diese Person auch extern angesiedelt sein.
Weitere Unterschiede zu Serienprodukten
Es gibt darüber hinaus noch einige Unterschiede für die Hersteller von Sonderanfertigungen und deren Produkte gegenüber Serienherstellern/-produkten zu beachten:
Es gibt darüber hinaus noch einige Unterschiede für die Hersteller von Sonderanfertigungen und deren Produkte gegenüber Serienherstellern/-produkten zu beachten:
• | Sonderanfertigungen tragen keine CE-Kennzeichnung (Artikel 20 Abs. 1 MDR) |
• | Jeder Sonderanfertigung muss die Erklärung gemäß Anhang XIII Abschnitt I MDR beigefügt sein |
• | Das UDI-System (Artikel 27 MDR) gilt nicht für Sonderanfertigungen |
• | Es gibt keine Produktregistrierungspflicht für Sonderanfertigungen in Eudamed (Artikel 29 MDR) |
• | Es gibt in der MDR keine Verpflichtungen zur Registrierung als Hersteller gemäß Artikel 31 Abs. 1 MDR, entsprechend erhalten diese Hersteller keine einmalige Registriernummer (Single Registration Number, SRN). |
• | Für Sonderanfertigungen gibt es keinen Kurzbericht über Sicherheit und klinische Leistung (SSCP – Summary of Safety and Clinical Performance) (Artikel 32 Abs. 1 MDR) |
• | Für implantierbare Sonderanfertigungen der Klasse III ist ein eingeschränktes Konformitätsbewertungsverfahren nach Anhang IX Kapitel 1 MDR oder nach Anhang XI Teil A MDR durchzuführen (Artikel 52 Abs. 8 MDR). |
Hinweis
Hersteller von implantierbaren Sonderanfertigungen der Klasse III mit Sitz in Deutschland müssen sich vor Aufnahme ihrer Tätigkeit im Deutschen Medizinprodukteinformations- und datenbanksystem (DMIDS) registrieren (s. Kap. B0103, § 4 Abs. 2 MPDG).
Hersteller von implantierbaren Sonderanfertigungen der Klasse III mit Sitz in Deutschland müssen sich vor Aufnahme ihrer Tätigkeit im Deutschen Medizinprodukteinformations- und datenbanksystem (DMIDS) registrieren (s. Kap. B0103, § 4 Abs. 2 MPDG).
2.6 Absatz 6 − EU-Konformitätserklärung und CE-Konformitätskennzeichnung
In Artikel 10 Absatz 6 MDR sind die Pflichten des Herstellers zur Erstellung einer EU-Konformitätserklärung und zur Anbringung der CE-Konformitätskennzeichnung aufgeführt. Davon sind die Hersteller von Sonderanfertigungen und Prüfprodukten generell ausgenommen, denn für Sonderanfertigungen und Prüfprodukte wird weder eine Konformitätserklärung ausgestellt noch tragen diese Produkte eine CE-Konformitätskennzeichnung. Anstelle einer Konformitätserklärung wird für Sonderanfertigungen gemäß Artikel 52 Absatz 8 MDR in Kombination mit Anhang XIII eine Erklärung abgegeben; für Prüfprodukte eine Erklärung nach Abschnitt 4.1 des Anhang XV MDR.
Pflichten nur für Serienprodukte
Die Pflichten aus Artikel 10 Absatz 6 MDR gelten also nur für Hersteller von Serienprodukten, deren Konformität mit den Anforderungen der MDR im Rahmen des anzuwendenden Konformitätsbewertungsverfahrens nachgewiesen wurde. Für diese Serienprodukte finden sich die Anforderungen an die möglichen Konformitätsbewertungsverfahren in Artikel 52 MDR: Je nach Produktklasse und ggf. unter Berücksichtigung der Kombination mit einem Arzneimittel oder Gewebe menschlichen oder tierischen Ursprungs kann entweder nur ein Verfahren nach den Anhängen IX bis XI MDR ausgewählt werden oder mehrere.
Die Pflichten aus Artikel 10 Absatz 6 MDR gelten also nur für Hersteller von Serienprodukten, deren Konformität mit den Anforderungen der MDR im Rahmen des anzuwendenden Konformitätsbewertungsverfahrens nachgewiesen wurde. Für diese Serienprodukte finden sich die Anforderungen an die möglichen Konformitätsbewertungsverfahren in Artikel 52 MDR: Je nach Produktklasse und ggf. unter Berücksichtigung der Kombination mit einem Arzneimittel oder Gewebe menschlichen oder tierischen Ursprungs kann entweder nur ein Verfahren nach den Anhängen IX bis XI MDR ausgewählt werden oder mehrere.
Reine Klasse-I-Produkte
Für „reine” Klasse-I-Produkte kann der Hersteller die Konformität mit der MDR in eigener Verantwortung bestätigen und die EU-Konformitätserklärung ausstellen sowie die CE- Konformitätskennzeichnung anbringen.
Für „reine” Klasse-I-Produkte kann der Hersteller die Konformität mit der MDR in eigener Verantwortung bestätigen und die EU-Konformitätserklärung ausstellen sowie die CE- Konformitätskennzeichnung anbringen.
Sofern eine Benannte Stelle einbezogen werden muss, ist die Konformität mit den MDR-Anforderungen erst mit der Ausstellung der entsprechenden Bescheinigung der Benannten Stelle nachgewiesen; erst dann darf ein Hersteller die EU-Konformitätserklärung ausstellen und die Produkte mit der CE-Kennzeichnung versehen. Das gilt auch für sterile Instrumente der Klasse I sowie für Produkte der Klasse I mit Messfunktion oder wiederverwendbare chirurgische Instrument.
2.6.1 EU-Konformitätserklärung
Gemäß Artikel 19 Abs. 1 MDR muss die EU-Konformitätserklärung laufend aktualisiert werden. Die Konformitätserklärung ist in alle Amtssprachen der EU zu übersetzen, die von den Mitgliedsstaaten akzeptiert werden, in denen das Produkt bereitgestellt wird.
Andere Regularien
Für den Fall, dass mehrere Regularien der EU auf das jeweilige Produkt Anwendung finden sollten, sind diese ebenfalls auf der EU-Konformitätserklärung eindeutig zu benennen, sofern diese Regularien nicht schon in der MDR abgebildet sind (s. Kap. A0101, Artikel 19 Abs. 2) und selbst eine Konformitätserklärung bzw. ein Konformitätsbewertungsverfahren erfordern. Das könnten zum Beispiel sein:
Für den Fall, dass mehrere Regularien der EU auf das jeweilige Produkt Anwendung finden sollten, sind diese ebenfalls auf der EU-Konformitätserklärung eindeutig zu benennen, sofern diese Regularien nicht schon in der MDR abgebildet sind (s. Kap. A0101, Artikel 19 Abs. 2) und selbst eine Konformitätserklärung bzw. ein Konformitätsbewertungsverfahren erfordern. Das könnten zum Beispiel sein:
• | Richtlinie über elektromagnetische Verträglichkeit 2014/30/EU |
• | Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (Bewegliche Teile) |
• | Persönliche Schutzausrüstung-Verordnung (EU) 2016/425 |
• | Funkanlagen-Richtlinie 2014/53/EU |
• | Zertifizierung der Cybersicherheit von Informations- und Kommunikationstechnik Verordnung (EU) 2019/881 |
Mit der Ausstellung der EU-Konformitätserklärung übernimmt der Hersteller die Verantwortung, dass das Produkt die Anforderungen der MDR und der ggf. mitgeltenden anderen Rechtsvorschriften vollständig erfüllt.
Mindestangaben
Die nach dem vollständig durchgeführten Konformitätsbewertungsverfahren zu erstellende EU-Konformitätserklärung muss gemäß Anhang IV MDR mindestens folgende Angaben enthalten (in Stichworten):
Die nach dem vollständig durchgeführten Konformitätsbewertungsverfahren zu erstellende EU-Konformitätserklärung muss gemäß Anhang IV MDR mindestens folgende Angaben enthalten (in Stichworten):
• | Identifikation des Herstellers, ggf. Single Registration Number |
• | Ggf. Identifikation des Bevollmächtigten (bei Herstellern außerhalb der EU) |
• | Erklärung, dass der Hersteller die alleinige Verantwortung für die Ausstellung der Konformitätserklärung trägt |
• | Basis-UDI-DI |
• | Identifizierung der Produkte mit Produkt-/Handelsname, Productcode (z. B. MDA Code, s. Abschn. 2.4), Artikelnummern, ggf. Bild |
• | Zweckbestimmung |
• | Klassifizierung mit Angabe der angewandten Regeln |
• | Versicherung, dass die genannten Produkte der MDR und ggf. weiterer EU Rechtsvorschriften (s. o.) entspricht |
• | Verweise auf Normen oder angewandte Spezifikationen |
• | Angabe des Konformitätsbewertungsverfahrens |
• | Ggf. Name und Kennnummer der Benannten Stelle und Nummer/Identifikation der Bescheinigung |
• | Ort, Datum der Ausstellung, Name, Funktion des Ausstellers, Unterschrift |
Artikel 19 Abs. 3 MDR überträgt der Kommission die Befugnis, unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts die Mindestangaben für die EU-Konformitätserklärung zu ändern.
2.6.2 CE-Konformitätskennzeichnung
Alle Anforderungen zur CE-Konformitätskennzeichnung werden in Artikel 20 MDR i. V. m. Anhang V dargestellt (s. Kap. A0101, Artikel 20). Alle Produkte (mit der Ausnahme von Prüfprodukten und Sonderanfertigungen) müssen vor dem Inverkehrbringen mit einem CE-Konformitätskennzeichen gemäß Anhang V MDR (zeigt das vorgeschriebene CE-Symbol) versehen werden (Artikel 20 Abs. 1 und 4 MDR). Es kann von einem Piktogramm oder einem anderen Zeichen gefolgt werden, bei besonderer Gefahr oder besonderer Verwendung (Artikel 20 Abs. 4 MDR).
Des Weiteren muss die CE-Konformitätskennzeichnung bei Produkten, die die Einbindung einer Benannten Stelle im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens nach der MDR erfordert, zusätzlich die vierstellige Kennnummer der zuständigen Benannten Stelle tragen (Artikel 20 Abs. 5 MDR).
Die CE-Konformitätskennzeichnung muss grundsätzlich folgende Anforderungen erfüllen (gemäß Artikel 20 Abs. 3 und Anhang V MDR):
• | gut sichtbar |
• | leserlich [6] |
• | dauerhaft auf dem Produkt oder seiner sterilen Verpackung angebracht |
• | in jeder Gebrauchsanweisung sichtbar (insofern vorhanden) |
• | auf jeder Handelsverpackung angebracht |
• | im Werbematerial enthalten |
• | die Einhaltung der Proportionen (auch Höhen zueinander) der CE-Konformitätskennzeichnung gemäß vorgegebenen Raster und eine Mindesthöhe von 5 mm müssen eingehalten werden (hier gilt nur eine Ausnahme für kleinere Produkte) entsprechend Anhang V MDR sicherstellen (s. Abb.) |
Sollte eine Anbringung aufgrund der Beschaffenheit des Produkts nicht dauerhaft auf dem Produkt möglich sein oder als nicht sinnvoll erachtet werden, wird die CE-Konformitätskennzeichnung nur auf der Verpackung aufgebracht.
Wichtig!
Wenn neben der MDR noch weitere EU-Rechtsvorschriften anwendbar sind (s. o.), dann ist das mit der Konformitätserklärung zu dokumentieren; es wird dazu nur eine CE-Konformitätskennzeichnung angebracht, nicht jedoch mehrere für jede Rechtsvorschrift.
Wenn neben der MDR noch weitere EU-Rechtsvorschriften anwendbar sind (s. o.), dann ist das mit der Konformitätserklärung zu dokumentieren; es wird dazu nur eine CE-Konformitätskennzeichnung angebracht, nicht jedoch mehrere für jede Rechtsvorschrift.
Ausnahme: Wenn die Konformität mit den Rechtsvorschriften von unterschiedlichen Benannten Stellen geprüft wird, z. B. gemäß MDR von der Benannten Stelle 1 und die Konformität mit der Funkanlagen-Richtlinie 2014/53/EU von der Benannten Stelle 2, dann müssen auf dem Produkt zwei CE-Konformitätskennzeichen aufgebracht werden − je einmal mit der Kennnummer der ersten bzw. der zweiten Benannten Stelle.
2.7 Absatz 7 − Umsetzung der Verpflichtungen gemäß UDI-System
„(7) Die Hersteller kommen ihren Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem UDI-System gemäß Artikel 27 und den Registrierungsvorschriften gemäß den Artikeln 29 und 31 nach.”
Das UDI-System ist ein System zur eindeutigen Kennzeichnung von Produkten mit einer „einmaligen Produktkennung” (UDI = unique device identifier) gemäß Artikel 2 Nr. 15 MDR, mit dem die Identifizierung und Rückverfolgbarkeit von Produkten erleichtert werden soll. Das UDI-System und die daran gestellten Anforderungen sind in Artikel 27 und Anhang VI MDR im Detail dargelegt. Die Anforderungen an die Registrierung von Produkten finden sich in Artikel 29, die Registrierungsvorschriften für die Wirtschaftsakteure in Artikel 31 MDR.
UDI-System
Die Hersteller müssen ein UDI-System installieren, das die Anforderungen an die Identifizierung und die erleichterte Rückverfolgung von Produkten gemäß Artikel 27 MDR erfüllt. Die Hintergründe für die Einführung des UDI-Systems werden in den Erwägungsgründen zur MDR geliefert:
Die Hersteller müssen ein UDI-System installieren, das die Anforderungen an die Identifizierung und die erleichterte Rückverfolgung von Produkten gemäß Artikel 27 MDR erfüllt. Die Hintergründe für die Einführung des UDI-Systems werden in den Erwägungsgründen zur MDR geliefert:
Erwägungsgrund (41)
In Erwägungsgrund (41) heißt es: „Die Rückverfolgbarkeit von Produkten anhand eines Systems der einmaligen Produktkennung (im Folgenden „UDI-System” — Unique Device Identification System), das auf internationalen Leitlinien beruht, sollte die Effektivität sicherheitsrelevanter Aktivitäten für Produkte nach dem Inverkehrbringen deutlich verbessern, was auf eine bessere Berichterstattung bei Vorkommnissen, gezielte Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld und eine bessere Überwachung durch die zuständigen Behörden zurückzuführen ist. Das System könnte auch dazu beitragen, ärztliche Kunstfehler zu reduzieren und Produktfälschungen zu bekämpfen. Die Verwendung des UDI-Systems sollte außerdem die Beschaffungspolitik, Abfallbeseitigung und Lagerverwaltung von Gesundheitseinrichtungen und anderen Wirtschaftsakteuren verbessern und möglichst mit anderen, in diesem Rahmen bereits vorhandenen Authentifizierungssystemen vereinbar sein.”
In Erwägungsgrund (41) heißt es: „Die Rückverfolgbarkeit von Produkten anhand eines Systems der einmaligen Produktkennung (im Folgenden „UDI-System” — Unique Device Identification System), das auf internationalen Leitlinien beruht, sollte die Effektivität sicherheitsrelevanter Aktivitäten für Produkte nach dem Inverkehrbringen deutlich verbessern, was auf eine bessere Berichterstattung bei Vorkommnissen, gezielte Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld und eine bessere Überwachung durch die zuständigen Behörden zurückzuführen ist. Das System könnte auch dazu beitragen, ärztliche Kunstfehler zu reduzieren und Produktfälschungen zu bekämpfen. Die Verwendung des UDI-Systems sollte außerdem die Beschaffungspolitik, Abfallbeseitigung und Lagerverwaltung von Gesundheitseinrichtungen und anderen Wirtschaftsakteuren verbessern und möglichst mit anderen, in diesem Rahmen bereits vorhandenen Authentifizierungssystemen vereinbar sein.”
Erwägungsgrund (42)
Desweitern heißt es in Erwägungsgrund (42): „Das UDI-System sollte für alle in Verkehr gebrachten Produkte mit Ausnahme von Sonderanfertigungen gelten und auf international anerkannten Grundsätzen einschließlich Begriffsbestimmungen basieren, die mit den von den wichtigsten Handelspartnern verwendeten kompatibel sind. Damit das UDI-System rechtzeitig für die Anwendung dieser Verordnung einsatzbereit ist, sollten in dieser Verordnung detaillierte Vorschriften festgelegt werden.”
Desweitern heißt es in Erwägungsgrund (42): „Das UDI-System sollte für alle in Verkehr gebrachten Produkte mit Ausnahme von Sonderanfertigungen gelten und auf international anerkannten Grundsätzen einschließlich Begriffsbestimmungen basieren, die mit den von den wichtigsten Handelspartnern verwendeten kompatibel sind. Damit das UDI-System rechtzeitig für die Anwendung dieser Verordnung einsatzbereit ist, sollten in dieser Verordnung detaillierte Vorschriften festgelegt werden.”
Der Verweis auf internationale Leitlinien sowie auf bereits vorhandene Authentifizierungssysteme bezieht sich dabei u. a. auf die Empfehlungen des IMDRF (International Medical Device Regulators Forum) und die schon vorher eingeführten UDI-Systeme in anderen Regionen, wie z. B. der UDI-Kennzeichnung, die von der US-amerikanischen FDA schon seit mehreren Jahren gefordert wird. Damit sichergestellt werden kann, dass jeder UDI-Code einzigartig ist, werden diese Codes von sogenannten Zuteilungsstellen vergeben, die selbst dokumentieren, welche Codes beispielsweise an welchen Hersteller abgegeben wurden. Dadurch kann der Hersteller allein über den UDI-Code identifiziert werden.
Voraussetzung für den Aufbau und die Verwendung des UDI-Systems durch den Hersteller ist somit die Auswahl und eine vertragliche Regelung zwischen dem Hersteller und einer von der Kommission benannten Zuteilungsstelle gemäß Artikel 27 Abs. 2 MDR i. V. m. dem Durchführungsbeschluss (EU) 2019/939 [7] über die „Benennung der Zuteilungsstellen, die für den Betrieb eines Systems zur Zuteilung von eindeutigen Produktidentifikationen im Bereich der Medizinprodukte benannt sind”. Mit dem Durchführungsbeschluss wurden die nachfolgenden vier Zuteilungsstellen
• | GS1 AISBL, |
• | HIBCC (Health Industry Business Communications Council), |
• | ICCBBA und die |
• | IFA GmbH (Informationsstelle für Arzneispezialitäten) |
für fünf Jahre benannt.
UDI-DI und UDI-PI
Die UDI eines Produkts besteht aus zwei Komponenten: einer UDI-DI (UDI Device Identifier) und einer UDI-PI (UDI Production Identifier), diese sind wie folgt definiert (s. Anhang VI Teil C Nr. 1 MDR):
Die UDI eines Produkts besteht aus zwei Komponenten: einer UDI-DI (UDI Device Identifier) und einer UDI-PI (UDI Production Identifier), diese sind wie folgt definiert (s. Anhang VI Teil C Nr. 1 MDR):
• | UDI-DI: „Die UDI-DI ist ein einmaliger numerischer oder alphanumerischer Code, der einem Produktmodell eigen ist und der auch als „Zugangsschlüssel” zu Informationen in einer UDI-Datenbank dient.” Zu den mit der UDI-DI verbundenen Informationen handelt es sich um die Identifikation des Herstellers und des Produktmodells, z. B. über die Artikelnummer. |
• | UDI-PI: „Die UDI-PI ist ein numerischer oder alphanumerischer Code, mit dem die Produktionseinheit des Produkts gekennzeichnet wird. Zu den verschiedenen Arten der UDI-PI gehören die Seriennummer, die Losnummer, die Software-Identifikation und das Herstellungs- oder Verfallsdatum oder beide Daten.” |
Definition Basis-UDI-DI
Davon zu unterscheiden ist die Basis-UDI-DI: „Die Basis-UDI-DI ist die primäre Kennung eines Produktmodells. Es ist die DI, die auf Ebene der Gebrauchseinheit des Produkts zugewiesen wird. Sie ist das wichtigste Ordnungsmerkmal für Datensätze in der UDI-Datenbank und ist in den einschlägigen Bescheinigungen und EU-Konformitätserklärungen ausgewiesen.” Dabei handelt es sich um eine übergeordnete Kennzeichnung, die für die technische Dokumentation sowie für die Produktregistrierung in der UDI-Datenbank erforderlich ist und die mehrere Produkte zusammenfasst, z. B. eine Gruppe von Produkten einer Baureihe mit unterschiedlicher Größe (Durchmesser, Länge, ...). In Anhang VI Teil C Nr. 1 MDR finden sich weitere Begriffsbestimmungen im Zusammenhang mit dem UDI-System.
Davon zu unterscheiden ist die Basis-UDI-DI: „Die Basis-UDI-DI ist die primäre Kennung eines Produktmodells. Es ist die DI, die auf Ebene der Gebrauchseinheit des Produkts zugewiesen wird. Sie ist das wichtigste Ordnungsmerkmal für Datensätze in der UDI-Datenbank und ist in den einschlägigen Bescheinigungen und EU-Konformitätserklärungen ausgewiesen.” Dabei handelt es sich um eine übergeordnete Kennzeichnung, die für die technische Dokumentation sowie für die Produktregistrierung in der UDI-Datenbank erforderlich ist und die mehrere Produkte zusammenfasst, z. B. eine Gruppe von Produkten einer Baureihe mit unterschiedlicher Größe (Durchmesser, Länge, ...). In Anhang VI Teil C Nr. 1 MDR finden sich weitere Begriffsbestimmungen im Zusammenhang mit dem UDI-System.
Jede Produkt-UDI ist sowohl in maschinenlesbarer Form (Barcode, Matrixcode, RFID) als auch in für Menschen lesbarer Form mithilfe eines „UDI-Trägers” auf der Kennzeichnung anzubringen (Artikel 27 Abs. 4 MDR).
Artikel 27
Gemäß Artikel 27 Abs. 1 MDR wird aus der UDI-DI und der UDI-PI die oben beschriebene Produkt-UDI erstellt, und soll in Form eines „UDI-Trägers” als Kennzeichnung auf dem Produkt oder seiner Verpackung sowie auf allen höheren Verpackungsebenen angebracht werden. Die Weitergabe vom Hersteller über die Wirtschaftsakteure/Handelsketten zu Gesundheitseinrichtungen und Angehörigen der Gesundheitsberufe soll bei jeder Weitergabe anhand der UDI dokumentiert werden, grundsätzlich sogar bis zum Ort der Anwendung.
Gemäß Artikel 27 Abs. 1 MDR wird aus der UDI-DI und der UDI-PI die oben beschriebene Produkt-UDI erstellt, und soll in Form eines „UDI-Trägers” als Kennzeichnung auf dem Produkt oder seiner Verpackung sowie auf allen höheren Verpackungsebenen angebracht werden. Die Weitergabe vom Hersteller über die Wirtschaftsakteure/Handelsketten zu Gesundheitseinrichtungen und Angehörigen der Gesundheitsberufe soll bei jeder Weitergabe anhand der UDI dokumentiert werden, grundsätzlich sogar bis zum Ort der Anwendung.
Entsprechend Artikel 27 Abs. 3 MDR muss der Hersteller seinen Produkten, ausgenommen Sonderanfertigungen, bevor er diese in Verkehr bringt, eine UDI unter Berücksichtigung von Anhang VI Teil B MDR zuweisen und – ab den in Artikel 123 Abs. 3 Nr. f) und g) MDR genannten Fristen – am Produkt bzw. auf dessen Verpackung sowie auf allen höheren Verpackungsebenen anbringen. Für Produkte und die jeweiligen Verpackungsebenen (Einzelstück, Verpackungseinheit, ...) sind unterschiedliche UDI-Codes erforderlich, die die jeweilige Konfiguration (z. B. Menge) abbilden.
Diese Anforderungen gelten auch dann, wenn der Hersteller Systeme bzw. Behandlungseinheiten gemäß Artikel 22 MDR in Verkehr bringen möchte.
Hersteller verpflichten sich somit, die Anforderungen gemäß Artikel 27 MDR im Zusammenhang mit dem UDI-System zu erfüllen, dies betrifft insbesondere die Anforderungen gemäß Artikel 27 Absätze 3 bis 8 MDR, d. h. die Verpflichtungen,
• | jedem Produkt – außer Sonderanfertigungen – eine UDI zuzuweisen, |
• | die UDI-Träger auf der Kennzeichnung anzubringen, |
• | die UDI für Meldungen von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen zu verwenden und |
• | die Basis-UDI-DI in die Konformitätserklärung und in die technische Dokumentation aufzunehmen. |
Da die UDI-Codes auch in die technische Dokumentation aufgenommen werden sollen, regelt Artikel 29 Abs. 3 MDR, dass für Produkte, deren Konformitätsbewertungsverfahren die Mitwirkung einer Benannten Stelle erfordert, die Basis-UDI-DI bereits vor Beauftragung der Benannten Stelle zugewiesen und im Antrag an die Benannte Stelle genannt werden muss.
Die UDI unterliegt ebenfalls dem Änderungswesen und muss je nach Änderung angepasst werden. Eine gute Übersicht wie die UDI aufgebaut ist, welche Informationen darin verschlüsselt werden können und welche Auswirkungen eine Änderung haben kann, bietet die Leitlinie der UDI Working Group: UDIWG 2018-2 [8] – „The architecture of the UDI database – Basic UDI-DI and UDI-DI attributes for Medical devices and in-vitro diagnostic medical devices. ”
Die Anforderungen der MDR an die UDI-Kennzeichnung überschneidet sich stark mit der Leitlinie IMDRF/UDI WG/N48 FINAL:2019 [9] „Unique Device Identification system (UDI-System) Application Guide” die aktuell alle Länder, die die Anwendung der UDI fordern, als Grundlage betrachten.
Weitere Informationen bieten die diversen MDCG Guidelines, die auf der Kommissionswebsite veröffentlicht sind [10] , sowie die entsprechenden FAQ-Dokumente.
Ausgewiesene Stellen der Basis-UDI-DI
Somit ergibt sich zusammenfassend, dass die UDI auf der Kennzeichnung erscheinen muss, hingegen die Basis-UDI-DI nicht. Die Basis-UDI-DI muss laut der MDR an folgenden Stellen ausgewiesen werden:
Somit ergibt sich zusammenfassend, dass die UDI auf der Kennzeichnung erscheinen muss, hingegen die Basis-UDI-DI nicht. Die Basis-UDI-DI muss laut der MDR an folgenden Stellen ausgewiesen werden:
• | EU-Konformitätserklärung (Artikel 27 (6) (MDR) und Anhang VI (MDR)) |
• | technische Dokumentation (Anhang II (MDR)) |
• | EU-Bescheinigungen Benannter Stellen (Anhang XII (MDR)) (MDCG 2021-19) |
• | Eudamed-Datenbank bei der Produktregistrierung (Artikel 29 und Anhang VI (MDR)) |
• | Kurzbericht über die Sicherheit und klinische Leistung (Artikel 32 (MDR)) |
• | Freiverkaufszertifikaten (Artikel 60 (MDR)) |
• | Meldeformularen für Vorkommnismeldungen (MIR-Form, MDCG 2021-19) |
• | Berichten über die Überwachung nach dem Inverkehrbringen nach Art. 85 MDR bzw. den regelmäßig aktualisierten Berichten über die Sicherheit (PSUR) nach Artikel 86 MDR (siehe: MDCG 2021-19). |
Registrierung von Produkten
Mit Artikel 29 MDR wird erstmals europaweit ein System für die Registrierung von Produkten eingeführt, das wesentlich auf der Produktidentifikation über die UDI-Codes basiert. Das hier beschriebene Verfahren über das UDI-Modul der Eudamed-Datenbank (nachfolgend kurz: Eudamed) wird gemäß Artikel 123 Abs. 3 lit. d) MDR erst sechs Monate nach Bestätigung der vollen Funktionsfähigkeit von Eudamed verpflichtend sein. Bis dahin gelten die bisherigen Produktregistrierungspflichten gemäß den Medizinprodukterichtlinien (MDD, AIMDD) weiter.
Mit Artikel 29 MDR wird erstmals europaweit ein System für die Registrierung von Produkten eingeführt, das wesentlich auf der Produktidentifikation über die UDI-Codes basiert. Das hier beschriebene Verfahren über das UDI-Modul der Eudamed-Datenbank (nachfolgend kurz: Eudamed) wird gemäß Artikel 123 Abs. 3 lit. d) MDR erst sechs Monate nach Bestätigung der vollen Funktionsfähigkeit von Eudamed verpflichtend sein. Bis dahin gelten die bisherigen Produktregistrierungspflichten gemäß den Medizinprodukterichtlinien (MDD, AIMDD) weiter.
Verpflichtende Informationen
Sobald die UDI-Datenbank von Eudamed gemäß Artikel 28 MDR jedoch implementiert und voll funktionsfähig ist, soll der Hersteller in das UDI-Modul von Eudamed für jedes seiner Produkte die UDI-DI und weitere Informationen über sich als Hersteller und zu seinem Produkt gemäß Artikel 29 Abs. 1 und 2 MDR i. V. m. Anhang VI Teil B MDR eingeben. Dabei gilt Absatz 1 von Artikel 29 MDR für (Medizin-)Produkte und Absatz 2 für Systeme und Behandlungseinheiten. Die verpflichtenden Informationen gemäß Anhang VI Teil B MDR sind für Produkte und Systeme sowie Behandlungseinheiten gleich, dazu gehören u. a.
Sobald die UDI-Datenbank von Eudamed gemäß Artikel 28 MDR jedoch implementiert und voll funktionsfähig ist, soll der Hersteller in das UDI-Modul von Eudamed für jedes seiner Produkte die UDI-DI und weitere Informationen über sich als Hersteller und zu seinem Produkt gemäß Artikel 29 Abs. 1 und 2 MDR i. V. m. Anhang VI Teil B MDR eingeben. Dabei gilt Absatz 1 von Artikel 29 MDR für (Medizin-)Produkte und Absatz 2 für Systeme und Behandlungseinheiten. Die verpflichtenden Informationen gemäß Anhang VI Teil B MDR sind für Produkte und Systeme sowie Behandlungseinheiten gleich, dazu gehören u. a.
• | Menge pro Packung, |
• | die Basis-UDI-DI gemäß Artikel 29 MDR und alle zusätzlichen UDI-DI, |
• | Art der Kontrolle der Herstellung des Produkts (Verfallsdatum oder Herstellungsdatum, Losnummer, Seriennummer), |
• | gegebenenfalls die UDI-DI der Gebrauchseinheit, |
• | Name und Anschrift des Herstellers (wie auf der Kennzeichnung angegeben), |
• | die SRN (Single Registration Number) gemäß Artikel 31 Absatz 2 MDR, |
• | gegebenenfalls Name und Anschrift des Bevollmächtigten (wie auf der Kennzeichnung angegeben). |
Mit dem MDCG-Dokument MDCG 2010-5 [11] („Registration of legacy devices in Eudamed”) wird festgestellt, dass für die sogenannten „legacy devices” (Produkte, die mit gültigen MDD/AIMDD-Zertifikaten gemäß Artikel 120 Abs. 3 MDR im Rahmen der Übergangsvorschriften weiterhin in Verkehr gebracht werden dürfen) zwar keine Pflicht zur Zuteilung einer UDI besteht, dass aber eine Registrierung dieser Produkte in Eudamed wünschenswert sei und anstelle einer vom Hersteller vergebenen UDI eine von Eudamed vergebene Schlüsselnummer (Eudamed DI = Device Identifier) für die Identifizierung sorgen soll. Da die Pflicht für die Produktregistrierungen in Eudamed erst sechs Monate nach der Bekanntmachung der vollen Funktionsfähigkeit von Eudamed gemäß Artikel 34 Abs. 3 MDR besteht und Eudamed als Ganzes voraussichtlich erst zum Ende der derzeit gültigen Übergangsfrist voll funktionsfähig sein wird, erscheint es fraglich, ob eine Registrierung von „legacy devices” in Eudamed noch sinnvoll ist, da „legacy devices” nach heutigem Stand (Juni 2022) ab 26. Mai 2024 ohnehin nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen.
Für die Produktregistrierung in Eudamed steht seit Anfang Oktober 2021 ein Testmodul im sogenannten Eudamed Playground zur Eingabe der Daten zur Verfügung. Im Eudamed Playground registrierte Hersteller können über ihre Eudamed Playground-Zugangsdaten auch Produkte registrieren.
Hinweis
Die registrierten Produkte können über die Suchfunktionen der öffentlichen Eudamed-Seite [12] im Detail eingesehen werden.
Die registrierten Produkte können über die Suchfunktionen der öffentlichen Eudamed-Seite [12] im Detail eingesehen werden.
Registrierung des Herstellers als Wirtschaftsakteur
Artikel 31 MDR regelt die Registrierungspflichten der Wirtschaftsakteure über Eudamed. Gemäß MDR sind alle Hersteller registrierungspflichtig, bei Herstellern ohne Sitz in der EU/im EWR zusätzlich auch der Bevollmächtigte sowie der oder die Importeure.
Artikel 31 MDR regelt die Registrierungspflichten der Wirtschaftsakteure über Eudamed. Gemäß MDR sind alle Hersteller registrierungspflichtig, bei Herstellern ohne Sitz in der EU/im EWR zusätzlich auch der Bevollmächtigte sowie der oder die Importeure.
Die Registrierung von EU-Herstellern in Eudamed erfolgt nach Einrichtung eines entsprechenden Zugangs zur Datenbank und Eingabe von Kontaktdaten des Herstellers sowie seiner für die Einhaltung der Registrierungsvorschriften verantwortlichen Person(en) gemäß Artikel 15 MDR. Nach Abschluss der Registrierung wird der Datensatz an die zuständige Behörde (in Deutschland die zuständige Landesbehörde) weitergeleitet, dort validiert und von der Behörde freigegeben. In diesem Zusammenhang wird dem Hersteller eine einmalige Registrierungsnummer zugewiesen (SRN = single registration number) mit folgendem Format: DE-MF-0000XXXXX, d. h.
• | Ländercode (z. B. DE für Deutschland), | ||||||
• | Abkürzung für den Wirtschaftsakteur:
| ||||||
• | gefolgt von einer neunstelligen Nummer. |
Die Registrierung von Herstellern ohne Sitz in der EU/im EWR erfordert zunächst die Registrierung ihres Bevollmächtigten, die entsprechend durchzuführen ist und zu einer SRN für den Bevollmächtigten führt.
Dann kann der Nicht-EU-Hersteller sich selbst registrieren, benötigt dazu aber die SRN des Bevollmächtigten und muss – anders als ein EU-Hersteller – zusätzlich ein „Mandate Summary Document” hochladen, in dem auch die vom Mandat des Bevollmächtigten umfassten Produkte aufgeführt sind.
Nach Abschluss der Registrierung wird der Datensatz zunächst an den Bevollmächtigten weitergeleitet, der die Informationen des Herstellers verifiziert und dann den Registrierungsantrag an die für ihn zuständige Behörde weiterleiten oder den Hersteller auffordern kann, die Registrierungsdaten zu korrigieren. Nach Weiterleitung an die Behörde erhält der Hersteller dann die SRN. Das MDCG-Dokument MDCG 2021-13 rev 1 [13] („Questions and answers on obligations and related rules for the registration in EUDAMED of actors other than manufacturers, authorised representatives and importers subject to the obligations of Article 31 MDR and Article 28 IVDR”) beschäftigt sich dem Titel nach mit den Registrierungspflichten für Wirtschaftsakteure, die weder Hersteller noch Bevollmächtigte oder Importeure sind. Tatsächlich geht es auf die Registrierungsanforderungen für Hersteller von Sonderanfertigungen, Hersteller von „legacy devices” (Produkte, die über gültige MDD-/AIMDD-Zertifikate verfügen und gemäß Artikel 120 Abs. 3 MDR weiterhin in Verkehr gebracht werden dürfen), Hersteller von „old devices” (Produkte, die vor Geltungsbeginn der MDR zuletzt in Verkehr gebracht wurden) und Hersteller von Systemen und Behandlungseinheiten ein und gibt Auskunft über eventuelle Registrierungspflichten in Eudamed.
Hinweis
Nicht nur die registrierten Produkte, sondern auch die registrierten Wirtschaftsakteure können über die Suchfunktionen der öffentlichen Eudamed-Seite im Detail eingesehen werden.
Nicht nur die registrierten Produkte, sondern auch die registrierten Wirtschaftsakteure können über die Suchfunktionen der öffentlichen Eudamed-Seite im Detail eingesehen werden.
Zusammenfassung
Zusammenfassend werden in Artikel 10 Abs. 6 MDR die Vorschriften adressiert, die Hersteller umsetzen müssen, damit sowohl ihre Rolle als Hersteller als auch die in Verkehr gebrachten Produkte registriert und alle Informationen für die Behörden verfügbar gemacht werden können. Die in diesem Abschnitt adressierten Vorschriften gelten verbindlich nur für MDR-konforme Produkte. Für sog. „legacy devices”, die mit gültigen MDD/AIMDD-Zertifikaten gemäß Artikel 120 Abs. 3 MDR im Rahmen der Übergangsvorschriften weiterhin in Verkehr gebracht werden dürfen, gelten die bisherigen Registrierungspflichten für Produkte und Wirtschaftsakteure auch weiterhin, es ist jedoch jedem Hersteller freigestellt, auch „legacy devices” mit einer UDI zu versehen, sich als Wirtschaftsakteur eine einmalige Registrierungsnummer (SRN = single registration number) zuteilen zu lassen und/oder Produkte in Eudamed zu registrieren. Legacy Produkte müssen jedoch spätestens ab dem Zeitpunkt in die Eudamed eingetragen werden, ab dem es ein meldepflichtiges schwerwiegendes Vorkommnis oder eine andere Vigilanz-Aktivität gibt.
Zusammenfassend werden in Artikel 10 Abs. 6 MDR die Vorschriften adressiert, die Hersteller umsetzen müssen, damit sowohl ihre Rolle als Hersteller als auch die in Verkehr gebrachten Produkte registriert und alle Informationen für die Behörden verfügbar gemacht werden können. Die in diesem Abschnitt adressierten Vorschriften gelten verbindlich nur für MDR-konforme Produkte. Für sog. „legacy devices”, die mit gültigen MDD/AIMDD-Zertifikaten gemäß Artikel 120 Abs. 3 MDR im Rahmen der Übergangsvorschriften weiterhin in Verkehr gebracht werden dürfen, gelten die bisherigen Registrierungspflichten für Produkte und Wirtschaftsakteure auch weiterhin, es ist jedoch jedem Hersteller freigestellt, auch „legacy devices” mit einer UDI zu versehen, sich als Wirtschaftsakteur eine einmalige Registrierungsnummer (SRN = single registration number) zuteilen zu lassen und/oder Produkte in Eudamed zu registrieren. Legacy Produkte müssen jedoch spätestens ab dem Zeitpunkt in die Eudamed eingetragen werden, ab dem es ein meldepflichtiges schwerwiegendes Vorkommnis oder eine andere Vigilanz-Aktivität gibt.
2.8 Absatz 8 − Bereithalten der technischen Dokumentation
„(8) Die Hersteller halten den zuständigen Behörden die technische Dokumentation, die EU-Konformitätserklärung sowie gegebenenfalls eine Kopie von gemäß Artikel 56 ausgestellten einschlägigen Bescheinigungen einschließlich etwaiger Änderungen und Nachträge noch mindestens zehn Jahre, nachdem das letzte von der EU-Konformitätserklärung erfasste Produkt in Verkehr gebracht wurde, zur Verfügung. Bei implantierbaren Produkten beträgt dieser Zeitraum mindestens 15 Jahre ab Inverkehrbringen des letzten Produkts. Auf Ersuchen einer zuständigen Behörde legt der Hersteller — wie angefordert — entweder die vollständige technische Dokumentation oder eine Zusammenfassung dieser Dokumentation vor. Ein Hersteller mit eingetragener Niederlassung außerhalb der Union stellt sicher, dass seinem Bevollmächtigten die erforderliche Dokumentation durchgängig zugänglich ist, damit dieser die in Artikel 11 Absatz 3 genannten Aufgaben wahrnehmen kann.”
Die Regelungen dieses Absatzes von Artikel 10 MDR betreffen die Dokumentations- und Archivierungspflichten der Hersteller. Vom Hersteller müssen folgende Unterlagen für die zuständige Behörde zur Verfügung gehalten werden:
Dokumente/Nachweise | Anmerkungen |
---|---|
technische Dokumentation gemäß Anhängen II und III MDR | vollständig oder als Zusammenfassung |
EU-Konformitätserklärung gemäß Artikel 19 MDR | |
EU-Konformitätsbescheinigungen gemäß Artikel 56 MDR | als Kopie |
Übersicht über alle Änderungen | so vorhanden |
Übersicht über Nachträge | so vorhanden |
Die Begrifflichkeit „zur Verfügung halten” bedeutet dabei, dass die Unterlagen auf Anfrage ohne wesentliche Verzögerungen bereitgestellt werden können.
Die technische Dokumentation, die EU-Konformitätserklärung sowie weitere Bescheinigungen (siehe Artikel 56) müssen mindestens zehn Jahre nach Inverkehrbringen des letzten Produkts, das von der Konformitätsbewertung abgedeckt ist, aufbewahrt werden und den Behörden zur Verfügung stehen. Für implantierbare Produkte gilt ein Zeitrahmen von 15 Jahren.
Die Dokumentation muss den gesamten Produktlebenszyklus inklusive aller Änderungen enthalten, wobei es bei bestimmten Implantaten (z. B. koronaren oder peripheren Stents (Gefäßstützen, Gelenkimplantaten) fraglich ist, ob für diese das Ende der Archivierungsdauer auch das Ende des Produktlebenszyklus ist, denn bei einigen Implantaten dürfte die Lebensdauer der implantierten Produkte länger sein als die Archivierungsdauer.
Sollten diese Dokumente von einer Behörde angefragt werden, dann kann diese entweder die komplette technische Dokumentation oder eine Zusammenfassung anfordern.
Bevollmächtigte eines Herstellers, der nur einen Sitz außerhalb der EU hat, müssen jederzeit Zugang zu der technischen Dokumentation haben, um ihre Aufgaben als Bevollmächtigte ausführen zu können. Dazu gehört die Verpflichtung, den Behörden auf Anfrage die technische Dokumentation zur Verfügung zu stellen. Diese Aufgaben sind näher in Artikel 11 Absatz 3 beschrieben.
Hinweis:
Gemäß dem MDCG-Dokument MDCG 2021-25 [14] („Regulation (EU) 2017/745 – application of MDR requirements to ’legacy devices' and to devices placed on the market prior to 26 May 2021 in accordance with Directives 90/385/EEC or 93/42/EEC”) besteht die Pflicht des Herstellers oder des Bevollmächtigten zur Bereithaltung der technischen Dokumentation gemäß MDR nur für Produkte, für die die Konformität mit der MDR nachgewiesen wurde, nicht aber für sog. „legacy devices”. Allerdings können Behörden auch für „legacy devices” die Unterlagen zur Konformitätsbewertung gemäß MDD oder AIMDD vom Hersteller oder seinem Bevollmächtigten anfordern, diese müssen aber nicht der gemäß Anhängen II und III MDR geforderten Struktur entsprechen.
Gemäß dem MDCG-Dokument MDCG 2021-25 [14] („Regulation (EU) 2017/745 – application of MDR requirements to ’legacy devices' and to devices placed on the market prior to 26 May 2021 in accordance with Directives 90/385/EEC or 93/42/EEC”) besteht die Pflicht des Herstellers oder des Bevollmächtigten zur Bereithaltung der technischen Dokumentation gemäß MDR nur für Produkte, für die die Konformität mit der MDR nachgewiesen wurde, nicht aber für sog. „legacy devices”. Allerdings können Behörden auch für „legacy devices” die Unterlagen zur Konformitätsbewertung gemäß MDD oder AIMDD vom Hersteller oder seinem Bevollmächtigten anfordern, diese müssen aber nicht der gemäß Anhängen II und III MDR geforderten Struktur entsprechen.
2.9 Absatz 9 − Qualitätsmanagementsystem
„(9) Die Hersteller sorgen dafür, dass sie über Verfahren verfügen, die gewährleisten, dass die Anforderungen dieser Verordnung auch bei serienmäßiger Herstellung jederzeit eingehalten werden. Änderungen an der Auslegung des Produkts oder an seinen Merkmalen sowie Änderungen der harmonisierten Normen oder der GS, auf die bei Erklärung der Konformität eines Produkts verwiesen wird, werden zeitgerecht angemessen berücksichtigt. Die Hersteller von Produkten, bei denen es sich nicht um Prüfprodukte handelt, müssen ein Qualitätsmanagementsystem einrichten, dokumentieren, anwenden, aufrechterhalten, ständig aktualisieren und kontinuierlich verbessern, das die Einhaltung dieser Verordnung auf die wirksamste Weise sowie einer der Risikoklasse und der Art des Produkts angemessenen Weise gewährleistet.
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst alle Teile und Elemente der Organisation eines Herstellers, die mit der Qualität der Prozesse, Verfahren und Produkte befasst sind. Es steuert die erforderliche Struktur und die erforderlichen Verantwortlichkeiten, Verfahren, Prozesse und Managementressourcen zur Umsetzung der Grundsätze und Maßnahmen, die notwendig sind, um die Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung zu erreichen.
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:
a) ein Konzept zur Einhaltung der Regulierungsvorschriften, was die Einhaltung der Konformitätsbewertungsverfahren und der Verfahren für das Management von Änderungen an den von dem System erfassten Produkten mit einschließt;
b) die Feststellung der anwendbaren grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen und die Ermittlung von Möglichkeiten zur Einhaltung dieser Anforderungen;
c) die Verantwortlichkeit der Leitung;
d) das Ressourcenmanagement, einschließlich der Auswahl und Kontrolle von Zulieferern und Unterauftragnehmern;
e) das Risikomanagement gemäß Anhang I Abschnitt 3;
f) die klinische Bewertung gemäß Artikel 61 Anhang XIV einschließlich der klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen;
g) die Produktrealisierung einschließlich Planung, Auslegung, Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung von Dienstleistungen;
h) die Überprüfung der Zuteilung der UDI gemäß Artikel 27 Absatz 3 für alle einschlägigen Produkte und die Gewährleistung der Kohärenz und der Validität der gemäß Artikel 29 gelieferten Informationen;
i) die Aufstellung, Anwendung und Aufrechterhaltung eines Systems zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen gemäß Artikel 83;
j) die Kommunikation mit den zuständigen Behörden, Benannten Stellen, weiteren Wirtschaftsakteuren, Kunden und/oder anderen interessierten Kreisen;
k) die Verfahren für die Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld im Rahmen der Vigilanz;
l) das Management korrektiver und präventiver Maßnahmen und die Überprüfung ihrer Wirksamkeit;
m) Verfahren zur Überwachung und Messung der Ergebnisse, Datenanalyse und Produktverbesserung.”
Keine bestimmte Norm gemeint
Jeder Hersteller muss ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) einrichten, dokumentieren, anwenden, aufrechterhalten, ständig aktualisieren und kontinuierlich verbessern, das der Risikoklasse und der Art des Produkts angemessen ist. Hier sei darauf hingewiesen, dass die MDR nicht von einer Zertifizierung gemäß einer bestimmten Norm wie z. B. der DIN EN ISO 13485:2021-12 (im Folgenden kurz EN ISO 13485 genannt), der DIN EN ISO 9001:2015-11 (im Folgenden kurz EN ISO 9001 genannt) oder weiterer Normen spricht, sondern nur auf ein konformes QMS verweist.
Jeder Hersteller muss ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) einrichten, dokumentieren, anwenden, aufrechterhalten, ständig aktualisieren und kontinuierlich verbessern, das der Risikoklasse und der Art des Produkts angemessen ist. Hier sei darauf hingewiesen, dass die MDR nicht von einer Zertifizierung gemäß einer bestimmten Norm wie z. B. der DIN EN ISO 13485:2021-12 (im Folgenden kurz EN ISO 13485 genannt), der DIN EN ISO 9001:2015-11 (im Folgenden kurz EN ISO 9001 genannt) oder weiterer Normen spricht, sondern nur auf ein konformes QMS verweist.
In der Praxis hat sich für viele Hersteller die Einhaltung der EN ISO 13485 als State of the Art durchgesetzt; diese allein ist zur Belegung aller Anforderungen an ein QMS jedoch nicht ausreichend. Es gibt auch Hersteller, die aufgrund der Risikoklasse der Produkte nur ein EN ISO 9001-System plus die Anforderungen der MDR einführen oder ganz auf ein nach einer Norm zertifiziertes QMS verzichten. Eine entsprechende Bewertung dieser Ausführung obliegt dem Hersteller des jeweiligen Medizinprodukts und dem regulatorischen Rahmen, in dem er sich bewegt.
2.9.1 ISO 13485 oder ISO 9001 – Welcher Standard ist geeignet?
Es gilt zu berücksichtigen, dass gemäß des Durchführungsbeschlusses (EU) 2021/1182 vom 16. Juli 2021 über die harmonisierten Normen für Medizinprodukte (umgangssprachlich „Liste der harmonisierten Normen”) nur die EN ISO 13485 als harmonisierte Norm aufgeführt ist. Somit ist auch nur die EN ISO 13485 als Konformitätsnachweis für die Einhaltung der Anforderung nach einem Qualitätsmanagementsystem geeignet, da für Normen, die mit der MDR harmonisiert sind, Konformität mit den entsprechenden Anforderungen der MDR vermutet wird (s. Kap. 02008). Die ISO 9001 wird in dieser Liste nicht aufgeführt, d. h., die Einhaltung dieser Norm löst keine Konformitätsvermutung mit den Anforderungen der MDR aus.
13485 wurde novelliert
Die EN ISO 13485:2021-12 wurde für diese Konformitätsvermutung im Jahr 2021 novelliert. In dieser Überarbeitung wurden die bisherigen Anhänge ZA, ZB und ZC (die die Übereinstimmung bzw. Lücken der Norm gegenüber den Anforderungen der AIMDD (Anhang ZA), der MDD (Anhang ZB) und der IVDD (Anhang ZC) darstellen) aktualisiert. In der 2021-Version sind nur die Anhänge ZA und ZB enthalten. Im Anhang ZA sind die Zusammenhänge zwischen der EN ISO 13485 und den Anforderungen der abzudeckenden Verordnung (EU) 2017/745 und im Anhang ZB die Zusammenhänge zwischen der EN ISO 13485 und den Anforderungen der abzudeckenden Verordnung (EU) 2017/746 beschrieben.
Die EN ISO 13485:2021-12 wurde für diese Konformitätsvermutung im Jahr 2021 novelliert. In dieser Überarbeitung wurden die bisherigen Anhänge ZA, ZB und ZC (die die Übereinstimmung bzw. Lücken der Norm gegenüber den Anforderungen der AIMDD (Anhang ZA), der MDD (Anhang ZB) und der IVDD (Anhang ZC) darstellen) aktualisiert. In der 2021-Version sind nur die Anhänge ZA und ZB enthalten. Im Anhang ZA sind die Zusammenhänge zwischen der EN ISO 13485 und den Anforderungen der abzudeckenden Verordnung (EU) 2017/745 und im Anhang ZB die Zusammenhänge zwischen der EN ISO 13485 und den Anforderungen der abzudeckenden Verordnung (EU) 2017/746 beschrieben.
Beim Lesen des Anhangs ZA wird man ernüchternd feststellen, dass die Erfüllung der Anforderungen der EN ISO 13485 keineswegs für die vollständige Erfüllung der MDR-Anforderungen an ein QMS ausreichend ist. Von den ungefähr 84 Anforderungen aus der MDR werden lediglich 23 als abgedeckt, 40 als teilweise abgedeckt und 21 als nicht abgedeckt aufgeführt (s. Abschn. 2.9.4).
2.9.2 Ist eine Zertifizierung des Qualitätsmanagement-Systems nach ISO 13485 erforderlich?
Für die Entscheidung, ob das QMS eines Medizinprodukteherstellers zertifiziert sein muss oder nicht, ist die Risikoklassifizierung des Medizinprodukts ausschlaggebend.
Auswahl des Konformitätsbewertungsverfahren
Für die Auswahl des Konformitätsbewertungsverfahrens sind die Anforderungen an die Wahl des Konformitätsbewertungsverfahrens gemäß Artikel 52 der MDR zu berücksichtigen (s. Kap. 02052).
Kurz zusammengefasst können die Anforderungen des Artikels 52 MDR wie folgt verstanden werden: Hersteller von Medizinprodukten der Klassen III, IIb, IIa, Is, Im und Ir müssen ein Konformitätsbewertungsverfahren gemäß den Anhängen: IX, X oder XI in Zusammenarbeit mit einer Benannten Stelle (Notified Body) durchführen. Hersteller von Produkten der Klasse I, die nicht steril in Verkehr gebracht werden, keine Messfunktion haben oder bei denen es sich nicht um wiederverwendbare chirurgische Instrumente handelt, erklären die Konformität für ihre Produkte eigenverantwortlich durch das Ausstellen einer Konformitätserklärung. Auch diese Hersteller müssen ein QMS erstellen aber nicht zwingend von einer Benannten Stelle zertifizieren lassen.
Abb. 2: Übersicht über die Auswahl des Konformitätsbewertungsverfahrens gemäß Artikel 52 MDR (Quelle: CRConsultants GmbH & Co. KG)
Erfordernis eines EN ISO 13485 Zertifikats auf Basis des gewählten Konformitätsbewertungsverfahren
In Anhang IX, Kapitel I Abschnitt 2.1 MDR ist gefordert: „Der Hersteller beantragt bei einer Benannten Stelle die Bewertung seines Qualitätsmanagementsystems. [...]”
Weiterhin wird dort in Abschnitt 2.3 Folgendes verlangt: „Die Benannte Stelle führt ein Audit des Qualitätsmanagementsystems durch, um festzustellen, ob es den Anforderungen nach Abschnitt 2.2 entspricht. Wendet der Hersteller eine harmonisierte Norm oder eine Spezifikation für Qualitätsmanagementsysteme an, so bewertet die Benannte Stelle die Konformität mit diesen Normen oder dieser Spezifikation. Die Benannte Stelle geht davon aus, dass ein Qualitätsmanagementsystem, das den einschlägigen harmonisierten Normen oder Spezifikationen genügt, auch die von diesen Normen oder Spezifikationen erfassten Anforderungen erfüllt, sofern sie nicht hinreichend begründet, dass dies nicht der Fall ist. […]” [Hervorhebung d. Autors)
Dieser Absatz ist auch für das Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Anhang XI MDR gültig, da in diesem Anhang im Abschnitt 6.3 aufgeführt ist: „Es gilt Anhang IX Abschnitt 2.3 erster und zweiter Absatz.”
Gemäß Artikel 2 Nr. 40 MDR ist der Begriff „Konformitätsbewertung” wie folgt definiert: „Konformitätsbewertung bezeichnet das Verfahren, nach dem festgestellt wird, ob die Anforderungen dieser Verordnung an ein Produkt erfüllt worden sind”. Der Nachweis erfolgt in der Praxis durch die Ausstellung eines Zertifikats. Als harmonisierte Norm gilt dabei wieder nur die EN ISO 13485 und nicht die EN ISO 9001.
Wie bereits in Abschnitt 2.9.2 dargelegt, muss ein Hersteller für das Konformitätsbewertungsverfahren von Medizinprodukten der Klasse I (Is, Im und Ir ausgenommen) kein zertifiziertes QMS nachweisen.
Weiterhin gibt es eine Besonderheit bei Anwendung der Konformitätsbewertungsverfahren gemäß den Anhängen X und XI MDR. Hier gilt gemäß Abbildung 2, dass für Produkte der Klasse III, IIb und IIa eine Zertifizierung des QMS nicht erforderlich ist, wenn
• | für Produkte der Klasse III und IIb eine Baumusterprüfung gemäß Anhang X MDR und eine Produktprüfung gemäß Anhang XI Teil B MDR durch eine Benannte Stelle durchgeführt wird, oder |
• | Produkte der Klasse IIa, für die eine Konformitätserklärung des Herstellers ausgestellt wird und eine Produktprüfung gemäß Anhang XI Teil B MDR durch eine Benannte Stelle durchgeführt wird. |
Produktprüfung
Diese Produktprüfung ist in Anhang XI MDR Teil B Abschnitt 14 und 15 so definiert:
Diese Produktprüfung ist in Anhang XI MDR Teil B Abschnitt 14 und 15 so definiert:
„14. Die Benannte Stelle nimmt die entsprechenden Prüfungen und Tests vor, um die Übereinstimmung des Produkts mit den Anforderungen der Verordnung durch Kontrolle und Erprobung jedes einzelnen Produkts gemäß Abschnitt 15 zu prüfen.Die im ersten Absatz dieses Abschnitts genannten Prüfungen und Tests gelten nicht für die Herstellungsschritte, die der sicheren Sterilisation dienen.15. Prüfung durch Untersuchung und Erprobung jedes einzelnen Produkts15.1. Alle Produkte werden einzeln geprüft und dabei entsprechenden physischen Kontrollen oder Laboruntersuchungen, wie sie in der/den in Artikel 8 genannten geltenden Norm oder Normen vorgesehen sind, oder gleichwertigen Prüfungen und Bewertungen unterzogen, um gegebenenfalls die Übereinstimmung der Produkte mit dem in der EU-Baumusterprüfbescheinigung beschriebenen Baumuster sowie den einschlägigen Anforderungen dieser Verordnung zu überprüfen.15.2. Die Benannte Stelle bringt an jedem genehmigten Produkt ihre Kennnummer an bzw. lässt diese anbringen und stellt eine EU-Produktprüfbescheinigung über die vorgenommenen Prüfungen und Bewertungen aus”
Dieses Verfahren ist jedoch sehr teuer, zeitaufwendig und die Auswahl der Benannten Stellen schränkt sich weiter ein. Aktuell gibt es acht Benannte Stellen, die für dieses Verfahren akkreditiert sind. Davon einige auch nur für einen kleinen Scope, also eine bestimmte Art von Medizinprodukten.
Für die meisten Hersteller von Medizinprodukten kann dieses Verfahren als nicht praktikabel angesehen werden. Weiterhin entbindet es lediglich von der Zertifizierung des Qualitätsmanagementsystems − und nicht von der Einführung und Umsetzung der Qualitätsmanagementsystem-Anforderungen.
2.9.3 MDR-QMS-Anforderungen umsetzen
Wie bereits dargelegt, ist jeder Hersteller (egal welcher Medizinproduktklasse) zur Einführung und zum Aufrechterhalten eines Qualitätsmanagementsystems (QMS) durch die MDR verpflichtet. Weiterhin müssen die Anforderungen der EN ISO 13485 und der MDR erfüllt werden. Im Folgenden wird die Kenntnis der QM-Norm EN ISO 13485 vorausgesetzt. In diesem Abschnitt werden daher nur die darüberhinausgehenden Anforderungen der MDR entsprechend des Anhangs ZA der EN ISO 13485 detailliert analysiert und eine Umsetzungsempfehlung für Hersteller von Legacy Devices gegeben, wie ein bestehendes QMS nach der EN ISO 13485 ergänzt werden muss, um die MDR-Anforderungen vollumfänglich zu erfüllen. Dafür werden die Anforderungen der MDR mit den Einschätzungen der Erfüllung der EN ISO 13485 in Anhang ZA der Norm gegenübergestellt.
Artikel 10 Absatz 9 a) MDR
Artikel 10 Abs. 9a) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:a) ein Konzept zur Einhaltung der Regulierungsvorschriften, was die Einhaltung der Konformitätsbewertungsverfahren und der Verfahren für das Management von Änderungen an den von dem System erfassten Produkten mit einschließt. | Teilweise abgedeckt. EN ISO 13485 erfordert, dass die Organisation geltende regulatorische Anforderungen feststellt und diese in ihr QMS aufnimmt. Eine ausdrückliche Anforderung an ein dokumentiertes Konzept zur Einhaltung der Regulierungsvorschriften ist nicht enthalten. Die Lenkung von Entwicklungsänderungen ist ausdrücklich festgelegt. |
Unter Regulierungsvorschriften sind Regeln, Normen, Gesetze, Verordnungen und auch vertragliche Regelungen zu verstehen. Jeder Hersteller von Medizinprodukten soll gemäß den Vorgaben der MDR ein Konzept zur Einhaltung der für ihn zutreffenden Regulierungsvorschriften erstellen. In Artikel 10 Absatz 9a MDR wird dabei auf zwei explizite Anforderungen hingewiesen:
• | Zum einen auf ein Konzept für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften für das Konformitätsbewertungsverfahren. Dies kann durch die Anwendung weiterer Normen wie z. B. der EN ISO 14971 für das Risikomanagement oder der EN 62366 für die Gebrauchstauglichkeit von Medizinprodukten umgesetzt werden. Bei dem Konzept geht es in erster Linie um die Ermittlung der zutreffenden regulatorischen Anforderungen und wie sichergestellt wird, dass diese umgesetzt und eingehalten werden. Solch ein Konzept muss schriftlich verfasst werden und wird Bestandteil der QM-Dokumentation. |
• | Zum anderen fordert die MDR, dass Verfahren für Änderungen der erfassten Produkte erstellt werden. Damit sind Produktänderungen, die in der Regel über Design-Changes im Entwicklungsprozess gelenkt werden gemeint. |
In der EN ISO 13485, Kapitel 4.1 wird zwar gefordert, dass in einer Organisation die geltenden regulatorischen Anforderungen umgesetzt werden, die von einer Organisation zu erfüllen sind. Es wird von der EN ISO 13485 aber kein dokumentiertes Konzept zur Einhaltung der Regulierungsvorschriften gefordert. Diese Anforderung kann aber aus anderen Anforderungen der EN ISO 13485 abgeleitet werden. So ist an dieser Stelle die Anforderung der EN ISO 13485, Kapitel 4.2.4f) zu nennen. Es muss in einem Verfahren sichergestellt werden, dass Dokumente externer Herkunft, die von der Organisation als notwendig für die Planung und den Betrieb des QMS bestimmt wurden, identifiziert werden und die Verteilung gelenkt wird.
In Kombination mit den Anforderungen aus Kapitel 4.1.4 der EN ISO 13485, Änderungen an Prozessen in Übereinstimmung mit regulatorischen Anforderungen zu lenken, bilden die Anforderungen der EN ISO 13485 einen sehr ähnlichen Ansatz ab. Diesen Ansatz könnte man auch als Teil eines Konzepts zur Einhaltung der Regulierungsvorschriften interpretieren ohne dass diese Anforderungen ein vollständiges Konzept im Sinne der MDR abdecken.
Ebenfalls ist in der EN ISO 13485 die Lenkung von Entwicklungsänderungen benannt, die entsprechend geprüft, verifiziert, validiert (soweit angemessen) und genehmigt werden müssen. Änderungen müssen zeitgerecht vom Hersteller betrachtet werden, insbesondere bei Änderungen am Produkt selbst, Änderungen der (harmonisierten) Normen, die das Produkt betreffen oder Änderungen der Grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen des jeweiligen Produkts. Eine zeitgerechte Bearbeitung einer Änderung, sowie eine detaillierte Dokumentation der getätigten Aufgaben oder auch Begründung der Nichtdurchführung einer Aufgabe gehören dazu (Kapitel 7.3.9 der EN ISO 13485)
Artikel 10 Absatz 9 b) MDR
Artikel 10 Abs. 9b) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:b) die Feststellung der anwendbaren grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen und die Ermittlung von Möglichkeiten zur Einhaltung dieser Anforderungen; | Teilweise abgedeckt. EN ISO 13485 enthält eine allgemeine Verweisung zur Aufnahme geltender regulatorischer Anforderungen und Normen als eine Entwicklungseingabe. Die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen, harmonisierte Normen oder Gemeinsame Spezifikationen werden nicht ausdrücklich erwähnt. |
Die Feststellung der anwendbaren grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen wird in der EN ISO 13485 nicht betrachtet, stellt aber eine wesentliche Anforderung aus der MDR dar. Dazu zählt auch, dass regulatorische Anforderungen in der EN ISO 13485 in der Regel als Entwicklungseingaben (Kapitel 7.2.1c), 7.3.3b)) betrachtet werden, jedoch nicht in Zusammenhang mit der Möglichkeit des Nachweises der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen. Zu den regulatorischen Anforderungen, die die Möglichkeiten zur Einhaltung des Anhangs I MDR darstellen, zählen (harmonisierte) Normen, Gemeinsame Spezifikationen sowie Leitlinien und Gesetze. (siehe auch oben Artikel 10 Abs. 9a) „Konzept für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften”)
Die Umsetzung könnte dennoch im Rahmen des Entwicklungsprozesses erfolgen, denn die Belegung der Anforderungen von Anhang I MDR könnte somit bei den Entwicklungseingaben verankert werden und über die Entwicklungsergebnisse belegt sowie in der Entwicklungsbewertung final bewertet werden. Eine vollständige Abdeckung an der Stelle gegenüber der EN ISO 13485 kann jedoch nicht über diese dargestellt werden.
Artikel 10 Absatz 9 c) MDR
Artikel 10 Abs. 9c) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:c) die Verantwortlichkeit der Leitung; | Abgedeckt. EN ISO 13485 legt Verantwortlichkeiten der obersten Leitung fest. |
Die Verantwortlichkeit der Leitung ist über das Kapitel 5 der EN ISO 13485 vollständig abgedeckt. Darunter kann unter anderem die Festlegung der Qualitätspolitik und der Qualitätsziele sowie die Sicherstellung der Verfügbarkeit von Ressourcen verstanden werden.
Artikel 10 Absatz 9 d) MDR
Artikel 10 Abs. 9d) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:d) das Ressourcenmanagement, einschließlich der Auswahl und Kontrolle von Zulieferern und Unterauftragnehmern; | Abgedeckt. EN ISO 13485 enthält spezifische Anforderungen an die Bereitstellung personeller Ressourcen, einschließlich Kompetenz, Infrastruktur, Arbeitsumgebung und Lenkung der Kontamination. |
Die entsprechende Regelung zur Bereitstellung von Ressourcen (z. B. personelle) sowie der Infrastruktur ist über Kapitel 6 der EN ISO 13485 abgedeckt. Die Auswahl und Kontrolle von Zulieferern und Unterauftragnehmern ist über die Normkapitel 4.1.5 und 7.4.1 abgedeckt.
Artikel 10 Absatz 9 e) MDR
Artikel 10 Abs. 9e) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:e) das Risikomanagement gemäß Anhang I Abschnitt 3; | Teilweise abgedeckt. EN ISO 13485 enthält Anforderungen zur Anwendung eines risikobasierten Ansatzes im QMS und zur Anwendung des Risikomanagements bei der Produktrealisierung. Die Einzelheiten der spezifischen Anforderungen gemäß Anhang 1 MDR sind nicht ausdrücklich angegeben. |
Der Hersteller muss ein entsprechendes Risikomanagementsystem implementieren; diese Anforderung ist ebenso in den Anforderungen von Kapitel 7.1 sowie 7.3.3c) der EN ISO 13485 mit Bezug auf das Produkt enthalten. Weiterhin wird in der EN ISO 13485 im Kapitel 4.1.2b) ein risikobasierter Ansatz für die Lenkung der Prozesse gefordert. Die Anforderungen aus Anhang I Abschnitt 3 MDR sind jedoch über diese Anforderungen nicht vollumfänglich erfüllt.
Zur Belegung der Anforderungen der MDR hinsichtlich des Risikomanagements empfiehlt sich die Einhaltung der Anforderungen der ebenfalls mit der MDR harmonisierten Norm EN ISO 14971:2019+A11:2021, jedoch deckt diese ebenfalls nicht die besonderen Anforderungen aus Anhang I Abschnitt 3 MDR vollständig ab. Auch hier sei wieder auf den Anhang ZA, diesmal der EN ISO 14971 verwiesen. In diesem werden die Anforderungen des Anhangs I mit einer Erläuterung beschrieben. Als wesentliche Abweichung sind die besonderen Anforderungen der MDR zu nennen, die einen „Risikomanagement-Plan für jedes Produkt” und die Berücksichtigung einer „gebrauchstauglichkeitsspezifischen Durchführung” im Risikomanagementsystem fordert.
Artikel 10 Absatz 9 f) MDR
Artikel 10 Abs. 9f) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:f) die klinische Bewertung gemäß Artikel 61 und Anhang XIV einschließlich der klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen; | Nicht abgedeckt. EN ISO 13485 erfordert eine klinische Bewertung in Übereinstimmung mit geltenden regulatorischen Anforderungen. Die spezifischen Einzelheiten gemäß Artikel 61 und Anhang XIV MDR und der Verweis auf die klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen (PMCF) sind nicht ausdrücklich enthalten. |
Die Anforderungen aus Artikel 61 und Anhang XIV MDR sind deutlich umfangreicher als die Anforderungen aus Kapitel 7.3.7 der EN ISO 13485. So wird in der Norm lediglich eine klinische Bewertung gefordert, betrachtet man jedoch die Anforderungen aus der MDR, ist ebenfalls ein klinischer Bewertungsplan (CEP = Clinical Evaluation Plan), ein klinischer Entwicklungsplan (CDP = Clinical Development Plan) und ein klinischer Bewertungsbericht (CER = Clinical Evaluation Report) gefordert sowie explizit die Nachweisdokumente aus der klinischen Nachbeobachtung (Post Market Clinical Follow-up-Plan − PMCFP, MDCG 2020-7) und Post Market Clinical Follow-up-Report − PMCFR, MDCG 2020-8).
Für die klinische Bewertung liegen mehrere Hilfestellungen in Form von MDCG-Dokumenten vor:
• | Die Leitlinie MDCG 2020-13 „Clinical evaluation assessment report template” ist die Vorlage für den Prüfer auf Seiten der Benannten Stelle. Für Hersteller ist diese Leitlinie besonders interessant, da über die Inhalte informiert wird, die während der Prüfung der klinischen Bewertung relevant sind. Entsprechend kann die klinische Bewertung so erstellt werden, dass der Prüfer der Benannten Stelle alle Punkte adressiert findet. |
• | Für die Erstellung einer klinischen Bewertung für Softwareprodukte liegt das Dokument MDCG 2020-1 „Guidance on clinical evaluation (MDR)/ Performance evaluation (IVDR) of medical device software” vor. |
• | Besondere Fragestellungen werden ebenfalls über MDCG-Dokumente näher erläutert, z. B. MDCG 2020-6”Guidance on sufficient clinical evidence for Legacy Devices" oder MDCG 2020-5 „Guidance on clinical evaluation – Equivalence”. |
Weitere Leitlinien sind in den nächsten Jahren gerade in dem Bereich zu erwarten. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Hersteller ein separates Dokument zum Nachweis der genauen Anforderungen an die klinische Bewertung gemäß MDR benötigt und die Anforderungen der EN ISO 13485 für das Thema klinische Bewertung nicht herangezogen werden können.
Artikel 10 Absatz 9 g) MDR
Artikel 10 Abs. 9 g) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:g) die Produktrealisierung einschließlich Planung, Auslegung, Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung von Dienstleistungen; | Abgedeckt. EN ISO 13485 erfordert die Planung der Produktrealisierung, die Entwicklungsplanung und die Planung der Produktion und Dienstleistungserbringung. |
Hersteller können sich bei dieser Anforderung auf die Erfüllung der Anforderung der Kapitel 7.1, 7.3.2, 7.3.8, 7.5.1 sowie 7.5.4 der EN ISO 13485 berufen. Aus der MDR lassen sich keine zusätzlichen Anforderungen ableiten.
Artikel 10 Absatz 9 h) MDR
Artikel 10 Abs. 9 h) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:h) die Überprüfung der Zuteilung der UDI gemäß Artikel 27 Absatz 3 für alle einschlägigen Produkte und die Gewährleistung der Kohärenz und der Validität der gemäß Artikel 29 gelieferten Informationen; | Nicht abgedeckt. EN ISO 13485 enthält eine Anforderung an die Lenkung der UDI im Rahmen des QMS. Die Einzelheiten des in der Verordnung vorgeschriebenen Systems werden nicht ausdrücklich festgelegt. |
Hersteller können sich bei dieser Anforderung weder vollständig auf die Erfüllung der Anforderungen aus der EN ISO 13485, noch auf die Erfüllung der Anforderungen aus IMDRF/UDI „WG/N48 FINAL: 2019 Unique Device Identification system (UDI system) Application Guide” berufen. Vielmehr bieten diese beiden Regularien eine Grundlage, um die Anforderungen an die UDI zu verstehen. Die Umsetzung der UDI-Anforderungen muss der Hersteller länder-/regionenbezogen vornehmen, wobei das IMDRF/UDI WG/N48 Dokument generell als Rahmen für die Implementierung der Anforderung an die UDI zu verstehen ist. Die länderspezifischen Anforderungen müssen separat überprüft und implementiert werden.
Weiterhin gibt es Vorgaben von der MDCG, die mit dem Dokument MDCG 2021-19 „Guidance note integration of the UDI within an organisation's quality management system” einen Leitfaden zur Verfügung stellt, in dem die Integration von MDR-Anforderungen in das QMS von Herstellern integriert werden soll. (s. Kap. 02027 und s. Kap. 02028)
Die EN ISO 13485 bietet dennoch einige geforderte Verfahren, die unter dieser Anforderung berücksichtigt und umgesetzt werden sollten − beispielsweise das Verfahren für die Validierung der Anwendung von Computersystemsoftware gemäß EN ISO 13485, Kap. 4.1.6. Mit diesem Verfahren kann ein Teil der Validität von UDI-Codes in den Produktionsprozessen sichergestellt werden. Beim Vorgehen können weitere Leitfäden, wie z. B. GxP-Leitfäden oder auch GAMP-5-Leitfäden herangezogen werden, um eine regulatorisch sichere Umsetzung zu gewährleisten. Diese Leitfäden können bei der International Society for Pharmaceutical Engineering erworben werden.
Artikel 10 Absatz 9 i) MDR
Artikel 10 Abs. 9i) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:i) die Aufstellung, Anwendung und Aufrechterhaltung eines Systems zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen gemäß Artikel 83; | Teilweise abgedeckt. EN ISO 13485 erfordert ein System der Überwachung nach dem Inverkehrbringen innerhalb des QMS. Die Einzelheiten gemäß Artikel 83 MDR sind nicht ausdrücklich festgelegt. |
Der Hersteller kann über die Implementierung der Anforderungen von Kapitel 8.2.1 und 8.5.1 der EN ISO 13485 grundsätzlich den Nachweis zur Aufstellung, Anwendung und Aufrechterhaltung eines Systems zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen aufzeigen. Die besonderen Anforderungen, die sich aus der Anwendung der Artikel 83-86 MDR (s. Kap. 02083 und nachfolgende) ergeben, müssen nochmal zusätzlich betrachtet werden und entsprechend in den Prozessen ergänzt werden. Im Wesentlichen sollten dabei folgende Anforderungen in den Prozessen im QMS umgesetzt und
• | die Risiko-Nutzen-Abwägung des Risikomanagements für das jeweilige Produkt, |
• | die Aktualisierung der Auslegung der Informationen zur Herstellung, |
• | die Gebrauchsanweisung und die Kennzeichnung, |
• | die Aktualisierung der klinischen Bewertung, |
• | der Kurzbericht über Sicherheit und klinische Leistung, |
• | der Bedarf an CAPA-Maßnahmen, |
• | Möglichkeiten zur Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit, der Leistung und Sicherheit der Produkte |
als Beitrag für die Überwachung von anderen Produkten und zum Erkennen von Trends genutzt werden.
Artikel 10 Absatz 9 j) MDR
Artikel 10 Abs. 9j) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:j) die Kommunikation mit den zuständigen Behörden, Benannten Stellen, weiteren Wirtschaftsakteuren, Kunden und/oder anderen interessierten Kreisen; | Teilweise abgedeckt. EN ISO 13485 legt Anforderungen an die Kommunikation mit Kunden und Regulierungsbehörden fest. Der Begriff „Regulierungsbehörden” wird in einem allgemeinen Kontext verwendet und die Begriffe „zuständige Behörde” und „Benannte Stelle”, die in der Verordnung verwendet werden, in der Norm nicht ausdrücklich erwähnt, ebenso wie andere Wirtschaftsakteure und andere interessierte Kreise. |
Die Anforderungen, die sich aus der MDR ergeben, können nicht explizit über die Umsetzung der Anforderungen aus Kapitel 7.2.3 der EN ISO 13485 belegt werden. Daraus lassen sich zusätzliche Anforderung mit einer Anpassung der Prozesse für den Hersteller ableiten. Diese Anforderungen variieren je nach Wirtschaftsakteur, Rolle der Organisation und Art und Umfang von ausgegliederten Prozessen. Da die EN ISO 13485 ein internationaler Standard ist, sind die europäischen Besonderheiten „zuständige Behörde” und „Benannte Stelle” in der EN ISO 13485 nicht zu finden. Insgesamt stellt allerdings die Anforderung, dies zu ergänzen, in den wenigsten Fällen eine Herausforderung dar.
Artikel 10 Absatz 9 k) MDR
Artikel 10 Abs. 9k) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:k) die Verfahren für die Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld im Rahmen der Vigilanz; | Teilweise abgedeckt. EN ISO 13485 erfordert Prozesse für die Berichterstattung von Ereignissen in Übereinstimmung mit geltenden regulatorischen Anforderungen. Die Einzelheiten des Vigilanzsystems und die zeitlichen Rahmen für die Berichterstattung werden nicht ausdrücklich festgelegt. |
Der Hersteller muss gemäß EN ISO 13485 (Kapitel 8.2.2, 8.2.3 und 8.3.3) ein Verfahren zur Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld aufrechterhalten. Die spezifischen Anforderungen an die Definition eines „schwerwiegenden Vorkommnisses”, die sich von EU-Ländern zu Nicht-EU-Ländern unterscheiden können, müssen entsprechend in den Prozessen des Herstellers abgebildet sein.
Ebenfalls müssen die individuellen Meldezeiten, die sich aus der MDR ergeben, in einem Prozess beim Hersteller definiert werden. Weiterhin sollten bis zur vollständigen Umsetzung von Eudamed die landesspezifischen sowie die einheitlichen Templates (MIR – Manufacturer Incident Report for Serious Incidents (MDR/IVDR) and Incidents (AIMDD/MDD/IVDD)) in den Prozess integriert und ggf. angewendet werden.
Ein Punkt, der in der Praxis oftmals vernachlässigt wird (aber ebenso wichtig ist) ist die Meldung von Vorkommnissen bei der Benannten Stelle. Auch dieser Schritt sollte in den Prozessen berücksichtigt werden. Diese Anforderung ist oftmals in den AGBs der Benannten Stellen aufgeführt und wird besonders bei KMUs oftmals übersehen.
Artikel 10 Absatz 9 l) MDR
Artikel 10 Abs. 9 l) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:l) das Management korrektiver und präventiver Maßnahmen und die Überprüfung ihrer Wirksamkeit; | Abgedeckt. EN ISO 13485 legt Anforderungen an das Management von Korrekturmaßnahmen und Vorbeugungsmaßnahmen fest, einschließlich der Verifizierung ihrer Wirksamkeit. |
Wenn der Hersteller einen Prozess zum Management korrektiver und präventiver Maßnahmen sowie deren Überprüfung auf Wirksamkeit im Rahmen der Implementierung der Anforderungen aus der EN ISO 13485 Kapitel 8.5.2 und 8.5.3 implementiert hat, ist dieser ausreichend, um die Anforderungen der MDR abzudecken.
Artikel 10 Absatz 9 m) MDR
Artikel 10 Abs. 9 m) MDR | EN ISO 13485 Anhang ZA |
Das Qualitätsmanagementsystem umfasst mindestens folgende Aspekte:m) Verfahren zur Überwachung und Messung der Ergebnisse, Datenanalyse und Produktverbesserung. | Abgedeckt. EN ISO 13485 enthält Anforderungen an die Überwachung und Messung von Prozessen, die Datenanalyse und die Verbesserung des Produkts. |
Im Rahmen der Implementierung der Anforderungen aus der EN ISO 13485 muss der Hersteller über ein Verfahren zur Überwachung und Messung der Ergebnisse, Datenanalyse und Produktverbesserung verfügen. Dieses ist ebenfalls geeignet, um die Anforderungen aus der MDR zu erfüllen.
Fazit und Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass ein Hersteller, der bereits ein funktionierendes QMS gemäß EN ISO 13485 implementiert hat, zwar die MDR-Anforderungen noch nicht zwingend vollständig abdeckt; trotzdem bildet das System eine solide Grundlage, sodass die ergänzenden Anforderungen der MDR in solch ein bestehendes System gut integriert werden können. Von den elf gelisteten Anforderungen an das QM-System in Artikel 10 MDR können ausschließlich zwei Anforderungen als nicht abgedeckt angesehen werden, nämlich die Verfahren und die Dokumentation zur Erfüllung der Anforderungen an die Erstellung der klinischen Bewertung und zur Umsetzung der UDI-Anforderungen.
2.9.4 Umsetzungsempfehlungen für Medizinprodukteherstellern von „Old”, „Legacy” und „MDR” Devices
Die MDCG hat im Dokument MDCG 2021-25 „Regulation (EU) 2017/745 − application of MDR requirements to ’Legacy Devices' and to devices placed on the market prior to 26 May 2021 in accordance with Directives 90/385/EEC or 93/42/EEC" die Frage aufgenommen, welche Anforderungen der MDR auch für richtlinienkonforme Produkte anwendbar sind.
Old Devices
Zunächst wird festgestellt, dass für sogenannte „Old Devices”, d. h. Produkte, die zuletzt vor dem Geltungsbeginn der MDR in Verkehr gebracht wurden, keine MDR-Anforderungen gelten, sondern allein die Anforderungen der bisherigen Richtlinien AIMDD und MDD.
Zunächst wird festgestellt, dass für sogenannte „Old Devices”, d. h. Produkte, die zuletzt vor dem Geltungsbeginn der MDR in Verkehr gebracht wurden, keine MDR-Anforderungen gelten, sondern allein die Anforderungen der bisherigen Richtlinien AIMDD und MDD.
Legacy Devices
Im Anhang des Dokuments MDCG 2021-25 findet sich eine Liste, in der 29 Artikel der MDR aufgeführt sind. Dort wird angegeben, ob und in welcher Weise die MDR-Anforderungen auch auf „Legacy Devices” und die Prozesse der Hersteller von „Legacy Devices” anwendbar sind. Für „Legacy Devices”, also Produkte die ein Konformitätsbewertungsverfahren nach den Richtlinien durchlaufen haben und gemäß Artikel 120 MDR nach dem Geltungsbeginn der MDR weiterhin in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden dürfen (s. Kap. 02120) sind alle bestehenden Anforderungen der AIMDD und MDD weiterhin von den Herstellern von zu erfüllen − sofern die Übergangsvorschriften von Artikel 120 MDR keine zusätzlichen Anforderungen festlegen. In dieser Liste finden sich entsprechende Hinweise dazu und auch, welche Anforderungen der MDR im QMS umgesetzt werden sollen:
Im Anhang des Dokuments MDCG 2021-25 findet sich eine Liste, in der 29 Artikel der MDR aufgeführt sind. Dort wird angegeben, ob und in welcher Weise die MDR-Anforderungen auch auf „Legacy Devices” und die Prozesse der Hersteller von „Legacy Devices” anwendbar sind. Für „Legacy Devices”, also Produkte die ein Konformitätsbewertungsverfahren nach den Richtlinien durchlaufen haben und gemäß Artikel 120 MDR nach dem Geltungsbeginn der MDR weiterhin in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden dürfen (s. Kap. 02120) sind alle bestehenden Anforderungen der AIMDD und MDD weiterhin von den Herstellern von zu erfüllen − sofern die Übergangsvorschriften von Artikel 120 MDR keine zusätzlichen Anforderungen festlegen. In dieser Liste finden sich entsprechende Hinweise dazu und auch, welche Anforderungen der MDR im QMS umgesetzt werden sollen:
• | Artikel 10 Abs. 10 MDR − Post-Market Surveillance: Anforderungen gemäß Artikel 83 MDR müssen umgesetzt werden. |
• | Artikel 10 Abs. 12-15 MDR − Korrekturmaßnahmen im Feld: Ein Vigilanzsystem gemäß den Anforderungen der Artikel 87 und 88 MDR muss im QMS etabliert werden. |
• | Artikel 22 MDR − Systeme und Behandlungseinheiten: Beim Zusammenstellen von Systemen und Behandlungseinheiten sind die Anforderungen der Lieferanten in Bezug auf MDR-Anforderungen einzuhalten (in dem Fall, dass Teile der Systeme oder Behandlungseinheiten eine Zulassung als MDR-Produkt aufweisen). Die Prüfung dieser Anforderungen sollte im QMS in Form eines Verfahrens etabliert sein. |
• | Artikel 29 MDR − Registrierung von Produkten: Sobald eine Registrierung der Produkte in Eudamed umsetzbar ist. Dazu sollten im QM-System Verfahren zur Registrierung von Produkten erstellt sein. Um diese zu erstellen kann der Eudamed Playground genutzt werden. In der Zeit bis zur vollständigen Funktionalität von Eudamed sollen die nationalen Registrierungssysteme weiterhin genutzt werden. |
• | Artikel 83 und 84 MDR − PMS-System und PMS-Plan: Ein vollständiges PMS-System gemäß Artikel 83 MDR muss erstellt werden und es sollten Vorlagen für die PMS-Pläne im QMS freigegeben und für alle Produkte erstellt werden. |
• | Artikel 32 MDR − Die Erstellung eines Kurzberichts über die Sicherheit und klinische Leistung ist für die Legacy Devices nicht erforderlich. |
• | Artikel 85 MDR − PMS-Report: Dieser muss für Klasse-I-Legacy-Devices erstellt werden. Dies sind nur die Produkte, für die es noch gültige Bescheinigungen gibt (Klasse I steril oder mit Messfunktion) sowie Medizinprodukte, die unter der MDR in eine andere Risikoklasse fallen würden. In anderen Fällen müssen die Produkte der Klasse I seit dem Geltungsbeginn ohnehin die Konformität mit der MDR nachweisen und ohnehin diese Anforderungen erfüllen. Auch dafür sollten Vorlagen im QMS erstellt und freigegeben sein, um ein systematisches Verfahren sicherzustellen. |
• | Artikel 86 MDR − PSUR (Periodic Safety Update Reports): Für die Erstellung der PSURs sollten Vorlagen und ein Verfahren zu dessen Erstellung im QMS erstellt und freigegeben sein. |
• | Artikel 87 MDR − Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld: Dazu muss auch für Legacy Devices ein Verfahren im QMS etabliert sein. |
• | Artikel 88 MDR − Meldung von Trends: Diese Anforderung bestand mit geringerem Umfang bereits unter der MDD/AIMDD und es sollte ein Verfahren zur statistischen Auswertung von Vorkommnissen und zur Meldung von Trends im QMS etabliert sein. |
• | Artikel 89 MDR − Analyse schwerwiegender Vorkommnisse und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld: Auch diese Anforderungen sollten in einem Verfahren im QMS beschrieben und etabliert sein. |
• | In einem gesonderten Abschnitt weist die MDCG auf die Pflicht der Hersteller hin, die Anforderungen der Artikel 120 und 123 MDR zu berücksichtigen. |
Hinweis
Pflichten für Importeure, Bevollmächtigte und Händler sind an dieser Stelle nicht mitaufgeführt. Weiterhin ist zu beachten, dass wenn in diesem Absatz die Erstellung eines Verfahrens erwähnt wird, nicht zwingend je ein Verfahren je Anforderung gemeint ist. Viele Anforderungen können in einem oder in mehreren Verfahren zusammengefasst werden. Dies ist je nach Aufbau des QMS und der Art der Produkte für den Hersteller praktikabel umzusetzen.
Pflichten für Importeure, Bevollmächtigte und Händler sind an dieser Stelle nicht mitaufgeführt. Weiterhin ist zu beachten, dass wenn in diesem Absatz die Erstellung eines Verfahrens erwähnt wird, nicht zwingend je ein Verfahren je Anforderung gemeint ist. Viele Anforderungen können in einem oder in mehreren Verfahren zusammengefasst werden. Dies ist je nach Aufbau des QMS und der Art der Produkte für den Hersteller praktikabel umzusetzen.
2.9.5 Die regulatorischen Vorteile einer freiwilligen Zertifizierung
Wie bereits ausführlich in diesem Artikel erläutert ist es für eine Vielzahl von Medizinprodukteherstellern unumgänglich, das eingeführte Qualitätsmanagementsystem gemäß EN ISO 13485 von einer Benannten Stelle zertifizieren zu lassen. Lediglich für Hersteller von Medizinprodukten der Klasse I (ohne Is, Ir, Im) können Überlegungen bestrebt werden, ein EN ISO 13485 System einzuführen, es jedoch nicht durch eine Benannte Stelle zertifizieren zu lassen. Weiterhin sei an dieser Stelle erwähnt, dass für diese Hersteller auch eine Zertifizierung bei einem akkreditierten Zertifizierer, der aber keine Benannte Stelle ist, möglich ist.
Eine Liste der deutschen Zertifizierungsstellen ist online bei der Deutschen Akkreditierungsstelle einsehbar. Diese Zertifizierungsstellen dürfen aufgrund der fehlenden Benennung zwar Qualitätsmanagementsysteme zertifizieren, jedoch keine Produktzertifikate gemäß MDR ausstellen. Hersteller sollten daher bei der Wahl der Zertifizierungsstelle oder ggf. Benannten Stelle auch immer die Unternehmensstrategie und Ausrichtung des Unternehmens berücksichtigen.
Vorteile einer freiwilligen Zertifizierung
Zum einen findet eine Marktüberwachung in Deutschland nicht nur durch Benannte Stellen, sondern auch durch die Landesbehörden statt. Zum anderen soll durch Audits gegen die Anforderungen der EN ISO 13485 der Anwendungsbereich der Norm erfüllt werden: „Aufrechterhaltung der Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems”. Weiterhin stellt ein Zertifikat eine Befähigung dar, die ggf. von Kunden gefordert wird (z. B. bei Ausschreibungen).
Zum einen findet eine Marktüberwachung in Deutschland nicht nur durch Benannte Stellen, sondern auch durch die Landesbehörden statt. Zum anderen soll durch Audits gegen die Anforderungen der EN ISO 13485 der Anwendungsbereich der Norm erfüllt werden: „Aufrechterhaltung der Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems”. Weiterhin stellt ein Zertifikat eine Befähigung dar, die ggf. von Kunden gefordert wird (z. B. bei Ausschreibungen).
Die Vorteile sind somit in erster Linie eine Verbesserung des eigenen QMS durch eine unabhängige Betrachtung in Form von Audits und ein Kompetenznachweis gegenüber Behörden und Dritten.
2.9.6 Inhalte der Prozesse und Verfahren die mindestens in einem QMS umgesetzt sein sollten
Ein QMS sollte immer an die Prozesse und Produkte des Herstellers von Medizinprodukten angepasst werden. Daher ist es nicht möglich, eine vollumfängliche Liste mit allen geforderten Prozessen und Verfahren für alle Medizinproduktehersteller zu erstellen. Zum Beispiel ist der Umfang eines guten QMS davon abhängig, ob ein Hersteller Produkte entwickelt und sie selbst herstellt oder ggf. auch nur entwickelt und eine Herstellung ausgegliedert hat. Weiterhin ist es sehr stark abhängig von der Art der Produkte. So müssen Hersteller von Produkten, die steril in Verkehr gebracht werden, über Verfahrensbeschreibungen zur Sterilisation der Produkte verfügen (das können auch Sterilisationsverfahren bei Unterauftragnehmern sein).
Dennoch soll an dieser Stelle eine Liste aufgeführt werden, die aus regulatorischer Sicht eine Vielzahl von häufig zu erstellenden Prozessen und Verfahren aufführt. Diese Prozesse und Verfahren sollten mindestens folgende Themen aufgreifen:
1. | Übersicht über alle Prozesse (oftmals im QMH umgesetzt) |
2. | Lenkung von Dokumenten (intern und extern) |
3. | Lenkung von Aufzeichnungen |
4. | Lenkung von Prozess- und Produktänderungen |
5. | Qualifizierung und Validierung (Equipment, Testmethoden, Software und Produktionsanlagen) |
6. | Managementprozess |
7. | Managementbewertung |
8. | Ressourcenmanagement (Personal und Training, Infrastruktur und Arbeitsumgebung) |
9. | Entwicklung von Produkten |
10. | Design Transfer-Prozess (von der Entwicklung in die Produktion) |
11. | Produktrealisierung (Beschaffung, Lieferantenqualifizierung und -bewertung, Verifizierung von beschafften Produkten, Produktion, Lager und Versand, Installation und Instandhaltung) |
12. | Rückverfolgung der Bauteile und Produkte |
13. | Umgang mit Kundeneigentum |
14. | Reklamationen (mit Marktbeobachtung nach dem Inverkehrbringen (PMS) und Vigilanz gemäß MDR) |
15. | Interne Audits |
16. | Lenkung von nicht konformen Produkten |
17. | Umgang mit Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen (CAPA) |
18. | Risikomanagement (Prozess- und Produktrisiken) |
19. | Gebrauchstauglichkeitsmanagement |
2.10 Absatz 10 Überwachung nach dem Inverkehrbringen
„(10) Die Hersteller von Produkten richten ein System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen gemäß Artikel 83 ein und halten es auf dem neuesten Stand.”
Die MDR nimmt die Hersteller stärker in die Pflicht als die früheren Richtlinien, den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte in Bezug auf Sicherheit und Leistung zu betrachten. Dabei kommt der Überwachung nach dem Inverkehrbringen (Post-Market-Surveillance – PMS) eine große Bedeutung zu.
Definition nach Artikel 2
Die MDR selbst liefert die Definition: „Überwachung nach dem Inverkehrbringen bezeichnet alle Tätigkeiten, die Hersteller in Zusammenarbeit mit anderen Wirtschaftsakteuren durchführen, um ein Verfahren zur proaktiven Erhebung und Überprüfung von Erfahrungen, die mit den von ihnen in Verkehr gebrachten, auf dem Markt bereitgestellten oder in Betrieb genommenen Produkten gewonnen werden, einzurichten und auf dem neuesten Stand zu halten, mit dem ein etwaiger Bedarf an unverzüglich zu ergreifenden Korrektur- oder Präventivmaßnahmen festgestellt werden kann;” (Artikel 2 Nr. 60 MDR)
Die MDR selbst liefert die Definition: „Überwachung nach dem Inverkehrbringen bezeichnet alle Tätigkeiten, die Hersteller in Zusammenarbeit mit anderen Wirtschaftsakteuren durchführen, um ein Verfahren zur proaktiven Erhebung und Überprüfung von Erfahrungen, die mit den von ihnen in Verkehr gebrachten, auf dem Markt bereitgestellten oder in Betrieb genommenen Produkten gewonnen werden, einzurichten und auf dem neuesten Stand zu halten, mit dem ein etwaiger Bedarf an unverzüglich zu ergreifenden Korrektur- oder Präventivmaßnahmen festgestellt werden kann;” (Artikel 2 Nr. 60 MDR)
Erfassen, korrigieren, vorbeugen
Es gilt demnach für den Hersteller, umfassende Informationen zu den bereits in Verkehr gebrachten Produkten in einem proaktiven und systematischen Prozess zu erfassen und Komplikationen oder Probleme mit seinen Produkten in Bezug auf Design, Herstellung oder Verwendung, die vor der Markteinführung nicht erkennbar waren, zu korrigieren und vorzubeugen (Korrektur- oder Präventivmaßnahmen; Corrective and Preventive Action – CAPA).
Es gilt demnach für den Hersteller, umfassende Informationen zu den bereits in Verkehr gebrachten Produkten in einem proaktiven und systematischen Prozess zu erfassen und Komplikationen oder Probleme mit seinen Produkten in Bezug auf Design, Herstellung oder Verwendung, die vor der Markteinführung nicht erkennbar waren, zu korrigieren und vorzubeugen (Korrektur- oder Präventivmaßnahmen; Corrective and Preventive Action – CAPA).
Anforderungen in Artikel 83
Die grundlegenden Anforderungen an ein System, die der Hersteller dafür einrichten muss, sind dabei in Artikel 83 MDR festgelegt. Der Hersteller muss dieses System „planen, einrichten, dokumentieren, anwenden, pflegen und auf den neuesten Stand halten” und zudem als integralen Bestandteil seines Qualitätsmanagementsystems implementieren.
Die grundlegenden Anforderungen an ein System, die der Hersteller dafür einrichten muss, sind dabei in Artikel 83 MDR festgelegt. Der Hersteller muss dieses System „planen, einrichten, dokumentieren, anwenden, pflegen und auf den neuesten Stand halten” und zudem als integralen Bestandteil seines Qualitätsmanagementsystems implementieren.
Die Pflicht zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen gilt seit dem Geltungsbeginn der MDR am 25.05.2021 für alle Produkte, auch die, die nach den Übergangsvorschriften in Verkehr gebracht werden dürfen. Daher müssen alle Hersteller die Anforderungen an die PMS- Prozessdokumentation bereits seit diesem Datum in ihrem QM-System verankert haben.
Das PMS-System muss geeignet sein, eine für die Risikoklasse und die Art des betreffenden Produkts angemessene systematische Erfassung, Aufzeichnung und Analyse von Daten zur Leistung, Sicherheit und Qualität eines Produkts gewährleisten.
Zwecke
Die Zwecke, für die die gesammelten Daten verwendet werden sollen, sind entsprechend in Artikel 83 Absatz 3 MDR dargestellt:
Die Zwecke, für die die gesammelten Daten verwendet werden sollen, sind entsprechend in Artikel 83 Absatz 3 MDR dargestellt:
• | Die Daten fließen direkt in das Risikomanagement des Herstellers ein, |
• | sie liefern Hinweise zur Aktualisierung der durch den Hersteller mit dem Produkt zu liefernden Informationen wie z. B. Kennzeichnung oder Gebrauchsanweisung und |
• | sie dienen u. a. dazu, die klinische Bewertung der Produkte während ihres gesamten Lebenszyklus zu aktualisieren. |
Die technische Dokumentation gemäß der Anhänge II und III MDR muss entsprechend mit den neuen Informationen angepasst werden.
In einem Post-Market-Surveillance-Plan (Artikel 84 MDR i. V. m. Anhang III MDR, s. Kap. 02084) muss der Hersteller festlegen, welche Daten mit welchen Methoden erhoben und bewertet werden sollen. Diese Daten fließen dann in
• | den sogenannte Post-Market-Surveillance-Bericht (Artikel 85 MDR, nur für Klasse-I-Produkte) |
• | bzw. den Post-Market-Surveillance-Update-Report (PSUR, Artikel 86 MDR, erforderlich für Produkte der Klassen IIa, IIb und III), |
• | die Risikomanagement-Akte, |
• | die klinische Bewertung |
• | oder die Gebrauchstauglichkeits-Akte ein. |
Dies sollte im Rahmen der Erstellung der QM-Dokumente für das PMS-System vom Hersteller entsprechend berücksichtigt werden.
Verlinkung zu Vigilanz-Aktivitäten
Des Weiteren muss der Hersteller eine direkte Verlinkung der PMS-Daten zu seinen Vigilanz-Aktivitäten herstellen, indem er Informationen aus der Überwachung nach dem Inverkehrbringen analysiert und die Ergebnisse gegebenenfalls in entsprechende Präventiv- und Korrekturmaßnahmen umsetzt. So kann sich daraus z. B. eine potenzielle Meldepflicht bezüglich eines schwerwiegenden Vorkommnisses oder notwendiger Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld nach Artikel 87 MDR an die Behörden ergeben.
Des Weiteren muss der Hersteller eine direkte Verlinkung der PMS-Daten zu seinen Vigilanz-Aktivitäten herstellen, indem er Informationen aus der Überwachung nach dem Inverkehrbringen analysiert und die Ergebnisse gegebenenfalls in entsprechende Präventiv- und Korrekturmaßnahmen umsetzt. So kann sich daraus z. B. eine potenzielle Meldepflicht bezüglich eines schwerwiegenden Vorkommnisses oder notwendiger Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld nach Artikel 87 MDR an die Behörden ergeben.
Eine ausführliche Kommentierung des Artikels 83 MDR zur Umsetzung eines PMS-Systems und den Schnittstellen zum Risikomanagement, der klinischen Bewertung und Vigilanz ist bereits Teil von „Praxis Medizinprodukterecht”: siehe Kapitel 02083.
2.11 Absatz 11 Bereitzustellende Informationen
„(11) Die Hersteller sorgen dafür, dass dem Produkt die Informationen gemäß Anhang I Abschnitt 23 in einer oder mehreren von dem Mitgliedstaat, in dem das Produkt dem Anwender oder Patienten zur Verfügung gestellt wird, festgelegten Amtssprache(n) der Union beiliegen. Die Angaben auf der Kennzeichnung müssen unauslöschlich, gut lesbar und für den vorgesehenen Anwender oder Patienten klar verständlich sein.”
Anforderungen
Die Produkte unter der Verantwortung des Herstellers müssen mit den Informationen gemäß Anhang I Abschnitt 23 MDR gekennzeichnet sein. Die Anforderungen an die bereitzustellenden Informationen sind Teil der Grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen und sind in 4 Abschnitte gegliedert:
Die Produkte unter der Verantwortung des Herstellers müssen mit den Informationen gemäß Anhang I Abschnitt 23 MDR gekennzeichnet sein. Die Anforderungen an die bereitzustellenden Informationen sind Teil der Grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen und sind in 4 Abschnitte gegliedert:
23.1 | Allgemeine Anforderungen an die vom Hersteller gelieferten Information, |
23.2 | Angaben auf der Kennzeichnung (d. h. dem Produkt- oder Verpackungsetikett) |
23.3 | Angaben auf der Verpackung, die den sterilen Zustand eines Produkts aufrechterhält („Sterilverpackung”), |
23.4 | Angaben in der Gebrauchsanweisung. |
Wie auch bei den übrigen Sicherheits- und Leistungsanforderungen nach Anhang I MDR müssen auch die Anforderungen an die bereitzustellenden Informationen auf ihre Anwendbarkeit geprüft werden und es muss belegt werden, wie diese Anforderungen erfüllt sind. Hilfe dabei bietet die Checkliste zu Anhang I MDR (s. Arbeitshilfe). Dabei sollten alle allgemeinen Anforderungen gemäß Abschnitt 23.1 von Anhang I MDR grundsätzlich erfüllt sein; insbesondere sind die Informationen in der Kennzeichnung oder Gebrauchsanweisung „so zu verfassen, dass sie von dem vorgesehenen Anwender ohne Schwierigkeiten verstanden wird, [...]” (Anhang I, Abschnitt 23.1 a) MDR).[
GSLA_MDR_dt.docx]

Anforderungen, die mit „gegebenenfalls” oder „können ...” (z. B. „können ... ergänzt werden”, „können …. angebracht werden”, „können ... verwendet werden”, …) eingeschränkt sind, können ausgeschlossen werden, wenn sie nicht zutreffen. Ebenso muss bei Anforderungen, die mit „oder” verknüpft sind, nur ein Teil der Anforderungen erfüllt sein. Beispiel für derartige Verknüpfungen ist z. B. Anhang I, Nr. 23.1 lit. c): „Kennzeichnungen werden in vom Menschen lesbarer Form vorgelegt und können durch maschinenlesbare Informationen wie Radiofrequenz-Identifizierung („RFID”) oder Strichcodes ergänzt werden.”
Allgemeine Anforderungen
Die allgemeinen Anforderungen betreffen sowohl Anforderungen an die Kennzeichnung als auch an die Gebrauchsanweisung. So müssen die Angaben verständlich und gut lesbar sein, müssen unauslöschlich und damit über die Lebensdauer als Kennzeichnung verfügbar sein. Entsprechende Spezifikationen, Testpläne, Testprotokolle, sowie Verifikationen und/oder Validierungen müssen vom Hersteller über die eben genannten Anforderungen dokumentiert und aufrechterhalten werden.
Die allgemeinen Anforderungen betreffen sowohl Anforderungen an die Kennzeichnung als auch an die Gebrauchsanweisung. So müssen die Angaben verständlich und gut lesbar sein, müssen unauslöschlich und damit über die Lebensdauer als Kennzeichnung verfügbar sein. Entsprechende Spezifikationen, Testpläne, Testprotokolle, sowie Verifikationen und/oder Validierungen müssen vom Hersteller über die eben genannten Anforderungen dokumentiert und aufrechterhalten werden.
Nr. 23.1 lit. h) empfiehlt die Verwendung von international anerkannten Symbolen und/oder gegebenenfalls Identifizierungsfarben, insbesondere die Verwendung von Symbolen aus harmonisierten Normen oder Spezifikationen. Der Hinweis „gibt es keine derartigen harmonisierten Normen oder Spezifikationen…, so werden die Symbole und Identifizierungsfarben in der beigegebenen Produktdokumentation erläutert”, kann so interpretiert werden, dass Symbole, die harmonisierten Normen oder Standards entnommen sind, nicht mehr in der Gebrauchsanweisung erläutert werden müssen. Dies dürfte – insbesondere bei einfachen Produkten und bei Informationen in mehreren Amtssprachen – eine Verkürzung der Gebrauchsanweisung erlauben, wenn darauf verzichtet wird, alle auf der Kennzeichnung oder in der Gebrauchsanweisung verwendeten Symbole in der Gebrauchsanweisung nochmals zu erläutern.
Kennzeichnung
Bei den Anforderungen an die Angaben auf der Kennzeichnung wird explizit gefordert, dass alle nachfolgend genannten Angaben enthalten sein müssen. Zu den verpflichtenden Angaben gehören
Bei den Anforderungen an die Angaben auf der Kennzeichnung wird explizit gefordert, dass alle nachfolgend genannten Angaben enthalten sein müssen. Zu den verpflichtenden Angaben gehören
• | Informationen für die Identifikation des Produkts | ||||||||||||||
• | Informationen zum Hersteller (und ggf. Bevollmächtigten) – aber nicht zum Importeur! | ||||||||||||||
• | Informationen über die mit dem Herstellungsprozess verbundenen Daten wie Los- oder Seriennummer, UDI-Träger, Verwendbarkeits- oder Herstelldatum. Bei aktiven Implantaten ist die Angabe einer Seriennummer vorgeschrieben, bei anderen Implantaten eine Serien- oder Losnummer (Anhang I Abschnitt 23.2 s) MDR) | ||||||||||||||
• | Informationen wie „Warnhinweis oder [...] Vorsichtsmaßnahmen, die dem Anwender [...] unverzüglich mitgeteilt werden müssen”, z. B., dass die Gebrauchsanweisung vor Anwendung gelesen werden soll | ||||||||||||||
• | Kennzeichnung als Medizinprodukt oder als klinisches Prüfprodukt | ||||||||||||||
• | Spezielle produktspezifische Informationen, sofern zutreffend, über
|
Sterilprodukte
Für Produkte, die steril zur Anwendung kommen sollen, gibt es spezielle Kennzeichnungsanforderungen für die Sterilverpackung. Neben den sonstigen Anforderungen an die Kennzeichnung (Produktidentifikation, Herstellerinformation, ggf. Hinweis auf klinisches Prüfprodukt oder Sonderanfertigung, Verwendbarkeitsdatum, ...) müssen auf einer Sterilverpackung spezifische Angaben zum sterilen Produkt und seiner Verpackung gemacht werden, beispielsweise
Für Produkte, die steril zur Anwendung kommen sollen, gibt es spezielle Kennzeichnungsanforderungen für die Sterilverpackung. Neben den sonstigen Anforderungen an die Kennzeichnung (Produktidentifikation, Herstellerinformation, ggf. Hinweis auf klinisches Prüfprodukt oder Sonderanfertigung, Verwendbarkeitsdatum, ...) müssen auf einer Sterilverpackung spezifische Angaben zum sterilen Produkt und seiner Verpackung gemacht werden, beispielsweise
• | dass es sich bei der Verpackung um eine Sterilverpackung handelt, |
• | dass sich das Produkt in einem sterilen Zustand befindet, |
• | welchem Sterilisationsverfahrens das Produkt unterzogen wurde, |
• | Monat und Jahr der Herstellung, |
• | Hinweis auf die Gebrauchsanweisung, sofern die Sterilverpackung vor der Verwendung des Produkts beschädigt oder versehentlich geöffnet wurde. |
Validierung der Kennzeichnung
Die Erfüllung der Anforderungen, dass die Angaben auf der Kennzeichnung unauslöschlich, gut lesbar und für den vorgesehenen Anwender oder Patienten klar verständlich sein müssen, sind durch entsprechende Tests zu belegen. Dazu gehören beispielsweise Tests zur Beständigkeit des Klebeetiketts und der aufgedruckten Beschriftungen über die Lager- und Transportdauer des Produkts, aber auch Tests zur Gebrauchstauglichkeit.
Die Erfüllung der Anforderungen, dass die Angaben auf der Kennzeichnung unauslöschlich, gut lesbar und für den vorgesehenen Anwender oder Patienten klar verständlich sein müssen, sind durch entsprechende Tests zu belegen. Dazu gehören beispielsweise Tests zur Beständigkeit des Klebeetiketts und der aufgedruckten Beschriftungen über die Lager- und Transportdauer des Produkts, aber auch Tests zur Gebrauchstauglichkeit.
Gebrauchsanweisung
Die Gebrauchsanweisung richtet sich primär an die Anwender des Produkts. Es müssen alle Angaben zu finden sein, damit der vorgesehene Anwender das Produkt entsprechend der Zweckbestimmung sicher einsetzen kann. Die Gebrauchsanweisung spielt darüber hinaus eine entscheidende Rolle bei der Bewertung von Vorkommnissen: Es wird geprüft, inwieweit das Produkt entsprechend der Gebrauchsanweisung angewendet wurde. Wenn die Gebrauchsanweisung vollumfänglich beachtet wurde, kann in der Regel ein Anwenderfehler ausgeschlossen werden, und es liegt vermutlich ein (schwerwiegendes) Vorkommnis vor, entweder durch ein fehlerhaftes Produkt oder auch einen Fehler in der Gebrauchsanweisung.
Die Gebrauchsanweisung richtet sich primär an die Anwender des Produkts. Es müssen alle Angaben zu finden sein, damit der vorgesehene Anwender das Produkt entsprechend der Zweckbestimmung sicher einsetzen kann. Die Gebrauchsanweisung spielt darüber hinaus eine entscheidende Rolle bei der Bewertung von Vorkommnissen: Es wird geprüft, inwieweit das Produkt entsprechend der Gebrauchsanweisung angewendet wurde. Wenn die Gebrauchsanweisung vollumfänglich beachtet wurde, kann in der Regel ein Anwenderfehler ausgeschlossen werden, und es liegt vermutlich ein (schwerwiegendes) Vorkommnis vor, entweder durch ein fehlerhaftes Produkt oder auch einen Fehler in der Gebrauchsanweisung.
Anhang I Abschnitt 23.4 MDR listet die Angaben auf, die in der Gebrauchsanweisung enthalten sein müssen. Auch hier gibt es verpflichtende Informationen und solche, die nur in bestimmten Fällen vorgeschrieben sind. Neben Angaben, die auch schon auf der Verpackungskennzeichnung erforderlich sind, sind insbesondere folgende Angaben zu machen (Auszug):
• | „Die Zweckbestimmung des Produkts mit einer genauen Angabe der Indikationen, Kontraindikationen, Patientenzielgruppe(n) und vorgesehenen Anwender, soweit zutreffend” (Anhang I Abschnitt 23.4 b) MDR) | ||||||
• | Ggf. Angaben zum erwarteten klinischen Nutzen. | ||||||
• | Ggf. Link zum Kurzbericht über die Sicherheit und klinische Leistung (SSCP gemäß Artikel 32 MDR). | ||||||
• | Zu den Leistungsmerkmalen des Produkts, einschließlich Angaben
| ||||||
• | Warnungen und Sicherheitshinweise zur sicheren Anwendung im Zusammenhang mit Fehlfunktionen, äußeren Einflüssen (Wärme, elektromagnetische und Magnetfelder), Wechselwirkungen des Produkts mit anderen Ausrüstungsgegenständen sowie ggf. zu möglichen Nebenwirkungen, Schädigungen oder Wechselwirkungen im Zusammenhang bei der Kombination des Produkts mit Arzneimitteln, Geweben, CMR-Stoffen oder anderen Stoffen. | ||||||
• | Bei implantierbaren Produkten über die verwendeten Materialien. | ||||||
• | Warnungen und Vorsichtshinweise im Hinblick auf die Entsorgung, beispielsweise bei kontaminierten Produkten. | ||||||
• | Ausgabedatum und Identifikation der Gebrauchsanweisung. | ||||||
• | Aufforderung an Anwender oder Patienten, alle schwerwiegenden Vorfälle dem Hersteller und den zuständigen Behörden zu melden. | ||||||
• | Bei implantierbaren Produkten, Aufforderung der Anwender, den Patienten die Implantatinformationen/Implantationspass auszuhändigen. |
Sprachanforderungen
Artikel 10 Absatz 11 MDR fordert, dass die Informationen in der Kennzeichnung oder Gebrauchsanweisung dem Anwender oder Patienten in einer oder mehreren Amtssprachen beigelegt werden, die von dem entsprechenden Mitgliedstaat festgelegt sind, in dem das Produkt zur Verfügung gestellt wird. Die Einschränkung „in einer oder mehreren von dem Mitgliedstaat [...] festgelegten Amtssprache(n) der Union” schränkt den Sprachenumfang einerseits auf die 25 offiziellen Amtssprachen der EU ein, d. h,. die darüberhinausgehenden Sprachen, z. B. von Minderheiten, sind von den MDR-Anforderungen ausgeschlossen.
Artikel 10 Absatz 11 MDR fordert, dass die Informationen in der Kennzeichnung oder Gebrauchsanweisung dem Anwender oder Patienten in einer oder mehreren Amtssprachen beigelegt werden, die von dem entsprechenden Mitgliedstaat festgelegt sind, in dem das Produkt zur Verfügung gestellt wird. Die Einschränkung „in einer oder mehreren von dem Mitgliedstaat [...] festgelegten Amtssprache(n) der Union” schränkt den Sprachenumfang einerseits auf die 25 offiziellen Amtssprachen der EU ein, d. h,. die darüberhinausgehenden Sprachen, z. B. von Minderheiten, sind von den MDR-Anforderungen ausgeschlossen.
Andererseits gibt es in der EU 24 offizielle Amtssprachen, darüber hinaus im Wirtschaftsraum, in dem die MDR-Anforderungen umgesetzt werden (EU und Norwegen, Island, Liechtenstein sowie Türkei) zusätzliche 3 offizielle Amtssprachen, d. h. insgesamt 27 Amtssprachen im Geltungsbereich der MDR.
Von der EU-Kommission (Directorate-General for Health and Food Safety) wurden am 17. Januar 2024 die Sprachanforderungen für die MDR veröffentlicht (s. Arbeitshilfe). Danach verlangen die 27 EU-Staaten die Informationen für Laien (Selbstanwendung durch Patienten) in insgesamt 20 Sprachen, in den weiteren Staaten des EWR sowie der Türkei sind weitere zwei Sprachen (Norwegisch und Türkisch) für die Informationen von Laien vorgeschrieben. Sofern die Produkte ausschließlich von professionellen Anwendern angewendet werden, akzeptieren viele Staaten anstelle ihrer Landessprache auch Informationen in anderen Sprachen, z. B. in Englisch oder einer anderen dort verständlichen Sprache. Aber auch dann sind die Informationen in mehr als 10 Amtssprachen zu verfassen, wenn die Produkte im gesamten „MDR-Raum” bereitgestellt werden sollen.[
language_requirements_mdr.pdf]

Die EU-Liste der Sprachanforderungen schlüsselt die Anforderungen auch noch nach weiteren Kriterien auf, z. B. nach Sprachanforderungen für die Implantationskarte (Artikel 18 Abs. 1 MDR) und die grafische Benutzeroberfläche, z. B. bei Apps. Darüber hinaus werden auch die Sprachanforderungen für die Konformitätserklärung (Artikel 19 Abs. 1 MDR), die Sicherheitsinformationen im Feld (Artikel 89 Abs. 8 MDR) sowie für die Dokumente zur Konformitätsbewertung (Artikel 52 Abs. 12 MDR) dargestellt.
Hinweis
Wenn der Hersteller den Übersetzungsprozess ausgelagert hat, so muss der Lieferant entsprechend für diese Dienstleistung geeignet und qualifiziert sein und dessen Übersetzungszertifikate sollten zusammen mit den übersetzten Versionen der genannten Dokumente in der technischen Dokumentation abgelegt werden.
Wenn der Hersteller den Übersetzungsprozess ausgelagert hat, so muss der Lieferant entsprechend für diese Dienstleistung geeignet und qualifiziert sein und dessen Übersetzungszertifikate sollten zusammen mit den übersetzten Versionen der genannten Dokumente in der technischen Dokumentation abgelegt werden.
2.12 Absatz 12 Nichtkonformität bei Produkten
„(12) Hersteller, die der Auffassung sind oder Grund zu der Annahme haben, dass ein von ihnen in Verkehr gebrachtes oder in Betrieb genommenes Produkt nicht dieser Verordnung entspricht, ergreifen unverzüglich die erforderlichen Korrekturmaßnahmen, um die Konformität dieses Produkts herzustellen oder es gegebenenfalls vom Markt zu nehmen oder zurückzurufen. Sie setzen die Händler des betreffenden Produkts und gegebenenfalls den Bevollmächtigten und die Importeure davon in Kenntnis.
Geht von dem Produkt eine schwerwiegende Gefahr aus, informieren die Hersteller außerdem unverzüglich die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, in denen sie das Produkt bereitgestellt haben, sowie gegebenenfalls die Benannte Stelle, die für dieses Produkt eine Bescheinigung gemäß Artikel 56 ausgestellt hat, und übermitteln dabei insbesondere Angaben zur Nichtkonformität und zu bereits ergriffenen Korrekturmaßnahmen.”
Der Absatz 12 in Artikel 10 der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (MDR) stellt Anforderungen auf, welche Maßnahmen ein Hersteller treffen muss, sofern er von Nichtkonformitäten seiner Produkte erfährt. Er berührt damit auch die Vigilanzpflichten des Herstellers, sofern eine Nichtkonformität zu einem Vorkommnis oder einem schwerwiegenden Vorkommnis führt oder führen könnte oder zu einer Sicherheitskorrekturmaßnahme im Feld (Rücknahme oder Rückruf).
Gemäß Artikel 5 der MDR darf ein Produkt nur in Verkehr gebracht werden, wenn es den Anforderungen der MDR entspricht und der Hersteller zuvor ein entsprechendes Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Artikel 52 MDR zur Bewertung der Konformität des Produkts durchgeführt hat. Artikel 10 (12) regelt die Vorgehensweise des Herstellers in dem Falle, wenn ein bereits in Verkehr gebrachtes Produkt nach Eischätzung des Herstellers nicht mehr den Anforderungen der MDR entspricht.
Artikel 10 Absatz 12 setzt als grundlegenden Maßstab für entsprechende Meldungen des Herstellers an Händler sowie gegebenenfalls Bevollmächtigte, Importeure und die zuständigen Behörden die „Nichtkonformität” des Produkts mit den Anforderungen aus der MDR an, nicht jedoch die Begriffe „Vorkommnis” oder „schwerwiegendes Vorkommnis”, da diese nur eine Untergruppe von Nichtkonformitäten darstellen.
2.12.1 Was bedeutet Nichtkonformität?
Der Begriff „Nichtkonformität” ist ebenso wie der Begriff „Konformität” innerhalb der MDR nicht definiert, kann allerdings aus der Definition für „Konformitätsbewertung” abgeleitet werden: Danach stellt die Konformitätsbewertung (als Verfahren) fest, ob die Anforderungen der MDR an ein Produkt erfüllt worden sind. Eine „Nichtkonformität” im Sinne der MDR ist daher die Nicht-Erfüllung einer oder mehrerer Anforderungen der MDR und somit das Gegenteil von Konformität.
Eine Bestimmung des Begriffs findet sich innerhalb der Norm DIN EN ISO 13485, die Anforderungen an das Qualitätsmanagement von Anbietern und Herstellern von Medizinprodukten umfasst. Ein Heranziehen dieser Norm ist deshalb sinnvoll, da sie häufig als Grundlage für die Erstellung eines Qualitätsmanagementsystems dient, das in Artikel 10 Absatz 9 MDR verlangt, dass: „(…) Die Hersteller von Produkten, bei denen es sich nicht um Prüfprodukte handelt, müssen ein Qualitätsmanagementsystem einrichten, dokumentieren, anwenden, aufrechterhalten, ständig aktualisieren und kontinuierlich verbessern, das die Einhaltung dieser Verordnung auf die wirksamste Weise sowie einer der Risikoklasse und der Art des Produkts angemessenen Weise gewährleistet.” (Siehe dazu ausführlich Abschnitt 2.9 in diesem Beitrag (s. Abschn. 2.9).
In der deutschen Ausgabe der Norm DIN EN ISO 13485:2021 „Medizinprodukte – Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen für regulatorische Zwecke” werden explizit die Begriffe nicht-konform und Nichtkonformität verwendet:
„Die Norm verwendet bewusst den Begriff „Nichtkonformität” und nicht den Begriff „Fehler”. Beide Begriffe sind nicht inhaltsidentisch. „Fehler” ist ein juristisch geprägter Begriff, der in der Sachmängelgewährleistung und der Produkthaftung eine Rolle spielt. Die „Nichtkonformität” weicht hiervon insofern ab, als die herstellereigenen Spezifikationen weiter oder anders sein können, als diejenigen welche mit dem Kunden vereinbart wurden oder vom Markt erwartet werden.”
Nichtkonformitäten können bei Prozessen oder Produkten bestehen. Artikel 10 Absatz 12 bezieht sich ausschließlich auf Produkte. Nichtkonformitäten bei Produkten können zum Beispiel sein:
• | Produkte, die die Spezifikation des Herstellers nicht erfüllen |
• | Produkte mit anfälligen Bauteilen oder Materialversagen in der Anwendung |
• | Produkte mit fehlerhafter Verpackung und Kennzeichnung |
• | Produkte, welche giftige Substanzen an den Körper abgeben |
• | Produkte, welche aufgrund eines Produktionsfehlers fehlerhaft sind |
2.12.2 Wie erlangt der Hersteller Kenntnis über ein nichtkonformes Produkt im Markt?
Innerhalb der MDR findet sich an diversen Stellen der Begriff der „Beschwerde” im Zusammenhang mit einem Medizinprodukt jedoch keine eigenständige Definition dafür.
Die Leitlinie der MDCG 2023-3 zu „Questions and Answers on vigilance terms and concepts as outlined in the Regulation (EU) 2017/745 on medical devices” verweist dazu auf die Norm DIN EN ISO 13485 und liefert folgende Definition:
„*Eine Beschwerde ist in EN ISO 13485:2016 definiert und kann als eine schriftliche, elektronische oder mündliche Mitteilung, die Mängel im Zusammenhang mit der Identität, Qualität, Haltbarkeit, Zuverlässigkeit, Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit oder Leistung eines Medizinprodukts oder in Bezug auf eine Dienstleistung die die Leistung eines solchen Medizinprodukts beeinträchtigt. Es ist wichtig zu beachten, dass Beschwerden und Informationen, die für Vigilanzmeldungen relevant sind, nicht nur extern generiert werden, sondern auch durch die eigenen Aktivitäten des Herstellers entstehen können zur routinemäßigen Überwachung der Sicherheit und Leistung eines Produkts.” [Übersetzung d. Autorin]
Der Hersteller kann die Kenntnis über ein nichtkonformes Produkt im Markt sowohl von externer Seite (z. B. von einem Angehörigen der Gesundheitsberufe, einem Patienten oder Anwender über ein mutmaßliches Vorkommnis im Zusammenhang mit einem Produkt) als auch von interner Seite erlangen, beispielsweise im Rahmen seiner eigenen routinemäßigen Überwachungstätigkeiten, z. B. seiner Überwachung nach dem Inverkehrbringen (s. Kap. 02083, s. Kap. 02084, s. Kap. 02085 und s. Kap. 02086 im Werk zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen) oder durch Hinweise aus dem Produktionsprozess.
2.12.3 Grundlegender Umgang des Herstellers mit Nichtkonformität der Produkte
Aus der Norm DIN EN ISO 13485 zum Qualitätsmanagement des Herstellers lassen sich weitere Anhaltspunkte zum Umgang mit Nichtkonformität ableiten, denn sie behandelt neben der Lenkung von Dokumenten, Infrastruktur, Produktrealisierung einschließlich Sterilisation auch den Umgang mit Nichtkonformität und Korrekturmaßnahmen:
„8.3 Lenkung nichtkonformer Produkte
8.3.1 Allgemeines Die Organisation muss sicherstellen, dass ein Produkt, das die Produktanforderungen nicht erfüllt, identifiziert und gelenkt wird, um seine nicht vorhergesehene Verwendung oder seine Auslieferung zu verhindern. Die Organisation muss ein Verfahren dokumentieren, mit dem die Lenkung und damit zusammenhängende Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten für die Identifizierung, Dokumentation, Aussonderung, Bewertung und Disposition in Bezug auf nichtkonforme Produkte definiert werden. Die Bewertung der Nichtkonformität muss eine Bestimmung der Notwendigkeit einer Untersuchung umfassen sowie die Benachrichtigung aller externen Parteien, die für die Nichtkonformität verantwortlich sind. Es müssen Aufzeichnungen über die Art der Nichtkonformität und über sämtliche nachfolgend ergriffenen Maßnahmen, einschließlich der Beurteilung, jeder Untersuchung und der Begründung für Entscheidungen aufrechterhalten werden (siehe 4.2.5).” (Quelle: Die Norm DIN EN ISO 13485:2021)
Dabei wird eindeutig gefordert, dass Nichtkonformitäten seitens der Organisation des Herstellers erkannt werden und entsprechende Maßnahmen vorhanden sein müssen, die eine (weitere) Auslieferung in den Markt oder Verwendung verhindern. Es wird explizit betont, dass alle Verfahren entsprechend dokumentiert und jegliche Bewertungen zur Nichtkonformität und dem Umgang damit entsprechend schriftlich begründet werden. Aus Kapitel 4.2.5. der Norm „Lenkung der Aufzeichnungen” zu den Dokumentationsanforderungen durch den Hersteller kann entnommen werden, dass die Betonung eines dokumentierten Verfahrens zur „Identifizierung, die Lagerung, den Schutz und die Unversehrtheit, die Wiederauffindbarkeit, die Aufbewahrungsfrist von Aufzeichnungen und die Verfügung über Aufzeichnungen.” vorhanden sein muss. Ebenso werden die Anforderungen an den Schutz vertraulicher Daten sowie zur Form der Aufzeichnungen (lesbar, leicht identifizierbar und wieder auffindbar und nachvollziehbare Änderungen) gestellt.
Die Norm benennt auch explizit die Einleitung von notwendigen Maßnahmen für Produkte, bei denen Nichtkonformitäten nach der Auslieferung und somit dem Inverkehrbringen bzw. der Inbetriebnahme festgestellt werden:
„8.3.3 Maßnahmen als Reaktion auf nach der Auslieferung festgestellte nichtkonforme Produkte
Wird ein nichtkonformes Produkt erkannt, nachdem die Auslieferung oder Anwendung bereits begonnen hat, muss die Organisation Maßnahmen ergreifen, die den Auswirkungen oder den möglichen Auswirkungen der Nichtkonformität angemessen sind. Es müssen Aufzeichnungen zu den ergriffenen Maßnahmen aufrechterhalten werden (siehe 4.2.5). Die Organisation muss Verfahren für die Herausgabe von Maßnahmenempfehlungen in Übereinstimmung mit anwendbaren regulatorischen Bestimmungen dokumentieren. Diese Verfahren müssen jederzeit vollzogen werden können. Es müssen Aufzeichnungen zu den Maßnahmen in Verbindung mit der Herausgabe von Maßnahmenempfehlungen aufrechterhalten werden (siehe 4.2.5).”
Dadurch wird der Hersteller in die Pflicht genommen, bei der Feststellung, dass ein nichtkonformes Produkt bereits in den Markt gelangt ist, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen die eine vorherige Bewertung zu den möglichen Auswirkungen des nichtkonformen Produkts im Markt enthalten. Die Maßnahmenempfehlungen müssen wiederum entsprechend dokumentiert werden.
Wichtig dabei ist die Anforderung „Maßnahmenempfehlungen in Übereinstimmung mit den anwendbaren regulatorischen Bestimmungen” zu treffen, die als eindeutige Referenz von der MDR für Produkte im EU-Markt aufgenommen wurde.
2.12.4 Einordnung der Nichtkonformität eines Produkts durch den Hersteller
Bei Eingang einer Beschwerde (extern oder intern) muss der Hersteller zunächst prüfen, worum es sich bei der konkreten Beschwerde zur Nichtkonformität des Produkts handelt. Daraus leiten sich die notwendigen Korrekturmaßnahmen des Herstellers ab.
Hilfreich ist wieder das Heranziehen der Leitlinie der MDCG 2023-3 zu „Questions and Answers on vigilance terms and concepts as outlined in the Regulation (EU) 2017/745 on medical devices” und das darin enthaltene Schaubild auf Seite 4, das die entsprechende Einordnung einer Beschwerde zur Nichtkonformität und daraus notwendiger Maßnahmen durch den Hersteller darstellt. Demnach muss der Hersteller zunächst bewerten, ob die Beschwerde die Kriterien für ein Vorkommnis im Sinne der Definition nach Artikel 2 Nr. 64 MDR erfüllt:
„„Vorkommnis” bezeichnet eine Fehlfunktion oder Verschlechterung der Eigenschaften oder Leistung eines bereits auf dem Markt bereitgestellten Produkts, einschließlich Anwendungsfehlern aufgrund ergonomischer Merkmale, sowie eine Unzulänglichkeit der vom Hersteller bereitgestellten Informationen oder eine unerwünschte Nebenwirkung;”
Trifft die Beschwerde die Vorkommnis-Definition muss der Hersteller weiter untersuchen, ob es sich um ein „schwerwiegendes Vorkommnis” im Sinne des Artikel 2 Nr. 65 MDR handelt:
„„schwerwiegendes Vorkommnis” bezeichnet ein Vorkommnis, das direkt oder indirekt eine der nachstehenden Folgen hatte, hätte haben können oder haben könnte:
a) den Tod eines Patienten, Anwenders oder einer anderen Person, b) die vorübergehende oder dauerhafte schwerwiegende Verschlechterung des Gesundheitszustands eines Patienten, Anwenders oder anderer Personen, c) eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Gesundheit,” (Artikel 2 Nr. 65 MDR)
2.12.5 Korrekturmaßnahmen durch den Hersteller
Bei einer „Korrekturmaßnahme” handelt es sich nach der MDR um eine Maßnahme zur Beseitigung der Ursache eines potenziellen oder vorhandenen Mangels an Konformität oder einer sonstigen unerwünschten Situation (Artikel 2 Nr. 67 MDR).
Die MDR unterscheidet an dieser Stelle nicht zwischen einem möglichen und einem tatsächlichen Mangel an Konformität und ist somit weiter gefasst als die Norm zum Qualitätsmanagement des Herstellers, die nur auf einen tatsächlichen Mangel abzielt und fordert, dass der Hersteller „Maßnahmen zur Beseitigung der Ursachen von Nichtkonformitäten ergreifen (muss), um deren erneutes Auftreten zu verhindern.” (DIN ISO EN 13485: 2021, Kapitel 8.5.2).
Weiterhin heißt es in Kapitel 8.5.2 der DIN ISO EN 13485: 2021:
„Korrekturmaßnahmen müssen den Auswirkungen der aufgetretenen Nichtkonformitäten entsprechen. Die Organisation muss ein Verfahren dokumentieren, um Anforderungen festzulegen zur:
a) Bewertung von Nichtkonformitäten (einschließlich Reklamationen); b) Ermittlung der Ursachen von Nichtkonformitäten; c) Beurteilung des Handlungsbedarfs, um das erneute Auftreten von Nichtkonformitäten zu verhindern; d) erforderliche Planungs- und Dokumentationsmaßnahmen sowie Implementierung derartiger Maßnahmen, einschließlich, soweit angemessen, der Aktualisierung der Dokumentation; e) Verifizierung, dass die Korrekturmaßnahme weder die Eignung, anwendbare regulatorische Anforderungen zu erfüllen noch die Sicherheit und Leistung des Medizinprodukts nachteilig beeinflusst; f) Bewertung der Wirksamkeit der ergriffenen Korrekturmaßnahmen. Es müssen Aufzeichnungen der Ergebnisse aller Untersuchungen und der ergriffenen Maßnahmen aufrechterhalten werden (siehe 4.2.5).”
2.12.6 Meldepflichten des Herstellers zu nichtkonformen Produkten im Markt
Nachdem der Hersteller eine eingegangene Beschwerde zu einem nichtkonformen Produkt bewertet und entsprechend eingestuft hat, ergeben sich die entsprechend notwendigen Korrekturmaßnahmen durch den Hersteller:
Handelt es sich nicht um ein Vorkommnis im Sinne Artikel 2 Nr. 64 MDR muss der Hersteller keine Meldung an die zuständige Behörde vornehmen, aber er muss die Beschwerde in seinem Qualitätsmanagementsystem entsprechend dokumentieren.
Handelt es sich um ein Vorkommnis im Sinne Artikel 2 Nr. 64 MDR und kann ausgeschlossen werden, dass es sich um ein schwerwiegendes Vorkommnis handelt, muss der Hersteller ebenfalls keine Meldung an die zuständige Behörde vornehmen, denn ein nicht schwerwiegendes Vorkommnis erfüllt nicht die Meldepflichten gemäß Artikel 87 Absatz 1 MDR. Der Hersteller ist wiederum verpflichtet, das Vorkommnis entsprechend zu dokumentieren und in seinem QM-System zu berücksichtigen. Zudem müssen alle nicht schwerwiegenden Vorkommnisse bei der Bewertung und gegebenenfalls Meldung von Trends nach Artikel 88 MDR berücksichtigt werden.
Handelt es sich um ein schwerwiegendes Vorkommnis im Sinne des Artikel 2 Nr. 65 MDR muss der Hersteller der zuständigen Behörde innerhalb bestimmter Fristen eine Meldung gemäß Artikel 87 Absatz 1 MDR übermitteln. Zur konkreten Vorgehensweise des Herstellers in diesem Fall und zu den konkreten Fristen findet sich im Werk der ausführliche Beitrag 02087 zum Artikel 87 MDR: „Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld” (s. Kap. 02087).
2.12.7 Rückruf des Produkts als Korrekturmaßnahme des Herstellers
Ein Produktrückruf durch den Hersteller wird veranlasst, wenn die eigene Risikobewertung einer Beschwerde bzw. eines Vorkommnisses zu einem nichtkonformen Produkt diese Maßnahme aus seiner Sicht erforderlich macht (z. B. bei Auftreten eines oder mehrerer schwerwiegender Vorkommnisse mit dem gleichen Produkt). Die MDR definiert als Rückruf „jede Maßnahme, die auf Erwirkung der Rückgabe eines dem Endverbraucher schon bereitgestellten Produkts abzielt;” (Artikel 2 Nr. 62 MDR).
Produktrückrufe bei nichtkonformen Produkten stellen nach der MDR nicht nur eine Korrekturmaßnahme, sondern eine spezielle Form einer „Sicherheitskorrekturmaßnahme im Feld” dar. Diese „bezeichnet eine von einem Hersteller aus technischen oder medizinischen Gründen ergriffene Korrekturmaßnahme zur Verhinderung oder Verringerung des Risikos eines schwerwiegenden Vorkommnisses im Zusammenhang mit einem auf dem Markt bereitgestellten Produkt; (Artikel 2 MDR Nr. 68)”.
Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld umfassen neben Produktrückrufen durch den Hersteller auch den Versand von sogenannten „dringenden Sicherheitsinformationen”, die den Anwendern zusätzliche Hinweise zur sicheren Anwendung des Produkts geben, ohne die Produkte zurückzurufen (z. B. Austausch der Gebrauchsanweisung, ...). Alle Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld sind meldepflichtig an die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, in die die betroffenen Produkte geliefert wurden. Sie werden in Deutschland auf der Webseite des BfArM veröffentlicht (s. Kap. 02087).
2.12.8 Wie schnell muss der Hersteller reagieren?
Während die Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen mit entsprechenden Fristen innerhalb der MDR hinterlegt ist (s. Kap. 02087) nennt Artikel 10 Absatz 12 keine Fristen für die Beseitigung von Nichtkonformitäten. Auch hier hilft ein Blick in die Norm zum Qualitätsmanagement der Hersteller von Medizinprodukten weiter:
„Die für den auditierten Bereich verantwortliche Leitung muss sicherstellen, dass jegliche notwendigen Korrekturen und Korrekturmaßnahmen ohne ungerechtfertigte Verzögerung zur Beseitigung von Nichtkonformitäten und ihrer Ursachen ergriffen werden.” (DIN EN ISO 13485)
Ohne ungerechtfertigte Verzögerung bedeutet also unverzüglich. Sollten sich Verzögerungen ergeben, die durch den Hersteller als gerechtfertigt betrachtet werden, muss dies wiederum entsprechend begründet und im Qualitätsmanagement-System dokumentiert werden.
2.12.9 Wer ist im Unternehmen verantwortlich?
Grundsätzlich ist für alle Aktivitäten, wie auch die Vigilanzaktivitäten, die Geschäftsleitung eines Unternehmens verantwortlich; diese kann die Verantwortung aber innerhalb des Unternehmens an andere Personen delegieren.
Um sicherzustellen, dass die Verantwortung von der Geschäftsleitung oder den delegierten Personen entsprechend wahrgenommen wird, wird in Erwägungsgrund (34) MDR eine interne Kontrolle gefordert: Und zwar, dass die Überwachung und Kontrolle der Vigilanzaktivitäten des Herstellers durch „eine der Organisation des Herstellers angehörende, für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person erfolgen (sollte), die über bestimmte Mindestqualifikationen verfügt”. Diese Person wird entsprechend der englischsprachigen Bezeichnung „Person responsible for regulatory compliance” auch im deutschen Sprachraum häufig mit „PRRC” abgekürzt. In vielen Unternehmen dürften die Meldepflichten im Rahmen der Vigilanz auch an diese Person delegiert sein.
Eine ausführliche Darstellung zu den Aufgaben, dem Verantwortungsbereich und den Qualifikationsanforderungen dieser Person findet sich in Beitrag 02015 im Werk zum Artikel 15 MDR: „Anforderungen an die für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person (VP)” (s. Kap. 02015).
2.13 Absatz 13 Vigilanzsystem
„(13) Die Hersteller verfügen über ein System für die Aufzeichnung und Meldung von Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld gemäß den Artikeln 87 und 88.”
Vigilanzsystem ist Pflicht
Die MDR verpflichtet den Hersteller ein Vigilanz-System zu implementieren und zu führen, das ihm ermöglicht, meldepflichtige bzw. schwerwiegende Vorkommnisse (Artikel 87 „Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld”) sowie Trends (Artikel 88 „Meldung von Trends”) aus gesammelten Daten zu erkennen und zu melden. Diese Daten werden durch den Hersteller beispielsweise im Rahmen von Kundenreklamationen oder der Überwachung nach dem Inverkehrbringen (Post Market Surveillance – PMS) gesammelt (s, Kap. 02083 zum System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen gemäß Artikel 83).
Die MDR verpflichtet den Hersteller ein Vigilanz-System zu implementieren und zu führen, das ihm ermöglicht, meldepflichtige bzw. schwerwiegende Vorkommnisse (Artikel 87 „Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld”) sowie Trends (Artikel 88 „Meldung von Trends”) aus gesammelten Daten zu erkennen und zu melden. Diese Daten werden durch den Hersteller beispielsweise im Rahmen von Kundenreklamationen oder der Überwachung nach dem Inverkehrbringen (Post Market Surveillance – PMS) gesammelt (s, Kap. 02083 zum System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen gemäß Artikel 83).
Das Vigilanzsystem innerhalb der MDR ist als reaktives Meldesystem zu verstehen und soll den Schutz der Gesundheit und die Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten gewährleisten. Reaktiv bedeutet, dass die Meldungen als Reaktion, also nachgeschaltet den Vorkommnissen im Feld erfolgen müssen. Anders als proaktive Maßnahmen, wie im Rahmen der Post-Market Surveillance (Überwachung nach dem Inverkehrbringung), die unabhängig davon, was tatsächlich passiert, erfolgen müssen (dazu die ausführliche Kommentierung des Artikels 83 der MDR von Frau Barbara Leukers, s. Kap. 02083).
Die Verfahren für die Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld im Rahmen der Vigilanz sind ein zwingender Aspekt im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems des Herstellers (Artikel 10 (9) MDR, s. Abschn. 2.9) und somit für alle Hersteller maßgeblich.
2.13.1 Nationale Meldungen bis zur Freigabe des Vigilanzmoduls in Eudamed
Hersteller müssen im Rahmen ihres Vigilanzsystems regeln, wie sie Vorkommnisse mit ihren Produkten an die zuständigen Behörden melden. Die MDR sieht eine EU-weit einheitliche Meldeschnittstelle über das Vigilanz-Modul der Eudamed-Datenbank vor. Das Modul steht aktuell (Dezember 2024) noch nicht zur Verfügung und deshalb müssen weiterhin nationale Meldungen über die jeweiligen landesspezifischen Datenbanken erfolgen.
Nach der aktuellen offiziellen Information der EU-Kommission im Rahmen ihres Fragen- und Antworten-Dokuments zum graduellen Rollout von Eudamed (November 2024) muss das Eudamed-Vigilanz-Modul sechs Monate, nachdem die Bekanntmachung zur Bestätigung der Funktionsfähigkeit des Moduls im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, durch die Hersteller von Medizinprodukten bzw. durch deren EU-Bevollmächtigte verpflichtend angewendet werden.
In Deutschland erfolgen Vorkommnismeldungen mit Medizinprodukten derzeit an das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte). Hersteller und Bevollmächtigte nutzen hierfür das europäisch einheitliche Meldeformular „Manufacturer Incident Report” (MIR-Formular), das seit dem 01.01.2020 zu verwenden ist.
Grundsätzlich müssen zusätzliche nationale Gesetzgebungen in Bezug auf Vigilanzmeldungen entsprechend beachtet werden, wie in Deutschland die Verordnung über die Meldung von mutmaßlichen schwerwiegenden Vorkommnissen bei Medizinprodukten sowie zum Informationsaustausch der zuständigen Behörden (Medizinprodukte-Anwendermelde- und Informationsverordnung, MPAMIV).
2.13.2 Relevante Meldefristen
Maßgeblich relevante Fristen für den Hersteller und seinen Vigilanzprozess sind in Artikel 87 (3)-(5) MDR zu finden. Jeder Hersteller, der Medizinprodukte auf dem Unionsmarkt bereitstellt, muss bestimmte Ereignisse innerhalb folgender Fristen melden:
Meldung spätestens nach 15 Tagen: „Jedes schwerwiegende Vorkommnis im Zusammenhang mit Produkten, die auf dem Unionsmarkt bereitgestellt werden, außer erwarteter Nebenwirkungen, die in den Produktinformationen eindeutig dokumentiert, in der technischen Dokumentation quantifiziert und Gegenstand der Meldung von Trends gemäß Artikel 88 sind;”
Zur Meldung schwerwiegender Vorkommnisse gibt es jedoch die folgenden verkürzten Fristen:
Meldung spätestens nach 2 Tagen: „[...] im Falle einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit”
Meldung spätestens nach 10 Tagen: „[...] im Falle des Todes oder einer unvorhergesehenen schwerwiegenden Verschlechterung des Gesundheitszustands einer Person”
Eine ausführliche Kommentierung zu den Anforderungen an das Vigilanzsystem und den Meldefristen unter der MDR findet sich in der Kommentierung zum Artikel 87 MDR „Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld” (s. Kap. 02087).
2.13.3 Trendmeldungen
Die in der MDR verankerte Trendanalyse nach Artikel 88 verlangt, dass Hersteller „jeden statistisch signifikanten Anstieg der Häufigkeit oder des Schweregrades nicht schwerwiegender Vorkommnisse oder erwarteter unerwünschter Nebenwirkungen, die
1. eine erhebliche Auswirkung auf die Nutzen-Risiko-Analyse (…) haben könnten und
2. die zu Risiken für die Gesundheit oder Sicherheit der Patienten, Anwender oder anderer Personen führen oder führen könnten, die in Anbetracht des beabsichtigten Nutzens nicht akzeptabel sind.” melden.
Dafür müssen vom Hersteller geeignete Methoden zur statistischen Analyse und dem Festlegen von Schwellenwerten gefunden werden, anhand derer er prüfen kann, ob seine Annahmen im Risikomanagement noch passend sind. Gegebenenfalls muss selbst bei nicht schwerwiegenden Vorkommnissen eine Meldung durch den Hersteller an die Behörde erfolgen. Zum Artikel 88 MDR „Meldung von Trends” siehe die ausführliche Kommentierung (s. Kap. 02088).
2.13.4 Leitfäden der EU-Kommission zu Vigilanz
Für ein gemeinsames Verständnis der Begriffe und Konzepte eines Vigilanzsystems unter der MDR wurden durch die Medical Device Coordination Group (MDCG) zwei Leitfäden entwickelt. Die Dokumente
• | MDCG 2023-3 Rev 1 „Questions and Answers on vigilance terms and concepts as outlined in the Regulation (EU) 2017/745 on medical devices” und |
• | MDCG 2024-1 ”Guidance on the vigilance system for CE-marked devices" liefern Hilfestellungen rund um das Thema Vigilanz. |
Quellen
1
Beschluss Nr. 768/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung des Beschlusses 93/465/EWG des Rates.
2
Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates.
3
DIN EN ISO 14971:2020-07 Medizinprodukte − Anwendung des Risikomanagements auf Medizinprodukte (ISO 14971:2019); Deutsche Fassung EN ISO 14971:2019, Beuth Verlag, Berlin.
4
IMDRF/RPS WG/N9 FINAL:2019 (Edition 3): Non-In Vitro Diagnostic Device Market Authorization Table of Contents vom 21.03.2019.
5
IMDRF/RPS WG/27 Final:2019: Assembly and Technical Guide for IMDRF Table of Contents Submissions vom 24.01.2019.
6
Je nach Anwender/Benutzergruppe kann die Leserlichkeit variieren. Auf der Internetseite www.leserlich.info gibt es dazu Schriftgrößenrechner, mit dem die Schriftgröße zum Abstand berechnet werden kann. Des Weiteren sei hier auch die „DIN 1450 Schriften – Leserlichkeit” genannt.
7
Durchführungsbeschluss (EU) 2019/939 vom 6. Juni 2019: eur-lex.europa.eu
8
Leitlinie der UDI Working Group: UDIWG 2018-2: ec.europa.eu
9
Leitlinie IMDRF/UDI WG/N48 Final Document: 21.03.20192019: www.imdrf.org
10
MDCG Guidelines: health.ec.europa.eu
11
MDCG-Dokument MDCG 2010-5 (08/2020): health.ec.europa.eu
12
EUDAMED – European Database on Medical Devices: ec.europa.eu
13
MDCG 2021-13 rev 1: health.ec.europa.eu
14
MDCG 2021-25: health.ec.europa.eu