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04100 Das Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz

Eine Einführung

In diesem Beitrag finden Sie eine Einleitung in das Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG). Durch das Gesetz wird die Durchführung der Vorschriften der europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR) geregelt und durch nationale Regelungen ergänzt. Der Beitrag stellt das Gesetz Kapitel für Kapitel vor und hebt die Unterschiede zum alten Medizinproduktegesetz (MPG) hervor.
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1 Einführung

Im Jahr 2017 traten die neuen EU-Verordnungen 2017/745 über Medizinprodukte (bekannt als MDR − Medical Device Regulation) und 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (bekannt als IVDR) in Kraft. Diese erlangten am 26.05.2021 bzw. 26.05.2022 Geltung, d. h., ihre Vorschriften müssen dann grundsätzlich angewendet werden.
Die europäischen Regelungen durch die MDR bzw. IVDR müssen – wie zuvor – um nationale Regelungen ergänzt werden. So trat zum 26.05.2021 das deutsche Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) zunächst für die Ergänzung der MDR in Kraft, mit dem 26.05.2022 wurde das MPDG um Regelungen für die In-vitro-Diagnostika ergänzt, sodass die nationalen Regelungen zu beiden EU-Verordnungen in einem Gesetz zusammengefasst sind. Entsprechend wurden das bisherige Medizinproduktegesetz (MPG) und seine untergesetzlichen Verordnungen (MPV, MPKPV, MPSV, DIMDIV, MPGebV und MPGVwV) abgelöst bzw. an die neuen europäischen Regelungen angepasst (MPBetreibV und MPAV). Mit der neuen Medizinprodukte-Anwendermelde- und Informationsverordnung (MPAMIV) wurden einzelne Aspekte der MPSV in das nationale Recht wiederaufgenommen; die ebenfalls neue Bundeskostenverordnung BMGBGebV regelt die Kosten für behördliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Medizinprodukterecht, die zuvor in der spezifischen MPGebV festgelegt worden waren.
Das nunmehr auf nationaler Ebene relevante Gesetzeswerk für Medizinprodukte ist das Gesetz zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend Medizinprodukte (Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz − MPDG), das durch eine Reihe von Verordnungen ergänzt wird.
MDR hat Anwendungsvorrang
Bei der Gesetzeslektüre und damit einhergehend der Frage, welche Vorschriften nun konkret relevant und anwendbar sind, gilt es einige Besonderheiten zu beachten. Die MDR gilt als Verordnung der Europäischen Union unmittelbar in den Mitgliedsstaaten, d. h., dass die Regelungen der MDR grundsätzlich ohne weitere Maßnahmen zur Umsetzung anwendbar und dem nationalen Gesetz gleichrangig sind. Sie sind formaler Bestandteil der mitgliedsstaatlichen Rechtsordnung, wenngleich sie als EU-Verordnung immer noch gemeinschaftsrechtlichen Charakter haben. Die MDR steht damit nicht über dem nationalen Recht, hat aber Anwendungsvorrang, d. h., entgegenstehendes nationales Recht darf nicht angewendet werden. Zugleich besteht ein sogenanntes Umsetzungsverbot für die Mitgliedsstaaten der EU, d. h., zusätzliche Umsetzungs- und Ausführungsrechtsakte oder verbindliche Auslegungsregeln zur Verordnung sind nicht nur unnötig, sondern sogar unzulässig.
Anpassungsbedarf
Der gesetzliche Anpassungsbedarf in den Mitgliedsstaaten orientiert sich damit an den seitens der Europäischen Union geschaffenen Handlungsoptionen („die Mitgliedstaaten können ... regeln”) sowie den Mitgliedsstaaten erteilten Handlungsaufträgen („die Mitgliedstaaten legen fest, ...”). Zudem dürfen die Mitgliedsstaaten Regelungen zu solchen Inhalten treffen, die von europäischer Seite gar nicht reguliert wurden. So konnte Deutschland etwa für die Betreiber von Medizinprodukten weiterhin Regelungen im MPDG und in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) aufnehmen, da das Betreiben von Medizinprodukten nicht Regelungsinhalt der MDR ist.
Komplexe Lektüre
Im Ergebnis bedeutet dies, dass das MPDG kein in sich selbst erklärendes Gesetz ist, vielmehr die MDR zum Verständnis stets herangezogen werden muss. Aufgrund des Umsetzungsverbots darf das MPDG etwa auch keine Regelungen der MDR wiederholen, sondern nur auf die entsprechenden Passagen der europäischen Verordnung verweisen. Dies macht die Gesetzeslektüre mitunter sehr komplex und verlangt dem Gesetzesunterworfenen viel „Blätter- und Lesearbeit” ab.
In-vitro-Diagnostika
Obgleich die MDR bereits einen umfassenden Regelungskatalog von 123 Artikeln beinhaltet, schafft das MPDG zusätzlich 99 Paragraphen, die ergänzend zur MDR heranzuziehen sind. Beachtenswert ist dabei, dass der europäische Gesetzgeber zwar zwei Verordnungen für Medizinprodukte einerseits (2017/745) und In-vitro-Diagnostika andererseits (IVDR, 2017/746) geschaffen hat, der nationale Gesetzgeber ab dem Geltungsbeginn der IVDR am 26. Mai 2022 beide Arten von Medizinprodukten in einem Gesetzestext − nämlich dem MPDG − reguliert hat, so wie es bereits im weitgehend aufgehobenen Medizinproduktegesetz (MPG) der Fall war. Die Weitergeltung des MPG ist auf wenige Ausnahmen beschränkt, z. B. für klinische Prüfungen, die nach bisherigem Recht eingeleitet bzw. begonnen wurden.
Verordnungslandschaft
Auch die Verordnungslandschaft auf nationaler Ebene wurde entsprechend geändert: durch die Medizinprodukte-EU-Anpassungs-Verordnung (MPEUAnpV) wurden bestehende nationale Verordnungen angepasst und neue nationale Verordnungen eingeführt:
Die Medizinprodukteverordnung (MPV), die die Regeln für die Konformitätsbewertung enthielt, wurde vollständig aufgehoben.
Die Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV) wurde vollständig aufgehoben und durch die Regelungen der MDR sowie die Vigilanzbestimmungen des MPDG ersetzt.
Seit dem 26.05.2021 gilt die Medizinprodukte-Anwendermelde- und Informationsverordnung (MPAMIV), nach der mutmaßliche Vorkommnisse bei Patienten zu melden sind.
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) gilt für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika weiterhin, allerdings wurden bisherige Verweise auf die Richtlinien und das MPG durch aktuelle Verweise auf die MDR bzw. das MPDG ersetzt.
Die Verordnung über klinische Prüfungen von Medizinprodukten (MPKPV) wurde ebenfalls aufgehoben, stattdessen gelten die Regelungen der MDR und des MPDG. Für klinische Prüfungen, die gemäß den Übergangsbestimmungen in § 99 MPDG vor dem Geltungsbeginn der MDR bzw. IVDR begonnen oder eingeleitet worden waren, gilt die MPKPV weiterhin.
Die Medizinprodukte-Abgaben-Verordnung (MPAV) gilt weiterhin mit MDR- bzw. IVDR- bedingten Änderungen.
Die Verordnung über das datenbankgestützte Informationssystem über Medizinprodukte des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI-Verordnung – DIMDIV) wurde bereits zum 26.05.2020 aufgehoben. Seitdem gelten diesbezüglich die Regelungen des MPDG.
Die Medizinprodukte-Gebührenverordnung (MPGebV) wurde ebenfalls aufgehoben.
Seit Oktober 2021 gilt die Besondere Gebührenverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit für die individuell zurechenbaren Leistungen in seinem Zuständigkeitsbereich (Besondere Gebührenverordnung BMG – BMGBGebV). Die Gebühren für Leistungen der Bundesbehörden gemäß MPDG sowie nach MPG (im Rahmen der Übergangsregelungen) finden sich in den Abschnitten 9 und 10 der Anlage der Gebührenverordnung.

1.1 Kapitel 1 MPDG

Ein erster Blick auf die Inhalte und Struktur des MPDG zeigt, dass sich diese zumindest nicht wesentlich vom MPG unterscheiden: der Gesetzgeber hat sich hier am Vorgängergesetz orientiert, sodass sich die beiden Gesetze zumindest in Hinblick auf ihren Aufbau ähneln, wenngleich sich die Anzahl der Paragraphen von 44 auf 99 mehr als verdoppelt. Allein 46 dieser Paragraphen entfallen auf den Bereich der klinischen Prüfungen und sonstigen klinischen Prüfungen.
Anwendungsbereich
Der Anwendungsbereich des MPDG erstreckt sich auf die Produkte im Anwendungsbereich der MDR und der IVDR. Erweitert wird der Anwendungsbereich des MPDG auf das Anwenden, Betreiben und Instandhalten von Produkten, die nicht als Medizinprodukt in den Verkehr gebracht wurden, aber mit der Zweckbestimmung eines Medizinprodukts im Sinne der Anlagen 1 und 2 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung eingesetzt werden, erweitert. Die Vorgaben der Medizinprodukte-Betreiberverordnung sind also weiterhin auch dann zu beachten, wenn ein Produkt zweckentfremdet und nunmehr als Medizinprodukt eingesetzt wird. Diese Produkte unterliegen dann zwar hinsichtlich ihres Inverkehrbringens oder ihrer Inbetriebnahme nicht den Vorgaben der MDR, jedoch den Regularien der Medizinprodukte-Betreiberverordnung.
Begriffsbestimmungen
In § 3 MPDG werden die Begriffsbestimmungen der MDR ergänzt, insoweit als diese Definitionen für die Anwendung des nationalen Rechts notwendig sind. Klargestellt wird dabei zunächst, dass „Produkte” im Sinne des MPDG sowohl Medizinprodukte und deren Zubehör sind als auch In-vitro-Diagnostika. Zum anderen werden auch die Produkte von Anhang XVI MDR mit einbezogen, also solche ohne medizinische Zweckbestimmung, die qua Gesetz zu Produkten im Regelungsbereich der MDR werden. Darüber hinaus übernimmt das MPDG Begriffe aus dem MPG − so etwa die „Fachkreise” − oder legaldefiniert Begriffe neu − so etwa die „schriftliche Verordnung”, „sonstige klinische Prüfung” sowie einige weitere Begrifflichkeiten aus dem Kontext der klinischen Prüfungen und Leistungsstudien − soweit sie im Rahmen nationaler Regelungen des MPDG verwendet werden.

1.2 Kapitel 2 MPDG

Kapitel 2 des MPDG bezieht sich auf Regelungen in Hinblick auf „Anzeigepflichten, Inverkehrbringen und Inbetriebnahme von Produkten sowie deren Bereitstellung auf dem Markt, sonstige Bestimmungen”. Insoweit handelt es sich nicht um ein inhaltlich einheitlich auf einen bestimmten Regelungsbereich bezogenes Kapitel, sondern vielmehr um eine Sammlung von Themen, derer sich der nationale Gesetzgeber annehmen musste bzw. wollte.

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