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02027 Artikel 27 MDR: System zur eindeutigen Produktidentifikation

Artikel 27 der Verordnung (EU) 2017/745 legt die Vorgaben für ein System zur eindeutigen Produktidentifikation („UDI-System”) fest, mit dem eine verlässliche Identifizierung und effiziente Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten auf europäischer Ebene sichergestellt werden soll. Dieses Ziel möchte der europäische Gesetzgeber durch die Verwendung von standardisierten und elektronisch auslesbaren Identifikationsmerkmalen auf dem Produkt und die digitale Verfügbarkeit von bestimmten Produktinformationen erreichen.
Ein wichtiges Element ist dabei die UDI-Datenbank, in der durch den Hersteller Angaben zur Identifizierung eines Produkts zu hinterlegen sind. Da über das UDI-System Informationen besser gelenkt werden können, leichter verfügbar sind und sicherheitsbezogene Prozesse so effizienter ablaufen können, soll es einen wichtigen Beitrag zur Anwender- und Patientensicherheit von Medizinprodukten im europäischen Markt leisten.
Arbeitshilfen:
von:
Artikel 27
System zur eindeutigen Produktidentifikation
(1) Das in Anhang VI Teil C beschriebene System zur eindeutigen Produktidentifikation (im Folgenden „UDI-System” – Unique Device Identification system) ermöglicht die Identifizierung und erleichtert die Rückverfolgung von Produkten, bei denen es sich nicht um Sonderanfertigungen und Prüfprodukte handelt; es besteht aus
a)
der Erstellung einer UDI, die Folgendes umfasst:
i)
eine dem Hersteller und dem Produkt eigene UDI-Produktkennung („UDI-DI” – UDI Device Identifier), die den Zugriff auf die in Anhang VI Teil B aufgeführten Informationen ermöglicht;
ii)
eine UDI-Herstellungskennung (UDI-PI – UDI Production Identifier), die die Produktionseinheit des Produkts und gegebenenfalls die abgepackten Produkte gemäß Anhang VI Teil C ausweist;
b)
dem Anbringen der UDI auf der Kennzeichnung des Produkts oder seiner Verpackung,
c)
der Erfassung der UDI durch Wirtschaftsakteure, Gesundheitseinrichtungen und Angehörige der Gesundheitsberufe unter den jeweiligen Bedingungen gemäß den Absätzen 8 und 9 des vorliegenden Artikels,
d)
der Einrichtung eines elektronischen Systems für die einmalige Produktkennung (UDI-Datenbank) gemäß Artikel 28.
(2) Die Kommission benennt im Wege von Durchführungsrechtsakten eine oder mehrere Stellen, damit diese ein System zur Zuteilung von UDI gemäß dieser Verordnung betreiben (im Folgenden „Zuteilungsstellen”). Diese Stelle bzw. Stellen müssen alle folgenden Kriterien erfüllen:
a)
Die Stelle ist eine Organisation mit Rechtspersönlichkeit;
b)
ihr System für die Zuteilung von UDI ist dafür geeignet, ein Produkt gemäß dieser Verordnung über seinen gesamten Vertrieb und seine gesamte Verwendung hinweg zu identifizieren;
c)
ihr System für die Zuteilung von UDI entspricht den einschlägigen internationalen Normen;
d)
die Stelle gibt allen interessierten Nutzern unter vorab festgelegten und transparenten Bedingungen Zugang zu ihrem UDI-Zuteilungssystem;
e)
die Stelle verpflichtet sich,
i)
das UDI-Zuteilungssystem für mindestens zehn Jahre nach ihrer Benennung zu betreiben,
ii)
der Kommission und den Mitgliedstaaten auf Ersuchen Auskunft über ihr UDI-Zuteilungssystem zu erteilen,
iii)
die Kriterien und Bedingungen für die Benennung dauerhaft zu erfüllen.
Bei der Benennung der Zuteilungsstellen ist die Kommission bestrebt sicherzustellen, dass die UDI-Träger gemäß Anhang VI Teil C ungeachtet des von der Zuteilungsstelle verwendeten Systems universell lesbar sind, um die finanzielle Belastung und den Verwaltungsaufwand für die Wirtschaftsakteure und die Gesundheitseinrichtungen möglichst gering zu halten.
(3) Bevor ein Hersteller ein Produkt, ausgenommen Sonderanfertigungen, in Verkehr bringt, teilt er diesem und gegebenenfalls allen höheren Verpackungsebenen eine UDI zu, die im Einklang mit den Vorschriften der von der Kommission gemäß Absatz 2 benannten Zuteilungsstelle generiert wurde.
Bevor ein Produkt, bei dem es sich nicht um eine Sonderanfertigung oder ein Prüfprodukt handelt, in Verkehr gebracht wird, muss der Hersteller sicherstellen, dass die in Anhang VI Teil B genannten Informationen zu dem betreffenden Produkt in korrekter Form an die in Artikel 28 genannte UDI-Datenbank weitergeleitet und übertragen werden.
(4) Die UDI-Träger werden auf der Kennzeichnung des Produkts und auf allen höheren Verpackungsebenen angebracht. Versandcontainer gelten nicht als höhere Verpackungsebene.
(5) Die UDI wird für die Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und von Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld gemäß Artikel 87 verwendet.
(6) Die Basis-UDI-DI gemäß der Definition in Anhang VI Teil C erscheint in der EU-Konformitätserklärung gemäß Artikel 19.
(7) Der Hersteller führt eine auf dem neuesten Stand zu haltende Liste aller von ihm vergebenen UDI als Teil der technischen Dokumentation gemäß Anhang II.
(8) Die Wirtschaftsakteure erfassen und speichern, vorzugsweise elektronisch, die UDI der Produkte, die sie abgegeben oder bezogen haben, sofern diese Produkte zu Folgendem gehören:
den implantierbaren Produkten der Klasse III;
den Produkten, Produktkategorien oder Produktgruppen, die von einer der in Absatz 11Buchstabe a genannten Maßnahmen erfasst werden.
(9) Die Gesundheitseinrichtungen erfassen und speichern, vorzugsweise elektronisch, die UDI der Produkte, die sie abgegeben oder bezogen haben sofern diese Produkte zu den implantierbaren Produkten der Klasse III gehören.
Bei Produkten, die keine implantierbaren Produkte der Klasse III sind, wirken die Mitgliedstaaten darauf hin und können vorschreiben, dass die Gesundheitseinrichtungen die UDI der Produkte, die sie bezogen haben, vorzugsweise elektronisch erfassen und speichern.
Die Mitgliedstaaten wirken darauf hin und können vorschreiben, dass die Angehörigen der Gesundheitsberufe die UDI der Produkte, die sie bezogen haben, vorzugsweise elektronisch erfassen und speichern.
(10) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 115 delegierte Rechtsakte zu erlassen, mit denen
a)
die in Anhang VI Teil B festgelegte Informationsliste zur Einbeziehung des technischen Fortschritts geändert wird und
b)
Anhang VI vor dem Hintergrund der internationalen Entwicklungen und des technischen Fortschritts auf dem Gebiet der einmaligen Produktkennung geändert wird.
(11) Die Kommission kann im Wege von Durchführungsrechtsakten die detaillierten Vorkehrungen und Verfahrensaspekte für das UDI-System, die für seine harmonisierte Anwendung erforderlich sind, in Bezug auf Folgendes festlegen:
a)
die Festlegung der Produkte, Produktkategorien oder Produktgruppen, für die die Verpflichtung gemäß Absatz 8 Anwendung findet;
b)
die genaue Angabe der Daten, die aus der UDI-PI für bestimmte Produkte oder Produktgruppen ersichtlich sein müssen.
Die in UnterAbsatz 1 genannten Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 114 Absatz 3 genannten Prüfverfahren erlassen.
(12) Beim Erlass der in Absatz 11 genannten Bestimmungen achtet die Kommission auf alle folgenden Aspekte:
a)
die Vertraulichkeit und den Datenschutz gemäß den Artikeln 109 bzw. 110,
b)
einen risikobasierten Ansatz,
c)
die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen,
d)
die Konvergenz mit auf internationaler Ebene entwickelten UDI-Systemen,
e)
die Notwendigkeit, Doppelungen im UDI-System zu vermeiden,
f)
die Erfordernisse der Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten und – soweit möglich – die Kompatibilität mit anderen Identifizierungssystemen für Medizinprodukte, die von den Akteuren genutzt werden.
Konsolidierte MDR-Version vom 24.04.2020

1 Einführung

Mit der Aufnahme des UDI-Systems (Unique Device Identification System) in die europäische Medizinproduktegesetzgebung beabsichtigt die Europäische Union, die Anwender- und Patientensicherheit im Bereich der Identifizierung und Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten deutlich zu verbessern.
So hebt Erwägungsgrund 41 der MDR die Effizienzsteigerung sicherheitsbezogener Prozesse durch das UDI-System hervor:
„(41) Die Rückverfolgbarkeit von Produkten anhand eines Systems der einmaligen Produktkennung [...], sollte die Effektivität sicherheitsrelevanter Aktivitäten für Produkte nach dem Inverkehrbringen deutlich verbessern, was auf eine bessere Berichterstattung bei Vorkommnissen, gezielte Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld und eine bessere Überwachung durch die zuständigen Behörden zurückzuführen ist.” [Hervorhebung d. Autors]
In den Erwägungsgründen der MDR werden darüber hinaus bereits die grundlegenden Anforderungen an ein solches System skizziert.
Anforderungen
So sollte das UDI-System
für alle in Verkehr gebrachten Produkte, ausschließlich Sonderanfertigungen, gelten,
auf international anerkannten Grundsätzen basieren,
die Leitlinien des Internationalen Forums der Aufsichtsbehörden für Medizinprodukte (IMDRF = International Medical Devices Regulators Forum) berücksichtigen,
auf international anerkannten Begriffsbestimmungen basieren und
mit anderen, im Gesundheitswesen bereits vorhandenen Authentifizierungssystemen vereinbar sein.
Die Erfüllung dieser grundlegenden Anforderungen durch gesetzliche Regelungen ist der Gegenstand von Artikel 27 MDR.
Vorteile
Die Vorteile des UDI-Systems für Anwender und Patienten, sicherheitsbezogene Prozesse durch eine standardisierte Produktidentifizierung, leicht verfügbare und valide Informationen sowie die Einbeziehung digitalisierter Prozesse effizienter und robuster gestalten zu können, liegen auf der Hand. Gleichzeitig schließt der europäische Gesetzgeber mit der Einführung einer öffentlichen Datenbank für die Registrierung von Produkten und digital-kompatibler Kennzeichnungs- bzw. Identifizierungstechnik (Datamatrix, RFID etc.) zum Stand der Technik auf. Die Europäische Union folgt dabei dem globalen Trend zur Einführung dieser Techniken im Umfeld regulierter Produkte und den dazugehörigen regulatorischen Prozessen. Durch die Anwendung international harmonisierter Standards und einer hohen technischen Interoperabilität weisen diese Techniken auch jenseits regulatorischer Prozesse einen großen Mehrwert für ein Unternehmen auf.
Die Europäische Union hat sich daher bei ihrer Auslegung des UDI-Systems an den Ausarbeitungen der IMDRF zum Thema UDI orientiert. Bei der Umsetzung ist sie in einigen wichtigen Details jedoch abgewichen − ein prominentes Beispiel dafür ist die Basis-UDI-DI, mit der Produktfamilien eine eindeutige Kennung zugeteilt wird und die in dieser Form derzeit nur in der Europäischen Union Anwendung findet.

1.1 Wesentliche Komponenten

Die zentrale Bedeutung des UDI-Systems in der MDR lässt sich gut daran bemessen, dass jeder Wirtschaftsakteur mehr oder weniger von Anforderungen aus dem UDI-System betroffen ist.
So obliegt dem Hersteller beispielsweise die ordnungsgemäße Zuteilung und Kennzeichnung seiner Produkte mit UDI-Merkmalen sowie ihre Registrierung in der UDI-Datenbank (Artikel 27 Absatz 3 und Absatz 4 MDR).
Der Bevollmächtigte hat dementsprechend „seinen” Drittland-Hersteller im Hinblick auf die Erfüllung der europäischen UDI-Registrierungsanforderungen zu überprüfen (Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe c MDR).
Händler und Importeure hingegen haben auf Produktebene zu verifizieren, dass die UDI-Anforderungen an die von ihnen gehandelten Produkte seitens des Herstellers erfüllt sind. Händler und Importeure sind ferner dazu verpflichtet, die UDI-Informationen bestimmter Produkte zu erfassen und zu speichern (Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe d MDR, Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe d MDR und Artikel 27 Absatz 8 MDR).
Über die Wirtschaftsakteure hinaus können Gesundheitseinrichtungen und Angehörige der Gesundheitsberufe ebenfalls eine Erfassungs- und Speicherverpflichtung bei der Abgabe und/oder dem Bezug bestimmter Produkte haben. Die Anforderungen sollen sich dabei zu einer vollständigen Rückverfolgbarkeit (Ende-zu-Ende) in der Lieferkette ergänzen.

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