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02016 Artikel 16 MDR: Fälle, in denen die Pflichten des Herstellers auch für Importeure, Händler oder andere Personen gelten

Artikel 16 betrifft Fälle, in denen Händler, Importeure oder andere Personen Tätigkeiten ausführen, die dazu führen, dass sie entweder selbst zu Herstellern werden oder für bestimmte Tätigkeiten als Händler oder Importeur besondere Pflichten zu erfüllen haben, die deutlich über ihre allgemeinen Pflichten hinausgehen. Der Hintergrund dieser Regelung ist, dass bestimmte Änderungen unter Umständen so weit gehen, dass durch sie ein neues Produkt entsteht, für dessen Konformität derjenige verantwortlich sein soll, der diese Veränderungen herbeigeführt hat.
Das in den Erwägungsgründen genannte Ziel, nämlich im Hinblick auf die Frage, wann ein Händler, Importeur oder andere Personen als Hersteller gelten, Rechtssicherheit zu schaffen, misslingt jedoch. So ist die neu geschaffene Regelung sowohl in rechtlicher Sicht als auch in der Praxis mehr als komplex. Verschärft wird die Komplexität durch Ausführungen in mehreren MDCG-Dokumenten, die verschiedene Aspekte aufgreifen.
von:
Artikel 16 MDR
(1)
Ein Händler, Importeur oder eine sonstige natürliche oder juristische Person hat die Pflichten des Herstellers bei Ausführung folgender Tätigkeiten:
a)
Bereitstellung eines Produkts auf dem Markt unter dem eigenen Namen, dem eigenen eingetragenen Handelsnamen oder der eigenen eingetragenen Handelsmarke, außer in den Fällen, in denen ein Händler oder Importeur eine Vereinbarung mit einem Hersteller schließt, wonach der Hersteller als solcher auf der Kennzeichnung angegeben wird und für die Einhaltung der nach dieser Verordnung für die Hersteller geltenden Anforderungen verantwortlich ist;
b)
Änderung der Zweckbestimmung eines bereits im Verkehr befindlichen oder in Betrieb genommenen Produkts;
c)
Änderung eines bereits im Verkehr befindlichen oder in Betrieb genommenen Produkts in einer Art und Weise, die Auswirkungen auf die Konformität des Produkts mit den geltenden Anforderungen haben könnte.
Unterabsatz 1 gilt nicht für Personen, die – ohne Hersteller im Sinne von Artikel 2 Nummer 30 zu sein – ein bereits in Verkehr gebrachtes Produkt ohne Änderung seiner Zweckbestimmung für einen bestimmten Patienten montieren oder anpassen.
(2)
Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe c gelten folgende Tätigkeiten nicht als eine Änderung des Produkts, die Auswirkungen auf seine Konformität mit den geltenden Anforderungen haben könnte:
a)
Bereitstellung, einschließlich Übersetzung, der vom Hersteller gemäß Anhang I Abschnitt 23 bereitzustellenden Informationen über ein bereits im Verkehr befindliches Produkt und weiterer Informationen, die für die Vermarktung des Produkts in dem jeweiligen Mitgliedstaat erforderlich sind;
b)
Änderungen der äußeren Verpackung eines bereits im Verkehr befindlichen Produkts, einschließlich Änderung der Packungsgröße, falls das Umpacken erforderlich ist, um das Produkt in dem jeweiligen Mitgliedstaat zu vermarkten, und sofern dies unter Bedingungen geschieht, die gewährleisten, dass der Originalzustand des Produkts dadurch nicht beeinträchtigt werden kann. Bei Produkten, die steril in Verkehr gebracht werden, gilt, dass der Originalzustand des Produkts beeinträchtigt ist, wenn die zur Aufrechterhaltung der Sterilität notwendige Verpackung beim Umpacken geöffnet, beschädigt oder anderweitig beeinträchtig wird.
(3)
Ein Händler oder Importeur, der eine der in Absatz 2 Buchstaben a und b genannten Tätigkeiten durchführt, gibt auf dem Produkt oder, falls dies nicht praktikabel ist, auf der Verpackung oder auf einem dem Produkt beiliegenden Dokument die Tätigkeit an, um die es sich handelt, sowie seinen Namen, seinen eingetragenen Handelsnamen oder seine eingetragene Handelsmarke, seine eingetragene Niederlassung und die Anschrift, unter der er zu erreichen ist, so dass sein tatsächlicher Standort ermittelt werden kann.
Die Händler und die Importeure sorgen dafür, dass sie über ein Qualitätsmanagementsystem verfügen, das Verfahren umfasst, mit denen sichergestellt wird, dass die Übersetzung der Informationen korrekt und auf dem neuesten Stand ist und dass die in Absatz 2 Buchstaben a und b genannten Tätigkeiten mit Mitteln und unter Bedingungen durchgeführt werden, die gewährleisten, dass der Originalzustand des Produkts erhalten bleibt und die Verpackung des umgepackten Produkts nicht fehlerhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich ist. Zu dem Qualitätsmanagementsystem gehören auch Verfahren, mit denen sichergestellt wird, dass der Händler oder Importeur über alle Korrekturmaßnahmen informiert wird, die der Hersteller in Bezug auf das betreffende Produkt als Reaktion auf Sicherheitsprobleme oder zur Herstellung der Konformität mit dieser Verordnung ergreift.
(4)
Mindestens 28 Tage bevor das umgekennzeichnete oder umgepackte Produkt auf dem Markt bereitgestellt wird, unterrichten die Händler oder Importeure, die eine der in Absatz 2 Buchstaben a und b genannten Tätigkeiten durchführen, den Hersteller und die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem sie das Produkt bereitstellen wollen von ihrer Absicht, das umgekennzeichnete oder umgepackte Produkt auf dem Markt bereitzustellen, und stellen dem Hersteller und der zuständigen Behörde auf Verlangen eine Probe oder ein Modell des umgekennzeichneten oder umgepackten Produkts zur Verfügung, einschließlich jeglicher übersetzten Kennzeichnung und jeglicher übersetzten Gebrauchsanweisung. Der Hersteller oder Importeur legt der zuständigen Behörde im selben Zeitraum von 28 Tagen eine Bescheinigung vor, ausgestellt von einer Benannten Stelle, die für die Art der Produkte benannt ist, auf die sich die in Absatz 2 Buchstaben a und b genannten Tätigkeiten erstrecken, in der bescheinigt wird, dass das Qualitätsmanagementsystem des Händlers oder Importeurs den in Absatz 3 festgelegten Anforderungen entspricht.
Konsolidierte MDR-Version vom 08.07.2021

1 Einleitung und Hintergrund zu Artikel 16 MDR

Bereits in den Medizinprodukte-Richtlinien 93/42/EWG und 90/385/EWG war identisch geregelt, welche anderen Akteure die Pflichten von Herstellern zu erfüllen hatten:
Richtlinien
Die dem Hersteller nach dieser Richtlinie obliegenden Verpflichtungen gelten auch für die natürliche oder juristische Person, die ein oder mehrere vorgefertigte Produkte montiert, abpackt, behandelt, aufbereitet und/oder kennzeichnet und/oder für die Festlegung der Zweckbestimmung als Produkt im Hinblick auf das Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist. Dies gilt nicht für Personen, die − ohne Hersteller im Sinne des Unterabsatzes 1 zu sein − bereits in Verkehr gebrachte Produkte für einen namentlich genannten Patienten entsprechend ihrer Zweckbestimmung montieren oder anpassen.” (Artikel 1 Absatz 2 lit. f Unterabsatz 2 RL 93/42/EWG bzw. Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe i) Unterabsatz 2 RL 90/385/EWG).
Eine Ausnahme wurde also für solche handelnden Personen gemacht, die bereits in Verkehr gebrachte Produkte für einen individuell bestimmten Patienten entsprechend der Zweckbestimmung des Produkts montierten oder anpassten. Der nationale Gesetzgeber hatte diese Regelung inhaltsgleich in § 3 Nr. 15 Satz 2 f MPG a. F. übernommen.

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