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02014 Artikel 14 MDR: Allgemeine Pflichten der Händler

Artikel 14 MDR beschreibt erstmals die Pflichten des Händlers als Marktbeteiligten im Medizinproduktesektor. Zwar waren Händler natürlich auch schon vor der MDR in der Kette zwischen Hersteller und Patient involviert. Dennoch gab es bislang keine explizit auf diesen Akteur zugeschnittenen Vorgaben, was in der Vergangenheit immer wieder zu Unsicherheiten im Hinblick auf ihre konkreten Aufgaben und Pflichten führte; die Klärung der oft wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten wurde bislang den Gerichten überlassen.
Obwohl die MDR nun konkrete Anforderungen an Händler formuliert, sind diese in ihren Einzelheiten wiederum mitunter auslegungsbedürftig. Im Ergebnis dürften sich die (gerichtlichen) Auseinandersetzungen somit fortsetzen.
von:
Artikel 14 MDR
(1)
Wenn die Händler ein Produkt auf dem Markt bereitstellen, berücksichtigen sie im Rahmen ihrer Tätigkeiten die geltenden Anforderungen mit der gebührenden Sorgfalt.
(2)
Bevor sie ein Produkt auf dem Markt bereitstellen, überprüfen die Händler, ob alle folgenden Anforderungen erfüllt sind:
a)
Das Produkt trägt die CE-Kennzeichnung, und es wurde eine EU-Konformitätserklärung für das Produkt ausgestellt;
b)
dem Produkt liegen die vom Hersteller gemäß Artikel 10 Absatz 11 bereitgestellten Informationen bei;
c)
bei importierten Produkten hat der Importeur die in Artikel 13 Absatz 3 genannten Anforderungen erfüllt;
d)
gegebenenfalls wurde vom Hersteller eine UDI vergeben.
Zur Erfüllung der Anforderungen nach Unterabsatz 1 Buchstaben a, b und d kann der Händler ein Probenahmeverfahren anwenden, das für die von ihm gelieferten Produkte repräsentativ ist.
Ist ein Händler der Auffassung oder hat er Grund zu der Annahme, dass ein Produkt nicht den Anforderungen dieser Verordnung entspricht, darf er das betreffende Produkt nicht auf dem Markt bereitstellen, bevor die Konformität des Produkts hergestellt ist; in diesem Fall informiert er den Hersteller und gegebenenfalls den Bevollmächtigten des Herstellers und den Importeur. Ist der Händler der Auffassung oder hat er Grund zu der Annahme, dass von dem Produkt eine schwerwiegende Gefahr ausgeht oder dass es sich um ein gefälschtes Produkt handelt, informiert er außerdem die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem er niedergelassen ist.
(3)
Während sich das Produkt in ihrer Verantwortung befindet, sorgen die Händler dafür, dass die Lagerungs- und Transportbedingungen den Vorgaben des Herstellers entsprechen.
(4)
Händler, die der Auffassung sind oder Grund zu der Annahme haben, dass ein von ihnen auf dem Markt bereitgestelltes Produkt nicht dieser Verordnung entspricht, teilen dies unverzüglich dem Hersteller und gegebenenfalls dem bevollmächtigtem Vertreter des Herstellers und dem Importeur mit. Die Händler arbeiten mit dem Hersteller und gegebenenfalls dem Bevollmächtigten des Herstellers und dem Importeur sowie mit den zuständigen Behörden zusammen, um sicherzustellen, dass bei Bedarf die erforderlichen Korrekturmaßnahmen ergriffen werden, um die Konformität des Produkts herzustellen, es vom Markt zu nehmen oder zurückzurufen. Ist der Händler der Auffassung oder hat er Grund zu der Annahme, dass von dem Produkt eine schwerwiegende Gefahr ausgeht, informiert er außerdem unverzüglich die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, in denen er das Produkt bereitgestellt hat, und übermittelt dabei insbesondere genaue Angaben zur Nichtkonformität und zu bereits ergriffenen Korrekturmaßnahmen.
(5)
Händler, denen Beschwerden und Berichte seitens Angehöriger der Gesundheitsberufe, der Patienten oder Anwender über mutmaßliche Vorkommnisse im Zusammenhang mit einem Produkt, das sie bereitgestellt haben, zugehen, leiten diese unverzüglich an den Hersteller und gegebenenfalls den Bevollmächtigten des Herstellers und den Importeur weiter. Sie führen ein Register der Beschwerden, der nichtkonformen Produkte und der Rückrufe und Rücknahmen, und sie halten den Hersteller und gegebenenfalls dessen Bevollmächtigten und den Importeur über diese Überwachungsmaßnahme auf dem Laufenden und stellen ihnen auf deren Ersuchen alle Informationen zur Verfügung.
(6)
Die Händler händigen der zuständigen Behörde auf Ersuchen alle Informationen und Unterlagen aus, die ihnen vorliegen und die für den Nachweis der Konformität eines Produkts erforderlich sind.
Die Verpflichtung des Händlers gemäß Unterabsatz 1 gilt als erfüllt, wenn der Hersteller oder gegebenenfalls der Bevollmächtigte, der für das betreffende Produkt zuständig ist, die entsprechenden Informationen zur Verfügung stellt. Die Händler kooperieren mit den zuständigen Behörden auf deren Ersuchen bei allen Maßnahmen zur Abwendung von Gefahren, die mit Produkten verbunden sind, die sie auf dem Markt bereitgestellt haben. Die Händler stellen einer zuständigen Behörde auf Ersuchen unentgeltliche Proben des Produkts zur Verfügung oder gewähren ihr, sofern dies nicht praktikabel ist, Zugang zu dem Produkt.
Konsolidierte MDR-Version vom 08.07.2021

1 Einleitung und Hintergrund

1.1 Rolle des Händlers unter MP-Richtlinien und MPG

Die Medizinprodukterichtlinien 93/42/EWG und 90/385/EG regelten den Handel und Vertrieb mit Medizinprodukten nur rudimentär. Auch im deutschen Recht waren Händler nur an einigen Stellen implizit angesprochen (z. B. beim Einsatz und bei der Schulung von Medizinprodukteberatern oder bei Pflichten im Zusammenhang mit Funktionskontrolle und Einweisungen im Rahmen der Betreiberverordnung). Allein in der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) [1] normierte der deutsche Gesetzgeber Vorgaben für den Handel. Darüber hinaus war der Handel mit Medizinprodukten bislang aber − insbesondere auf der gesamten europäischen Ebene − weitestgehend unreglementiert und nicht harmonisiert.
Die MDR formuliert die Motivation für die Verpflichtung der Wirtschaftsakteure in Erwägungsgrund 27:
Erwägungsgrund 27
Die allgemeinen Verpflichtungen der verschiedenen Wirtschaftsakteure (...) sollten in den verschiedenen Teilen der vorliegenden Verordnung niedergelegten Verpflichtungen auf Basis des Neuen Rechtsrahmens für die Vermarktung von Produkten klar festgelegt werden, damit die jeweiligen Akteure ihre rechtlichen Verpflichtungen besser verstehen und somit die Regulierungsvorschriften auch besser einhalten können.

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